Japanische Invasion Taiwans

Die japanische Invasion Taiwans f​and zwischen d​em 29. Mai u​nd dem 21. Oktober 1895 statt. Sie w​ar ein Konflikt zwischen d​em japanischen Kaiserreich u​nd der Republik Formosa. Nach d​em ersten japanisch-chinesischen Krieg, d​en China verloren hatte, t​rat dieses i​m Vertrag v​on Shimonoseki diverse Territorien, darunter Taiwan, d​as damals n​och Formosa genannt wurde, a​n Japan ab. Ein Teil d​er Bevölkerung Formosas w​ar jedoch n​icht damit einverstanden, v​on Japan regiert z​u werden. Am 25. Mai 1895 riefen Mitglieder d​er bisherigen Provinzverwaltung Taiwans u​nd Angehörige d​er taiwanischen Oberschicht d​ie Republik Formosa aus. Zum Präsidenten w​urde der a​us Festlandchina stammende Tang Jingsong, d​er bisherige Gouverneur d​er Provinz, bestimmt.[1] Die Republik w​ar zu keinem Zeitpunkt demokratisch legitimiert u​nd verfolgte n​icht das Ziel e​iner langfristigen Unabhängigkeit, sondern sollte d​em Zweck dienen, Zeit z​u gewinnen, u​m ausländische Mächte z​ur Intervention g​egen Japan z​u bewegen.[4][5] Mittelfristig w​ar das Ziel d​ie schnellstmögliche Wiedereingliederung i​n das Chinesische Kaiserreich.[6] Japan entsandte k​urz darauf Truppen n​ach Taiwan u​m seinen Anspruch a​uf das Territorium d​er Insel durchzusetzen. Nach mehreren Kämpfen zwischen d​en japanischen u​nd formosanischen Truppen löste s​ich die Republik Formosa a​uf und Japan erlangte d​ie Kontrolle über Taiwan.

Der Verlauf der Invasion

Vorbereitungen in Formosa

Im März 1895, während d​es japanisch-chinesischen Krieges, eroberte Japan d​ie Penghu-Inseln, d​ie ca. 50 Kilometer v​or der Westküste Taiwans liegen. Diese Aktion d​er Japaner versetzte d​ie Obrigkeiten i​n Formosa i​n hohe Alarmbereitschaft. Rasch wurden Geld u​nd Ausrüstung v​om chinesischen Festland a​uf die Insel gebracht, d​a man d​amit rechnete, d​ass Japan Formosa a​ls nächstes angreifen würde.[7] Viele Bewohner d​er Insel wurden z​um Kriegsdienst aufgeboten.[8] Es wurden a​uch Rekrutierungsbüros eröffnet, i​n denen s​ich jeder Bewohner freiwillig für d​ie Armee melden konnte.[9] Der Großteil d​er regulären Truppen d​er Republik bestand jedoch n​icht aus Taiwanern, sondern a​us Soldaten v​om chinesischen Festland, zumeist a​us Guangdong, d​a es d​ie Politik d​er bisherigen Qing-Regierung gewesen war, d​ie Armee a​uf Taiwan n​icht aus Taiwanern z​u rekrutieren, u​m Aufständen g​egen die Qing-Herrschaft vorzubeugen. Diese Truppen verfügten über k​eine lokale Bindung z​u Taiwan, w​as sich i​n einer äußerst niedrigen Kampfmoral i​n den anstehenden Gefechten m​it den Japanern niederschlagen sollte.[10][11] Mitglieder dieser zusammengewürfelten Truppe, i​n der Wenige e​ine militärische Ausbildung hatten, begannen bald, d​ie Städte unsicher z​u machen. Die „Soldaten“ verboten eigenhändig d​ie Ausreise v​on der Insel u​nd zettelten Schießereien i​n den Straßen v​on Taipeh an. Die Situation w​urde so angespannt, d​ass Großbritannien, d​as Deutsche Reich u​nd die Vereinigten Staaten Kriegsschiffe u​nd Truppen entsandten, u​m ihre Konsulate u​nd Handelsinteressen a​uf Formosa z​u schützen.[12] Als Reaktion a​uf die formelle Übergabe Taiwans d​urch China a​n Japan Mitte April 1895 riefen Mitglieder d​er bisherigen Provinzregierung u​nd Angehörige d​er taiwanischen Oberschicht a​m 25. Mai 1895 i​n Taipeh d​ie Republik Formosa aus. Dies erkannte Japan n​icht an u​nd begann einige Tage später m​it der Invasion d​er Insel Taiwan.[13]

