Jan Hillebrand Wijsmuller
Jan Hillebrand Wijsmuller (* 15. Februar 1855 in Amsterdam; † 23. Mai 1925 ebenda) war ein niederländischer Künstler. Er zählt zu den niederländischen Impressionisten des 19. Jahrhunderts und gehörte somit zum 2. Goldenen Zeitalter der Niederländischen Malerei.[1]
Aus kunsthistorischer Sicht ist er der 2. Generation der Haager Schule zuzurechnen. Er benutzte auch die lebhafte und helle Farbpalette der französischen Impressionisten – jedoch aus der Sicht eines Niederländers.[2]
Lebenslauf
Im Jahr 1876 begann seine Ausbildung an der Königlichen Akademie für bildende Kunst zu Amsterdam.[3] Dort war er einer der 179 Schüler von Prof. August Allebé. Dieser war bekannt dafür, dass er den herkömmlichen starren Akademiebetrieb gegen eine weltoffene an der Praxis orientierte und der Zeitströmung angepasste Ausbildung seiner Schüler vorzog. Die dortige Strömung, auch bekannt unter dem Namen Schule von Allebé, ist besser bekannt als Amsterdamer Impressionismus.
Ab 1877 folgten Wijsmuller’s Wanderjahre. Sie führten ihn über die Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten nach Den Haag, zur Académie royale des Beaux-Arts de Bruxelles und abschließend zur Haager Schule zu ihrer Blütezeit. Letztere brachte so bekannte Meister wie Johannes Bosboom, Paul Gabriël, die Gebrüder Jacob Maris und Matthijs Maris, Anton Mauve und Johan Hendrik Weissenbruch hervor. Hier fand Vincent van Gogh seinen Weg in die Malerei.
Im Jahre 1891 heiratete er Marie Anna Agatha Giesinger und wurde ein Jahr später Vater der Drillinge Karel, Jan und Paul, die sich nicht der Malerei zuwandten.
Von Willink van Collen war ein Förderpreis für junge Nachwuchskünstler ausgesetzt worden.[4] Im Jahre 1883 gewann er diesen begehrten Preis. Der Titel seiner dafür eingereichten Arbeit ist heute nicht mehr bekannt.
Mit eigenem Atelier hatte er sich in Amsterdam niedergelassen. Zu seinen Freunden zählten die Künstler Ernst Witkamp, Nicolaas van der Waay und Carel Dake. In dieser Zeit waren u. a. Bernard A. van Beek, Ludolph Berkemeier und Pauline Suij seine Schüler.
Er war Mitglied der Societät Arti et Amicitiae zu Amsterdam sowie der Genossenschaft Pulchri Studio zu Den Haag.
Kunsthistorisch ist er der zweiten Generation der Haager Schule und der Schule von Allebé zuzuordnen.
Beigesetzt wurde er auf dem Zorgvlied-Friedhof zu Amsterdam.
