Javier Marías

Javier Marías Franco [xaˈβjeɾ maˈɾi.as] (* 20. September 1951 i​n Madrid) i​st ein spanischer Schriftsteller, Kolumnist u​nd Übersetzer.

Javier Marías (2008)

Leben

Javier Marías Franco w​urde als viertes v​on fünf Kindern i​n Madrid geboren. Seine Mutter w​ar die Lehrerin Dolores Franco Manera, s​ein Vater d​er Philosoph Julián Marías Aguilera. Der Vater bekannte s​ich zu republikanischer Politik u​nd wurde deshalb v​om Franco-Regime verfolgt, zeitweilig inhaftiert u​nd mit e​inem Berufsverbot belegt.

Javier Marías wuchs zeitweise in den USA auf. Sein Vater lehrte an verschiedenen Universitäten, darunter Yale und das Wellesley College. Die Familie lebte dort zeitweilig im Haus des spanischen Schriftstellers Jorge Guillén, wo sie auch Bekanntschaft mit dem Schriftsteller und Schmetterlingsforscher Vladimir Nabokov machte, der ebenfalls dort zu Gast war. 1959 kehrten die Eltern nach Madrid zurück. Javier Marías besuchte in der Folgezeit die liberale Schule Colegio Estudio. 1968 bis 1973 studierte Marías Literaturwissenschaft und Philosophie an der Universität Complutense Madrid. Während seines Studiums gehörte der Autor der kommunistischen Gruppierung Komitee der Revolutionären Aktion an, distanzierte sich aber später von ihr und betonte seine politische Unabhängigkeit. Später engagierte er sich im Parlamento Internacional de Escritores für in Not geratene Intellektuelle und Schriftstellerkollegen, beispielsweise während der Balkankriege und des Tschetschenienkriegs.

Sein erstes Geld verdiente er mit Übersetzungen und Kurzauftritten in Filmen seines Onkels, des Regisseurs Jesús Franco. Ab 1974 lebte er in Barcelona und arbeitete für das Verlagshaus Alfaguara. 1978 zog er wieder nach Madrid. Er schrieb an eigenen Romanen und Erzählungen, übersetzte, vor allem aus dem Englischen, und veröffentlichte Artikel in Zeitungen und Zeitschriften. Für die Übersetzung des Tristram Shandy von Laurence Sterne erhielt er 1979 den Preis Premio Nacional de Traducción.

1983 ging Marías nach Oxford, wo er Unterricht in spanischer Literatur und Übersetzung erteilte. Im Jahr darauf unterrichtete er wie sein Vater am Wellesley College in Boston. Ab 1986 lebte und arbeitete er in Venedig. Seit 1987 lebt er wieder in Madrid und unterrichtet an der Universität Complutense Madrid.

Marías i​st Anhänger d​es Fußballvereins Real Madrid u​nd „König“ d​er unbewohnten Karibikinsel Redonda.

Werke

Mit e​lf Jahren begann Marías Geschichten z​u schreiben. Im Alter v​on 15 Jahren stellte e​r seinen ersten Roman La víspera fertig, d​er nie veröffentlicht wurde.

1968 druckte die Zeitung El Noticiero Universal seine erste Kurzgeschichte La vida y la muerte de Marcelino Iturriago. Im Sommer 1969 schrieb er in Paris seinen zweiten Roman Los dominios del lobo, der 1971 veröffentlicht wurde. Im nächsten Jahr lernte er den Schriftsteller Juan Benet kennen und schloss sich dessen Autorenkreis an. Mit dem Roman El hombre sentimental (1986 Der Gefühlsmensch) gewann er im Erscheinungsjahr des Werks den Preis Premio Herralde de Novela. Der 1992 erschienene Roman Corazón tan blanco (Mein Herz so weiß) wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt (deutsch 1996) und zu einem Welterfolg. In Deutschland erfuhr der Roman die Anerkennung von Marcel Reich-Ranicki in dessen Fernsehsendung Das Literarische Quartett. Sowohl für Mein Herz so weiß als auch für seinen nächsten Roman Mañana en la batalla piensa en mí (1994, Morgen in der Schlacht denk an mich) wurden ihm zahlreiche Preise zugesprochen. 1997 wurde Marías der Nelly-Sachs-Preis für sein Gesamtwerk verliehen.