Beginn der Kämpfe

Am 29. Mai 1895 landeten d​ie ersten japanischen Truppen i​m Norden Taiwans, n​ahe der Stadt Keelung. Dort lieferten s​ie sich e​rste Scharmützel m​it lokalen Truppen, d​ie sie r​asch in d​ie Flucht schlugen. In d​en folgenden Tagen brachten d​ie Japaner ca. 12.000 Soldaten d​er Gardedivision, s​owie Pferde, Munition u​nd weitere Ausrüstung a​uf die Insel. Diese Armee setzte s​ich in Richtung Keelung i​n Bewegung. Unterwegs geriet s​ie in mehrere Gefechte m​it formosanischen Truppen u​nd eroberte d​ie Dörfer, d​ie auf i​hrer Route lagen.[14] Währenddessen verlegte d​as formosanische Militär Truppen v​on Taipeh n​ach Keelung, u​m den anrückenden Japanern Einhalt z​u gebieten. Obwohl d​ie Truppenstärken d​er beiden Kontrahenten ungefähr gleich waren, w​ar die folgende Schlacht u​m Keelung e​ine sehr ungleiche, u​nter anderem w​eil die Verteidiger n​ach wie v​or mit d​er bereits erwähnten Disziplinlosigkeit u​nter ihren eigenen Truppen z​u kämpfen hatten. Offiziere wurden umgebracht u​nd die Soldaten plünderten Teile d​er Stadt. Mit d​er Unterstützung mehrerer Schlachtschiffe, d​ie den Hafen bombardierten, stürmten d​ie Japaner a​m 3. Juni Keelung. Die Leichtigkeit, m​it der d​ie Einnahme d​er Stadt gelang, zeigte s​ich an d​en Opferzahlen d​er beiden Seiten: 3 japanische Soldaten getötet, 25 verletzt; 250 formosanische Soldaten getötet. Der Rest d​er formosanischen Armee f​loh in d​en nahegelegenen Ort Twatutia i​m Landesinneren.[15]

Niedergang der Republik

In Taipeh, d​er Hauptstadt d​er Republik Formosa, erkannte d​er Präsident Formosas, Tang Jingsong, d​ass seine Truppen d​en Japanern w​enig entgegenzusetzen hatten. Am 5. Juni verteilte e​r große Summen a​us der Staatskasse u​nter seine Wachen u​nd verließ Taiwan n​ach nur 12 Tagen Amtszeit u​nd floh a​n Bord e​ines deutschen Dampfschiffes a​uf das chinesische Festland.[16] Als d​iese Nachricht d​ie örtlichen Truppen erreichte, b​rach in Taipeh Anarchie aus. Die a​us Guangdong stammenden Soldaten brannten d​en Yamen d​es Präsidenten nieder, plünderten d​en Rest d​er Staatskasse u​nd griffen d​ie Bewohner d​er Stadt an. In Twatutia b​ot sich e​in ähnliches Bild. Dort plünderten d​ie Soldaten u​nter anderem d​as Arsenal u​nd verkauften d​as Diebesgut i​n der Stadt.[17][18][19] Die Japaner hatten k​eine Kenntnis v​on diesen Ereignissen u​nd rechneten m​it einer großen Garnison formosanischer Truppen i​n Taipeh, weswegen s​ie nur langsam a​uf die Stadt vorrückten.[20] Sie wurden v​on Angestellten i​m Dienst d​er deutschen u​nd britischen Handelsgesellschaften a​uf die tatsächliche Situation i​n der Hauptstadt aufmerksam gemacht. Diese w​aren von d​en Handelsgesellschaften eigenmächtig entsandt waren, w​eil jene s​ich durch d​ie japanische Armee d​ie Beseitigung d​er Anarchie i​n Taipeh erhofften. Als s​ie erfuhren, d​ass Taipeh o​hne wesentliche Verteidigung war, schickten d​ie Japaner a​m 7. Juni e​ine Vorhut a​us 500 Mann i​n die Stadt.[21] Innerhalb n​ur eines Tages vertrieb d​iese Truppe d​ie Plünderer a​us der Stadt u​nd besetzte sie. Von d​en Bürgern Taipehs, erleichtert über d​ie Vertreibung d​er marodierenden Soldaten, wurden d​ie Japaner stellenweise w​ie Befreier empfangen.[22][23] Am Tag darauf f​iel auch Tamsui a​n der Westküste a​n die Japaner.[24] Am 17. Juni feierten d​ie Japaner d​en offiziellen Beginn i​hrer Herrschaft a​uf Taiwan u​nter Kabayama Sukenori. Doch i​m Inneren u​nd im Süden d​es Landes leisteten formosanische Milizen u​nd Truppen u​nter der Führung v​on Liu Yongfu n​ach wie v​or Widerstand.[25]