Werke von Jan Hillebrand Wijsmüller als Querschnitt seines Œuvres
- Alt-Amsterdam
- Markt bei der Nordkirche zu Amsterdam
- Ein Blick auf Kolk in Amsterdam
- Alte Gracht in Utrecht mit Blick auf die Domtürme
- Ein städtischer Platz
- Blick auf einen Stadtkanal bei Nacht
- Zugbrücke im Winter
- Mühlen in Schneelandschaft
- Windmühlen in einer Polderlandschaft
- Sägemühlen
- Wald von Oosterbeek
- Die Kirche von Kortenhoef
- Gesicht von Kortenhoefsdijk
- Straßenbild in Katwijk aan Zee
- Landschaft bei Blaricum
- Das Einbringen der Fluken
- Eine Flußlandschaft
- Winterlandschaft am Kanal mit Häusern
- Wasserlilien
- Enten in einem Waldstück
- Kühe am Wiederkäuen
- Frau mit Krug
- Blumen in der Vase
- Ein Sommertag am Strand
- In den Dünen auf die See schauend bei Noordwijk aan Zee
- Bomschuiten auf dem Strand bei Egmond aan Zee
- Muschelfischer am Strand
Stil und Werk
Jan Hillebrand Wijsmuller gehört der zweiten Generation der Künstler der Haager Schule an. Die Haager Schule, auch als Niederländischer Impressionismus bezeichnet, hat ihren Ursprung in der Kunstrichtung des Realismus. Dieser Stil wurde von den Engländern Richard Parkes Bonington und John Constable ausgelöst und durch die Schule von Barbizon, der Entstehung der französischen Freiluftmalerei, der Künstlergruppe von Paul Huet und Théodore Rousseau und in den Werken eines Johan Jongkind fortgeführt. Diese war Vorläuferin der Bewegung des Französischen Impressionismus, aus dem dann der Holländische Impressionismus wiederum seine Wurzeln zog.[5]
Jan Hillebrand Wijsmuller hatte sich dem Genre der Landschaftsmalerei verschrieben. Die Metropole Amsterdam mit Straßenleben, mit ihren Grachtenleben und dem bedeutenden Hafen sind Motive.[6] Gegenpol sind Landschaftsansichten. Sie beinhalten verschiedene Windmühlenarten, Polderlandschaftstoff mit Fischfang. Sein Répertoire wird durch das klassische holländische Thema abgerundet – die Fortsetzung der Tradition der Küstenlandschaftsmalerei der Nordsee. In seinen Kompositionen folgt er der Schule von Barbizon. Darüber hinaus widmete er sich auch dem Genre der Portraitmalerei und dem des Stilllebens. Zu seinen Ausdrucksformen zählen Handzeichnung auf Papier sowie Öl auf Holz und Leinwand.
In seinen Gemälden nutzt er eine eigene Bildsprache zur räumlichen Ausdehnung und Tiefe. Sie leben durch das harmonische Farbenspiel zwischen Himmel, Wolken, Wasser und Landschaft.[7]
Die Beleuchtung wirkt durch die stofflichen Wechselbeziehungen der für die Niederlande typischen Jahreszeiten und Klima. Seine Bandbreite reicht von den dunklen Tönen Jozef Israëls, der Grauen Periode der Haager Schule bis hin zum lebhaften hellen Farbenspiel,[8] um bessere Lichteffekte zu erreichen. Dabei scheint manchmal die Zeit still zu stehen, ja ein Moment der Unendlichkeit erreicht zu sein; dies ist ein wesentliches Merkmal der Bewegung des Niederländischen Impressionismus. Dieser Charakter steht im Widerspruch zu der Bewegung des Französischen Impressionismus, der sich durch eine leichte und lockere Pinselführung abhebt. Seine Werke zeichnen sich durch eine hohe handwerkliche Fertigkeit aus.
Ausstellungen
- 1903 Stedelijke internationale tentoonstelling van kunstwerken van levende meesters, Stedelijk Museum, Amsterdam.
- 1905 Kollektion der Arti et amicitiae und Pulchri Studio beim Kunstverein in Hamburg.
- 1907 Stedelijke internationale tentoonstelling van kunstwerken van levende meesters, Stedelijk Museum, Amsterdam.
- 1912 Stedelijke internationale tentoonstelling van kunstwerken van levende meesters, Stedelijk Museum, Amsterdam.
In Museumsbesitz und anderen Institutionen
- Historisches Museum, Amsterdam
- Rijksmuseum, Amsterdam
- Stedelijk Museum, Amsterdam
- Museum Willet-Holthuysen, Amsterdam
- Dordrechts Museum, Dordrecht
- Dienst Verspreide Rijkscollecties, Den Haag
- Gemeentemuseum, Den Haag
- Museum Mesdag, Den Haag
- Stadhuis, Den Haag
- Goois Museum, Hilversum
- Zeeuws Museum, Middelburg
- St. Vrienden Museum Noordwijk, Noordwijk
- Belasting & Douane Museum, Rotterdam
Anmerkungen zu Stil und Werk
- Das erste goldene Zeitalter der Niederländischen Malerei rankt sich um die Zeit eines Rembrandt van Rijn und Peter Paul Rubens.