Bis 2012 hatten s​eine Werke e​ine weltweite Gesamtauflage v​on über s​echs Millionen verkaufter Exemplare erreicht.[1] Sie wurden i​n 34 Sprachen übersetzt u​nd in über 50 Ländern veröffentlicht.[2]

Romane
  • 1971: Los dominios de lobo
  • 1973: Travesía del horizonte, dt. als Die Reise über den Horizont. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-608-93239-9.
  • 1978: El monarca del tiempo
  • 1983: El siglo
  • 1986: El hombre sentimental, dt. als Der Gefühlsmensch. Piper Verlag, München 1992, ISBN 3-492-03388-1.
  • 1989: Todas las almas, dt. als Alle Seelen oder Die Irren von Oxford bzw. Alle Seelen. Piper Verlag, München 1991, ISBN 3-492-03388-1.
  • 1992: Corazón tan blanco, dt. als Mein Herz so weiß. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3-608-93386-7. (Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste vom 26. August bis zum 1. September 1996)
  • 1994: Mañana en la batalla piensa en mí, dt. als Morgen in der Schlacht denk an mich. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-608-93688-2.
  • 1998: Negra espalda del tiempo, dt. als Schwarzer Rücken der Zeit. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-608-93508-8.
  • 2002–2007: Tu rostro mañana, dt. als Dein Gesicht morgen. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2004/09 (3 Bände).
    • 2002: Fiebre y lanza, dt. als Fieber und Lanze. 2004, ISBN 3-608-93636-X.
    • 2004: Baile y sueño, dt. als Tanz und Traum. 2006, ISBN 3-608-93715-3.
    • 2007: Veneno y sombra y adiós, dt. als Gift und Schatten und Abschied. 2009, ISBN 3-608-93716-1.
  • 2011: Los enamoramientos. Alfaguara, Madrid, ISBN 978-84-204-0713-5, dt. als Die sterblich Verliebten, S. Fischer Verlag, Frankfurt 2012, ISBN 978-3-10-047831-3.
  • 2014: Así empieza lo malo. Alfaguara, Madrid, ISBN 978-84-204-1627-4, dt. als So fängt das Schlimme an, S. Fischer Verlag, Frankfurt 2015, ISBN 978-3-10-002429-9.
  • 2017: Berta Isla. Alfaguara, Madrid, ISBN 978-84-204-2736-2, dt. als Berta Isla, S. Fischer Verlag, Frankfurt 2019, ISBN 978-3-10-397396-9
  • 2021: Tomás Nevinson. Alfaguara, Madrid, ISBN 978-84-204-5459-7, deutsch noch offen
Erzählungen
  • 1990: Mientras ellas duermen, dt. als Während die Frauen schlafen. Wagenbach, Berlin 1999, ISBN 3-8031-1183-8 (falsche ISBNs).
  • 1996: Cuando fui mortal, dt. als Als ich sterblich war. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-93319-0.
  • 1998: Mala índole
  • 2000: Alle unsere frühen Schlachten. Fußball-Stücke. (Hrsg. von Paul Ingendaay). Klett-Cotta, Stuttgart 2000, ISBN 3-608-93554-1
  • 2016: Keine Liebe mehr. Akzeptierte und akzeptable Erzählungen. S. Fischer, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-10-002444-2.
Künstlerporträts
  • 1992: Vidas escritas (erweitert 2000), dt. als Geschriebenes Leben. (Ironische Halbporträts) Klett-Cotta, Stuttgart 2001, ISBN 3-608-93555-X.
Essays
  • 1991: Pasiones pasadas
  • 1993: Literatura y fantasma (erweitert 2001)
  • 1995: Vida del fantasma (erweitert 2001), dt. als Das Leben der Gespenster. Wagenbach, Berlin 2001, ISBN 3-8031-1195-1.
  • 2000: Salvajes y sentimentales (erweitert 2010)
  • 2005: Donde todo ha sucecido.
  • 2008: Aquella mitad de mi tiempo: al mirar atrás.
  • 2010: Los villanos de la nación. Letras de política y sociedad.
Aufzeichnungen
  • 2016: El Quijote de Wellesley. Alfaguara, Madrid 2016.[3]
Kinderbücher

2011: Ven a buscarme.

Auszeichnungen

Literatur

  • Karen Berg: Javier Marías's postmodern praxis. Humor and interplay between reality and fiction in his novels and essays. VDM-Verlag, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-3853-7.
  • Isabel Cuñado: el espectro de la herencia. La narrativa de Javier Marías. Rodopi, Amsterdam 2004, ISBN 90-420-1612-4.
  • Kristin Freitag: Das Doppelgängermotiv in der Literatur am Beispiel von Javier Marías Erzählung „Gualta“. GRIN-Verlag, München 2009, ISBN 978-3-640-27751-3.
  • Alexis Grohmann: Coming into one's town. The novelistic development of Javier Marías. Rodopi, Amsterdam 2002, ISBN 90-420-1023-1.
  • Cora Heinrich: Die Konstruktion von Identität in den Romanen von Javier Marías. Kovac Verlag, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-4013-2 (zugl. Dissertation, Universität Trier 2008).
  • Elide Pittarello: Una entrevista con Javier Marías. Debolsillo, Barcelona 2006, ISBN 978-84-341-3590-1 (Interview).
Commons: Javier Marías – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Javier Marías: Llevo años esquivando a las instituciones del Estado, elcultural.es
  2. Betrayal of a blood brother, guardian.co.uk
  3. Der Ritter lebt fort in: FAZ vom 23. Februar 2017, S. 10
  4. Tagesspiegel vom 26. Oktober 2012, abgerufen am 16. August 2021
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.