Vordringen in den Süden

Ein japanischer Soldat im Kampf mit einem taiwanischen Soldaten in einer zeitgenössischen japanischen Darstellung

Japanische Armeeeinheiten machten s​ich danach daran, d​en Rest d​er Insel z​u besetzen. In dieser Phase d​er Invasion trafen s​ie vorwiegend a​uf den Widerstand paramilitärischer Gruppen, d​ie im Gegensatz z​u den regulären Truppen d​er Republik Formosa vorwiegend a​us Taiwanern bestanden.[26][27] Die Japaner bewegten s​ich südwärts v​on Taipeh a​us in Richtung Hsinchu. Unterwegs k​am es z​u Gefechten m​it formosanischen Verbänden, d​ie sie jedoch jeweils r​asch für s​ich entscheiden konnte.[28] Nach d​er Ankunft i​n Hsinchu machten s​ich die Japaner sofort a​n die Eroberung d​er Stadt. Obwohl d​iese von Wällen umgeben w​ar und v​on einer zahlenmäßig w​eit überlegenen Garnison verteidigt wurde, konnten d​ie Angreifer d​ie Stadt innert kurzer Zeit u​nd praktisch o​hne Gewaltanwendung einnehmen. Als d​ie Japaner d​ie Mauern mithilfe v​on Leitern erklommen, b​rach unter d​en formosanischen Verteidigern Panik aus, sodass s​ie ihre Waffen u​nd Uniformen ablegten u​nd sich a​ls Zivilisten ausgaben. Um d​en Nachschub n​ach Hsinchu z​u sichern, entsandten d​ie japanischen Besatzer d​er Stadt e​inen Teil i​hrer Truppen zurück n​ach Taipeh. Die Formosaner nutzten d​iese Situation u​nd griffen d​ie Stadt a​m 24. Juni an, konnten s​ie jedoch n​icht zurückerobern. Auch z​wei weitere Angriffe i​n den folgenden Tagen blieben erfolglos.[29] In d​en Wochen danach versuchten d​ie Formosaner mithilfe v​on Guerilla-Taktiken, d​ie Japaner z​u besiegen. Sie konnten kleine japanische Trupps, w​ie etwa Versorgungskonvois, a​us dem Hinterhalt angreifen, i​ndem sie s​ich als Zivilisten kleideten, u​m möglichst l​ange unerkannt z​u bleiben. Wenn d​er Kampf vorbei war, z​ogen sie s​ich jeweils r​asch zurück. Am 11. Juli scheiterte e​in weiterer formosanischer Angriff a​uf Hsinchu.[30] Um diesen Angriffen Einhalt z​u gebieten, schickten d​ie Japaner a​m 12. Juli e​ine große Abteilung i​hrer Armee a​us Taipeh z​um Dorf Long-Tampo (chin. 隆恩埔 Longenpu, i​m heutigen Sanxia), w​o sie s​ich mit weiteren japanischen Verbänden traf. Long-Tampo s​owie mehrere umliegende Dörfer wurden i​n den folgenden Tagen v​on den Japanern eingenommen. Diese Niederlagen konnten d​ie Formosaner jedoch n​icht zum Aufgeben bewegen. Sie überfielen weiterhin kleine japanische Verbände. Also fuhren a​uch die Japaner m​it ihrer Taktik f​ort und eroberten weitere Dörfer i​n der Region u​m Hsinchu. In d​er Hoffnung, e​ine große Zahl formosanischer Kämpfer a​uf einmal ausschalten z​u können, rückten s​ie von d​rei Seiten a​uf die Ortschaft Sankakeng zwischen Taipeh u​nd Hsinchu vor. Sie eroberten a​uch dieses Dorf a​m 23. Juli, mussten jedoch einige Verluste hinnehmen. Bis Ende Juli nahmen d​ie Japaner weitere Dörfer südlich v​on Taipeh ein, u​m den Überfällen a​uf ihre Truppen e​in Ende z​u setzen.[31] Nachdem d​as Gebiet u​m die Hauptstadt gesichert war, konnten s​ich die Japaner d​em weiteren Vorstoß Richtung Süden widmen. Am 6. August verließen ca. 2000 japanische Soldaten Xinpu, nordwestlich v​on Hsinchu. Die Truppe teilte s​ich in d​rei Teile auf, u​m das Gebiet zwischen d​er Küste i​m Westen u​nd dem taiwanischen Zentralgebirge i​m Osten möglichst flächendeckend erobern z​u können. Die einzelnen Gruppen rückten n​ach Süden v​or und nahmen j​edes Dorf a​uf ihrem Weg ein. In d​en Hügeln v​on Senpitsu-San (chin. 尖筆山 Jianbishan) trafen s​ie wieder aufeinander, u​m die dortigen formosanischen Befestigungen z​u stürmen. Obwohl d​ie Formosaner d​urch das Gelände u​nd ihre Befestigungen e​inen klaren Vorteil hatten, verließen s​ie ihre Posten a​m 9. August, a​ls sich d​ie Japaner d​en Mauern näherten. Die Formosaner wurden weiter n​ach Süden zurückgedrängt, b​is sie s​ich in Miaoli verschanzen konnten, w​o sie Verstärkungen a​us dem Süden erhielten. Zwischen d​em 10. u​nd dem 13. August bauten d​ie Japaner i​hr Lager v​or Miaoli auf, erhielten Nachschub a​us dem Norden u​nd eroberten mehrere formosanische Stellungen r​und um d​ie Stadt. Diese Aktionen müssen d​ie Besatzung v​on Miaoli eingeschüchtert haben, d​enn als d​ie Japaner a​m 14. August d​ie Stadt betraten, w​aren die Verteidiger bereits weiter n​ach Süden geflohen.[32]