- Gerade der Übergang der Grauen Epoche der Haager Schule und die Verarbeitung der Möglichkeiten der Farbstoffe mit ihren Hellwerten, durch den französischen Impressionismus angestoßen, und die Erweiterung der Bildgattung Landschaftsmalerei um das Wintergesicht, das Dorfgesicht, das Stadtgesicht und das Hafengesicht mit dem Grachten und der langsam einsetzenden Industrialisierung ist das wesentliche Merkmal jener zweiten Generation. Kunsthistorisch sollte ihr Wirken noch weit in das 20. Jahrhundert dauern. Und damit das Ende der internationalen Bewegung des Impressionismus, die um 1920 angesiedelt wird, negieren!
- Heute ist sie unter dem Namen Rijksakademie bekannt.
- Der Willink van Collenprijs wurde mit Unterbrechungen von 1880 bis 1950 verliehen. Ziel war die Unterstützung und Förderung des Nachwuchses der Niederländischen Tafelmalerei.
- Nach dem Verständnis der Kunsthistoriker ist die Haager Schule der Inbegriff des Niederländischen Impressionismus, aus dem dann sich durch Abwanderung von George Breitner und Isaac Israëls sowie dem Wirken der Rijksakademie zu Amsterdam der Amsterdamer Impressionismus entwickelt hatte, der auch Schule von Allebé genannt wird.
- Das Thema Stadt ist ein wesentliches Merkmal der 2. Generation der Haager Schule.
- Die Palette der Haager Schule wurde zunächst geprägt durch Oker, Braun bis Rotbraum und Blaßgrün. Später nahm man sich der Lokalfarben an, die auch lebhafter sein konnten. Damit fing man die charakteristische Ruhe, Dramatik und Melancholie ein. Dabei fällt auf, man hatte Maltechniken des 17. Jahrhunderts, also aus dem 1. Goldenen Zeitalter der niederländischen Malerei eines von Rembrandt van Rijn aufgegriffen. Wegen der Betonung auf den grauen Ton, wurde sie auch „Graue Schule“ genannt.
- Die zweite Generation orientierte sich auch in Richtung der hellen Farbtöne der französischen Impressionisten. – Dies ist auch in einer Reihe von Werken Wijsmuller’s zu beobachten.
Ausgewählte Quellen
Bücher
- Denninger-Schreuder, Carole (1998): De onvergankelijke kijk op Kortenhoef: een Schildersdorp in Beeld, THOTH, Bussum, ISBN 978-90-6868-215-1.
- G. H. Marius: Dutch Art in the XIX Century. London 1908.
- G. Knuttel Wzn: De Nederlandsche schilderkunst van Van Eyck tot Van Gogh. Amsterdam
- J. H. Kraan: Holland in zwang, in: De Haagse School, Ausst. Paris/London/Den Haag 1983, S. 115–124.
- G. Reichwein: Vreemde gasten, kunstschilders in Volendam 1880–1914. Zuiderzee-museum, Enkhuizen 1986.
- R. Zeitler: Die Kunst des 19. Jahrhunderts. Berlin 1966 (Propyläen Kunstgeschichte, Bd. 3).
- De school von Barbizon. Franse meesters van de 19de eeuw. Ausst. Museum voor Schone Kunsten, Gent/Haags Gemeentemuseum, Den Haag/Institut Néerlandais, Paris, 1985/1986; Hans Kraan und John Sillevis, in: The Barbizon School, Dutch collections, Ausst. National Museum of Arts, Osaka 1987.
- Jean-Jacques Lévêque: Les annèes impressionnistes 1870–1889. In: ACR Édition Internationale, Courbevoie (Paris) 1990.
