Jørn Utzon
Jørn Oberg Utzon (* 9. April 1918 in Kopenhagen; † 29. November 2008[1] bei Kopenhagen) war ein dänischer Architekt, der durch den Bau des Sydney Opera House berühmt wurde. Utzon wurde 2003 mit dem Pritzker-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Sein Hauptanliegen war: Etwas für Menschen zu schaffen.[2]
Leben
Kindheit
Jørn Utzon war der Sohn von Aage Utzon, einem Yachtkonstrukteur, und Estrid Utzon. Er hatte einen älteren Bruder namens Leif. Jørn besuchte in einer Privatschule den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig. Er war ein mittelmäßiger Schüler, in Mathematik waren seine Leistungen sogar ausgesprochen schlecht.
1930 besuchte die Familie Utzon in Stockholm die Architektur- und Designmesse Stockholmsutställingen. Dort wurden leichte, helle Möbel und das Konzept von Luft und Licht vorgestellt. Die Familie stellte daraufhin ihre gesamte Lebensweise um, entfernte zugunsten leichter, praktischer Einrichtungsgegenstände die düsteren viktorianischen Möbel aus dem Haus und stellte die Ernährung auf leichte, gesunde Kost um. Die Kinder bekamen Fahrräder geschenkt, damit sie sich an der frischen Luft bewegen konnten.
Jørn half seinem Vater beim Anfertigen von Konstruktionszeichnungen und Modellen. In den 1930er-Jahren lernte er den Künstler Poul Schrøder kennen, der ihn das Zeichnen mit Kohlestiften lehrte.
Werdegang als Architekt
Nach der Schule wollte Jørn Utzon die Offizierslaufbahn bei der Marine einschlagen, wurde jedoch wegen zu schlechter Noten nicht an der Offiziersschule angenommen. 1937 begann er ein Studium der Architektur in Kopenhagen. 1942 wurde er Mitarbeiter von Paul Hedqvist in Stockholm. 1946 arbeitete er für ein halbes Jahr bei Alvar Aalto. Danach lebte er eine kurze Zeit bei Frank Lloyd Wright in Taliesin und bereiste Mexiko und Europa.
1950 gründete Jørn Utzon sein eigenes Architekturbüro in Kopenhagen. Er machte sich dort mit Wohnhäusern einen Namen, unter anderem seinem eigenen, 1952 errichteten Haus, ferner mit der 1958–1960 errichteten Gartenhofhaus-Wohnanlage Kingo in Helsingør und der 1962–1963 erbauten Reihen- und Gartenhofhaus-Siedlung in Fredensborg. Auch der 1950 in Svaneke auf Bornholm errichtete Wasserturm stammt von ihm.
Werke
1957 wurde er mit einem Schlag berühmt, als er den Wettbewerb zur Gestaltung des Opernhauses in Sydney gewann.[3] Louis Kahn meinte dazu: dass "die Sonne nicht wusste, wie schön ihr Licht war, bis es von diesem Gebäude reflektiert wurde."[4]
Dieser Erfolg brachte Utzon weltweites Ansehen und Aufträge ein. So wurde er beispielsweise 1963 mit dem Bau der Melli-Bank in Teheran betraut. Es folgten 1967 ein Stadion in Saudi-Arabien, 1976 die Kirche von Bagsværd bei Kopenhagen und 1972–1987 das Parlamentsgebäude in Kuwait, das er gemeinsam mit seinem Sohn Jan anging.
Sein berühmtestes Bauwerk hingegen, die Oper in Sydney, schien zunächst in einem persönlichen Misserfolg zu enden: Das zunächst veranschlagte Budget von 3,5 Millionen US-Dollar reichte bei weitem nicht aus, um die statisch anspruchsvolle Dachkonstruktion und die ausgeklügelte Inneneinrichtung zu finanzieren. Als die Kosten 57 Millionen Dollar erreichten, forderte Robert Askin, der Premierminister des Bundesstaats New South Wales, ein Ende der unabsehbaren Kostensteigerungen. Als Jørn Utzon sich weigerte, einer billigeren Kompromisslösung für die Innenausstattung zuzustimmen, wurde er 1966 aus dem Projekt ausgeschlossen. Eine Gruppe junger australischer Architekten sowie ein Team aus Ingenieuren um Ove Arup brachten das Werk zu Ende. Utzon war überzeugt, dass die getroffenen Kompromisse das Werk ruinieren würden und bei der Eröffnung gaben ihm Kritiker und Künstler teilweise Recht. Man klagte über allgemeine Enge, zu kleine Säle, zu steile Treppen, und vor allem über erbärmliche Akustik. Die Funktionalität der Innenräume werde dem großartigen Äußeren in mancher Hinsicht nicht gerecht, so die Kritiker.