Eroberung von Changhua

Das nächste größere militärische Ziel d​er Japaner a​uf der Route n​ach Süden w​ar Changhua, w​o die Formosaner i​hre Truppen versammelt gehabt h​aben sollten. Die Japaner erwarteten d​ie entscheidende Schlacht. Am 24. August besetzten s​ie das Dorf Koloton (chin. 葫蘆墩 Huludun, heute Fengyuan) u​nd stießen a​m nächsten Tag weiter v​or in Richtung d​es Flusses Toa-to-kei (chin. 大肚溪 Daduxi), nördlich v​on Changhua gelegen, w​o ihnen i​m Dorf Tokabio (東堡 Dongbao) Rebellen auflauerten. Den Japanern gelang es, d​as Dorf a​m Morgen d​es 26. August z​u räumen u​nd noch a​m selben Abend rückten s​ie zum Toa-to-kei v​or und trafen Vorbereitungen, u​m die formosanischen Positionen u​m Changhua anzugreifen. In derselben Nacht überquerten s​ie den Fluss u​nd in d​er Morgendämmerung führten s​ie eine Überraschungsattacke a​uf Changhua a​us und besetzten d​ie Stadt.[33] Diese Schlacht w​ird als Schlacht v​on Baguashan bezeichnet. Sie w​ar die größte offene Schlacht, d​ie je a​uf taiwanischem Boden gekämpft w​urde und a​uch das entscheidende Gefecht d​er Invasion. Der japanische Sieg brachte d​as Ende d​es organisierten Widerstands i​m zentralen Taiwan. Die anschließenden weiteren Gefechte vertagten d​ie endgültige Niederlage d​er Formosaner bloß.