- H.M. Krabbé: „J.H. Wijsmuller“. In Elsevier’s geïllustreerd maandschrift. Jaargang 4, deel 7, 1894 januari-juni.
- Renske Suyver: A Reflection of Holland – the Best of the Hague School in the Rijksmuseum. Rijksmuseum Amsterdam, 2011, ISBN 90-8689-048-2.
- Jenny Reynaerts: Der weite Blick – Landschaften der Haager Schule aus dem Rijksmuseum. Ausstellungskatalog. Hatje Cantz, Ostfildern 2008, ISBN 978-3-7757-2270-4.
- John Sillevis, Anne Tabak: The Hague school book. Waanders, Zwolle; Gemeentemuseum, Den Haag, 2004, ISBN 90-400-9037-8.
- Fred Leeman, John Sillevis: De Haagse School en de jonge Van Gogh. Ausstellungskatalog. Waanders, Zwolle; Gemeentemuseum, Den Haag, 2005, ISBN 90-400-9071-8.
- Roland Dorn, Klaus Albrecht Schröder, John Sillevis (Hrsg.): Van Gogh und die Haager Schule. Ausstellungskatalog, Bank Austria Kunstforum Wien, Skira, Mailand 1996, ISBN 88-8118-072-3.
- John Sillevis, Hans Kraan, Roland Dorn: Die Haager Schule – Meisterwerke der holländischen Malerei des 19. Jahrhunderts aus Haags Gemeentemuseum. Ausstellungskatalog. Ed. Braus, Heidelberg 1987, ISBN 3-925835-08-3.
- Ronald de Leeuw, John Sillevis, Charles Dumas (Hrsg.): The Hague school – Dutch masters of the 19th century. Ausstellungskatalog. Gemeentemuseum, Den Haag; Weidenfeld & Nicolson, London 1983.
- Anna Wagner: Die Haager Schule – Holländische Maler vor hundert Jahren. Rheinisches Landesmuseum, Bonn 1972, ISBN 3-7927-0142-1.
- Geurt Imanse: Van Gogh bis Cobra: holländische Malerei 1880–1950. Hatje, 1980, ISBN 3-7757-0160-5.
- Zurück zur Natur – Die Künstlerkolonie von Barbizon. Ausstellungskatalog der Kunsthalle Bremen 1977/1978.
- Ingo F. Walter: Impressionismus. 2010.
- Wright, Christopher (1980): Paintings in Dutch Museums, Philip Wilson Publishers Ltd., London, ISBN 0-85667-077-4
- Wijsmuller, Jan Hillebrand. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 36: Wilhelmy–Zyzywi. E. A. Seemann, Leipzig 1947, S. 336.
Veröffentlichungen
- B.Bakker e.a, De verzameling Van Eeghen, Amsterdamsche tekeningen 1600–1950, Zwolle /Amsterdam 1988, p. 438
- C.L. Dake, Aanteekeningen over beeldende kunst, Utrecht 1915, p. 75-76
- H.M. Krabbé, „J.H.Wijsmuller“, Elsevier's Geïllustreerd Maandschrift 4 (1894), p. 233-247 en idem in: M.Rooses [red.], Het Schildersboek, […], Dl 4, Amsterdam 1900, p. 179-195
- J.Versteegh, 'Verandering tot die richting betekent voor mij :zelfmoord'. De kentering in de eerste tien jaren van Elsevier's Geïllustreerd Maandschrift', De Boekenwereld 20 (2003–2004), p. 151
Archiv RDK zu Amsterdam
- Jonkman/Geudeker 2010, p. 52, 53
- Marius 1920, p. 229
- Scheen 1969–1970
- Scheen 1981, p. 597, afb.nr. 807 (als: Wijsmuller, Jan Hillebrand)
- Stolwijk 1998, p. 332
- Witt Checklist 1978
Weblinks
- Jan Hillebrand Wijsmuller. Biografische Daten und Werke im Niederländischen Institut für Kunstgeschichte (niederländisch)