Jericho-Trompete
Als Jericho-Trompete bzw. Jericho-Gerät wurden Sirenen bezeichnet, die bis Mitte des Zweiten Weltkrieges an den Fahrwerksbeinen der deutschen Sturzkampfflugzeuge des Typs Junkers Ju 87 angebracht waren. Diese Sirenen wurden über kleine Propeller vom Fahrtwind betrieben, sobald die Flugzeuge in den sehr schnellen und steilen Sturzflug übergingen. Sie dienten zur Einschüchterung des Gegners und waren so Teil der psychologischen Kriegsführung. Erfinder der Jericho-Trompete war Ernst Udet.[1]
Der Name dieser Sirenen leitet sich von dem in der Bibel erwähnten Fall Jerichos ab, bei dem der Klang von „Trompeten“ oder „Posaunen“ (hebräisch qeren hayovel, „Widderhorn“, gemeint Schofar) die Stadtmauern zum Einsturz gebracht haben soll (Jos 6,5 ).
Noch heute ist der Irrglaube verbreitet, dass stürzende oder abstürzende Flugzeuge diese typischen Sirenengeräusche erzeugen. Manche Filmszenen, in denen Flugzeuge (ab-)stürzen, werden so akustisch untermalt. Selbst bei Hubschraubern oder langsam trudelnden Maschinen wird darauf zurückgegriffen. Manche Zuschauer von Flugschauen verwechseln das Sirenengeräusch mit den Motorgeräuschen, die im steilen Sturzflug auftreten. Dadurch, dass das Flugzeug im Sturzflug alleine durch die Erdanziehung beschleunigt und nun wesentlich höherer Fahrtwind auftritt, überdreht der Flugzeugmotor recht leicht, was sich dann ähnlich den Geräuschen anhört, die Jericho-Trompeten erzeugen. Jedoch sind die Motorgeräusche wesentlich leiser.
Es gab auch ähnliche Vorrichtungen, die an den Leitwerksflossen der Bomben befestigt wurden und ebenfalls der Verstärkung der psychologischen Wirkung auf die angegriffenen Personen dienten. Dabei handelte es sich jedoch nicht um Sirenen mit Propeller, sondern um wesentlich einfachere Pfeifen, ähnlich einer kurzen Orgelpfeife.
Laut Roman Töppel waren die „Jericho-Trompeten“ jedoch kleine Pfeifen, die an die Leitwerksflügel der Fliegerbomben montiert wurden und ebenfalls demoralisierend wirken sollten, das Geräusch der fallenden Bomben sollte die Menschen in den Luftschutzkellern ängstigen, da sie den Eindruck bekamen, die Bombe falle auf sie und werde gleich einschlagen. Die Geräte an der Ju-87 wurden demnach amtlich lediglich als „Lärmgeräte“ bezeichnet und von den Besatzungen „Sirenen“.[2]
Musik
Im Lied Sky Pilot von Eric Burdon and the Animals aus dem Jahr 1968 wird ein Luftangriff mit einer Stuka-Sirene untermalt. Die Schlussakkorde des Stücks In the Flesh? (1979) von Pink Floyd werden von diesem Geräusch überlagert und leiten über zu Lautäußerungen eines Säuglings.[3] Das Lied Baptism by Fire der schwedischen Black-Metal-Band Marduk wird mit dem Geräusch einer Jericho-Trompete eröffnet.[4]
Einzelnachweise
- Laurenz Demps, Carl-Ludwig Paeschke: Flughafen Tempelhof. Die Geschichte einer Legende. Ullstein, Berlin 1998, ISBN 3-550-06973-1, S. 49.
- Roman Töppel: Kursk 1943. Die größte Schlacht des Zweiten Weltkriegs. Paderborn 2017, S. 208.
- In The Flesh? - Pink Floyd bei Youtube
- Marduk - Baptism By Fire. Abgerufen am 5. November 2021 (deutsch).