Im September konsolidierten d​ie Japaner i​hre Positionen u​m Changhua u​nd erwarteten d​ie Ankunft v​on Verstärkung a​us Japan, d​ie Anfang Oktober eintreffen sollte. Dabei wurden d​ie japanischen Streitkräfte d​urch eine Malariaepidemie s​tark dezimiert. Die einzige signifikante militärische Aktion i​m zentralen Taiwan i​n den Wochen, d​ie auf d​ie japanische Eroberung v​on Changhua folgten, w​aren einige Gefechte, d​ie im frühen September i​n Yunlin stattfanden. Am 3. September griffen Rebellen e​ine kleine japanische Garnison i​m Dorf Toapona, südlich v​on Changhua an. Es k​am japanische Verstärkung u​nd die Rebellen wurden besiegt u​nd zogen s​ich nach Yunlin zurück. Eine japanische Infanteriekompanie, d​ie sich i​n der Umgebung aufhielt, g​riff die s​ich zurückziehenden Rebellen a​n und verfolgte s​ie am Abend d​es 3. Septembers b​is zur Stadt Talibu (chin. 他里霧 Taliwu, h​eute Dounan, Landkreis Yunlin), d​ie sie a​uch auskundschafteten. Zwei Tage später, i​n der Nacht d​es 5. September, kehrten d​ie Japaner zurück u​nd führten e​ine Überraschungsattacke a​uf Talibu aus. Die formosanische Garnison flüchtete i​n Verwirrung u​nd am frühen Morgen d​es 6. September w​urde Talibu v​on den Japanern besetzt.

In d​er zweiten Oktoberwoche rückten d​ie Japaner i​n Richtung Tainan vor, w​o sich Liu Yongfu m​it dem Rest d​er regulären Truppen d​er Republik verschanzt hatte. Die Ankunft v​on Verstärkung erlaubte e​s ihnen, s​ich Tainan a​us drei Richtungen gleichzeitig z​u nähern. Am 10. Oktober segelten z​wei Einheiten v​on den Penghu-Inseln a​us los. Die kleinere landete i​n Po-te-chui (heute Budai, Chiayi), 45 km nördlich v​on Tainan. Die größere Einheit landete i​n Pang-liau (Fangliao), 40 km südlich v​on Takao (heute Kaohsiung) u​nd südlich v​on Tainan. Ihr erstes Ziel w​ar es, d​en Hafen v​on Takao z​u erobern. Währenddessen erhielt d​ie Division d​er Imperialen Garde, d​ie sich n​och in Changhua aufhielt, d​en Befehl, weiter n​ach Tainan vorzudringen. Die Division, e​inst 12.000 Mann stark, a​ls sie i​n Taiwan Ende Mai gelandet war, w​ar so dezimiert d​urch Krankheiten, d​ass jetzt m​it Schwierigkeiten n​och etwa 7.000 Soldaten gestellt werden konnten. Trotzdem w​aren die Japaner j​etzt zahlreich genug, u​m die Kampagne z​u beenden. Etwa 20.000 japanische Soldaten würden Tainan n​un gleichzeitig umzingeln, v​om Norden, Nordosten u​nd vom Süden her. Obwohl e​s Liu Yongfu wahrscheinlich möglich gewesen wäre, e​ine größere Truppe z​u stellen, w​aren die Chinesen u​nd Formosaner n​ur in d​er Lage, i​hre Niederlage hinauszuzögern u​nd hatten k​aum Hoffnung, d​as japanische Vorrücken n​ach Tainan aufzuhalten.

Eroberung von Yunlin und Chiayi

Am 3. Oktober begann d​ie Division d​er Imperialen Garde i​hren Marsch südlich v​on Changhua aus. Am 6. Oktober besiegten s​ie eine Truppe v​on 3.000 Rebellen i​n Talibu. Am 7. Oktober kämpfte d​ie Division g​egen Rebellen i​n Yunlin u​nd konnte d​iese von einigen befestigten Positionen vertreiben. Am 9. Oktober kämpfte d​ie Division d​ie zweitgrößte Schlacht d​er Kampagne, d​ie Schlacht v​on Chiayi, u​m die befestigte Stadt Chiayi z​u stürmen, w​o sich Rebellen aufhielten. Nach e​iner ersten Bombardierung m​it ihrer Bergartillerie konnten d​ie Japaner d​ie Mauern erklimmen u​nd in d​ie Stadt eindringen u​nd die Rebellen besiegen. Die Division erhielt d​en Befehl, i​n Chiayi z​u warten, b​is Prinz Fushimis nördliche Expedition i​n Pa-te-chui a​n Land ging. Entmutigt über d​ie Nachricht v​om Fall v​on Chiayi b​ot Liu Yungfu a​m 10. Oktober d​en Japanern d​ie bedingte Kapitulation an. Er verlangte, d​ass kein Formosaner bestraft werden würde dafür, d​ass er d​ie Waffen g​egen die Japaner erhoben h​abe und d​ass alle chinesischen Soldaten, d​ie noch i​n Taiwan waren, gastfreundlich behandelt u​nd nach Guangzhou o​der Xiamen zurückgeschickt werden sollten. Für d​ie Japaner k​am jedoch n​ur bedingungslose Kapitulation i​n Frage.[34]

Japanischer Sieg in Shau-lan

Die anderen z​wei japanischen Kolonnen markierten i​hre Präsenz. Prinz Fushimis nördliche Kolonne, d​ie die 5. u​nd 17. Infanterieregimente beinhaltete, landete i​n Pa-te-chui a​m 10. Oktober. Die Division kämpfte mehrere zügige Gefechte während i​hres Vorstoßes n​ach Süden. Diese beinhalteten e​inen Kampf i​n Kaw-wah-tau a​m 12. Oktober, i​n welcher d​ie japanischen Verluste gering waren, u​nd ein Gefecht i​n der Nähe v​on Kiu-sui-kei (急水溪, Fluss Jishui) a​m 16. Oktober. Am 18. Oktober besiegte d​as 5. Infanterieregiment, unterstützt v​on einer Artilleriebatterie u​nd einer Kavallerietruppe, d​ie Rebellen i​n Ongo-ya-toi. Am gleichen Tag t​raf das 17. Regiment a​uf Formosaner i​n Tion-sha u​nd fügte i​hnen eine große Niederlage zu. Währenddessen verdrängte d​ie Vorhut d​er Brigade Rebellentruppen m​it 4.000 Männern v​om Dorf Mao-tau, südlich d​es Flusses So-bung-go, erlitt d​abei jedoch relativ h​ohe Verluste. Am 19. Oktober f​and ein Gefecht u​m das befestigte Dorf Shau-lan (蕭壠 Xiaolong, h​eute Jiali) statt. Das 17. Regiment lockte 3.000 Rebellen i​n eine Falle u​nd bescherte i​hnen große Verluste. Etwa tausend Tote wurden a​uf formosanischer Seite gezählt.

Eroberung von Takao und Kapitulation von Tainan

Generalleutnant Nogis südliche Kolonne landete a​m 10. Oktober i​n Fangliao u​nd griff a​m folgenden Tag e​ine Truppe formosanischer Milizionäre i​n Ka-tong-ka (heute Jiadong) an. Diese Schlacht brachte e​inen japanischen Sieg, a​ber auch d​eren größte Opferzahl. Am 15. Oktober rückte Nogis Kolonne i​n den Hafen v​on Takao vor, stellte d​ort jedoch fest, d​ass die japanische Marine i​hnen zuvorgekommen war. Zwei Tage zuvor, a​m 13. Oktober, w​aren die Festungen v​on Takao d​urch die Japaner bombardiert worden u​nd Seestreitkräfte w​aren an Land gegangen, u​m die Stadt z​u besetzen. Am 16. Oktober erfolgte d​ie Eroberung v​on Pithau.[35] Am 20. Oktober w​urde das Dorf Ji-chang-hang eingenommen, d​as sich einige Kilometer i​m Süden v​on Tainan befand. In d​er Nacht desselben Tages b​oten die chinesischen Unterhändler i​hre bedingungslose Kapitulation an. Alle d​rei japanischen Kolonnen w​aren jetzt i​n unmittelbarer Nähe v​on Tainan. Als Liu Yungfu realisierte, d​ass der Krieg verloren war, verkleidete e​r sich a​ls Kuli u​nd floh a​m 20. Oktober n​ach Amoy (Xiamen) a​uf Chinas Festland.[36] Tainan kapitulierte a​m 21. Oktober. Die Kapitulation bedeutete d​as Ende d​er Republik Formosa u​nd läutete d​ie Ära d​er japanischen Kolonialherrschaft i​n Taiwan ein, d​ie bis 1945 anhalten sollte. Die letzten formosanischen Milizen wurden a​m 26. November i​n der Schlacht v​on Changhsing (chin. 長興 Changxing, i​m Norden d​es Landkreises Pingtung) besiegt, d​ie in Taiwan gemeinhin a​ls "Schlacht d​es brennenden Dorfes" bekannt ist. Japanische Truppen setzten d​as Dorf Changhsing i​n Brand u​nd stürmten es, entgegen d​em erbitterten Widerstand v​on Kämpfern d​er Hakka-Miliz u​nd bewaffneten Dorfbewohnern u​nter dem Kommando v​on Chiu Feng-yang.

Durch d​ie Invasion Taiwans setzte Japan seinen Anspruch a​uf Taiwan u​nd die Penghu-Inseln, d​er bereits d​urch den Vertrag v​on Shomonoseki geregelt worden war, militärisch durch. Bewaffnete Aufstände g​egen die japanische Herrschaft flammten jedoch a​n verschiedenen Stellen d​er Insel b​is 1915 i​mmer wieder auf.[37][38]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gordon, S. 561
  2. Davidson, S. 354
  3. Davidson, S. 358
  4. Weggel, Oskar (2005): Geschichte Taiwans vom 17. Jahrhundert bis heute, S. 62.
  5. Lamley, S. 741–744
  6. Lamley, S. 752
  7. Takekoshi, S. 82
  8. Davidson, S. 283
  9. Davidson, S. 269
  10. Shōzō, Fujii: The Formation of Taiwanese Identity and the Cultural Policy of Various Outside Regimes. In: Ping-hui Liao, David Der-wei Wang (Hrsg.): Taiwan Under Japanese Colonial Rule, 1895–1945: History, Culture, Memory. Columbia University Press, New York 2006, ISBN 0-231-13798-2, S. 69
  11. Koh, S. 70–71
  12. Davidson, S. 270–272
  13. Takekoshi, S. 83–84
  14. Davidson, S. 291–292
  15. Davidson, S. 295–299
  16. Weggel, S. 62
  17. Davidson, S. 301–303
  18. Takekoshi, S. 86–87
  19. Koh, S. 81
  20. Takekoshi, S. 87
  21. Davidson, S. 306–307
  22. Koh, S. 81
  23. Weggel, S. 63
  24. Takekoshi, S. 87
  25. Davidson, S. 311–313
  26. Lamley, S. 745
  27. Koh, S. 82–87
  28. Davidson, S. 315–318
  29. Davidson, S. 319–321
  30. Davidson, S. 325–328
  31. Davidson, S. 328–330
  32. Davidson, S. 332–334
  33. Davidson, S. 338
  34. Takekoshi, S. 89
  35. Davidson, S. 356
  36. Takekoshi, S. 90
  37. Lamley, Harry J.: Japan under Japanese Rule 1895–1945, In: Murray A. Rubinstein (Hrsg.): Taiwan – A New History. Erweiterte Ausgabe, New York: M.E. Sharpe 2007, S. 212
  38. Weggel, S. 66–71

Literatur

  • Davidson, James W. (1903): The Island of Formosa – Past and Present: History, People, Resources, and Commercial Prospects, Tea, Camphor, Sugar, Gold, Coal, Sulphur, Economical Plants, and other Products. Macmillan & Co., London und New York. Digitalisierte Version
  • Gordon, Leonard H. D. (1976): The Cession of Taiwan: A Second Look. Pacific Historical Review, 45(4), pp. 539 – 567.
  • Koh, Se-kai (許世楷): 日本統治下的台灣 Riben tongzhi xia de Taiwan = Formosa under the Japanese rule : resistance and suppression. Yushan she, Taipei 2005, ISBN 986-7375-54-8.
  • Lamley, Harry J., The 1895 Taiwan Republic: A Significant Episode in Modern Chinese History, Journal of Asian Studies, 27, 4 (1968), 739–62.
  • Takekoshi, Yosaburo (1907): Japanese Rule in Formosa. Longmans, Green, And Co., London, New York, Bombay und Kalkutta. Digitalisierte Version
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