Jørn Utzon hat nach seiner Entlassung aus dem Opernhausprojekt nie wieder australischen Boden betreten, was ursprünglich an der von ihm empfundenen Schmach lag. Seit den 1990er-Jahren nahm er allerdings eine versöhnlichere Haltung ein, doch nun waren es Alter und Gesundheit, die verhinderten, dass der Architekt sein Meisterwerk erstmals vollendet in Augenschein nehmen konnte.
Doch seinen Intentionen und dem Baugeschäft ist er treu geblieben. 1963 erhielt er den Auftrag zum Bau der Melli-Bank in Teheran. Ende der 1960er-Jahre führte er den Bau eines Stadions in Saudi-Arabien aus. Gemeinsam mit seinem Sohn Jan, der nach seinem Studium ins Geschäft eingestiegen war, errichtete er bis 1987 das Parlamentsgebäude in Kuwait. Und in Dänemark selbst führte er 1976 den Bau der Bagsvaert Kirche in Kopenhagen und die Errichtung des Möbelhauses Paustian aus.
Lebensabend auf Mallorca
Jørn Utzon lebte zuletzt zurückgezogen in einem der zwei außergewöhnlichen, von ihm selbst konstruierten Häuser auf Mallorca.[5] Sein Privatleben schirmte er konsequent von der Öffentlichkeit ab. Lediglich 1998, zu seinem 80. Geburtstag, machte er eine Ausnahme und gab dem australischen Fernsehen ein Exklusivinterview.
Im Jahre 2003 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität von Sydney. Da er aber aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht reisen konnte, nahm sein Sohn Jan diese Auszeichnung für ihn entgegen.
Utzon starb im November 2008 im Alter von 90 Jahren in einem Pflegeheim nördlich von Kopenhagen, nachdem er sich von einer Operation wenige Monate zuvor nicht mehr erholt hatte.[6]
Utzon Center
Das Utzon Center in Aalborg, entworfen von Jørn Utzon gemeinsam mit seinem Sohn Kim Utzon, ist kein Museum, das Utzon verewigt, sondern ein Wissenszentrum, das ein Verständnis von Architektur im Allgemeinen und Qualität im weitesten Sinne vermitteln soll. Es präsentiert auch den Yachtkonstrukteur Aage Utzon, den Vater des Architekten, und umfasst Schiffe, die von ihm entworfen wurden.[7] Ein Spitzgatter ist mit Segeln im Inneren des 18 m hohen Gebäudes mit geschwungenem Dach zu sehen. Das Boot ist ein Bild einer engen spirituellen Vater-Sohn-Beziehung und ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der maritimen Wurzeln von Jørn Utzon. Es enthält auch ein Archiv von Utzons Originalzeichnungen.[8]
Wichtige Bauten
- Wohnhaus Utzon in Hellebæk (1952)
- Wasserturm in Svaneke (1952)
- Villa, Dronninggårdsvej 42, Holte (1952)
- Wohnungsbau, Helsingborg, Schweden (1954, 1. Preis zusammen mit E. og H. Andersson, realisiert 1966)
- Villa mit Atelier für Ejler Bille und Agnete Therkildsen, Glentevej 8, Vejby Strand (1955, zusammen mit Ib Møgelvang)
- Kingo Häuser in Helsingør (1956–1960)
- Opernhaus Sydney in Sydney Australien (1956–1966, Fertigstellung durch anderen Architekten)
- Romerhaus in Helsingør (1958)
- Melli Bank Universität, Teheran, Iran (1959, zusammen mit Hans Munk Hansen)
- Hammershøj in Helsingør (projekt 1962, realisiert 1966 durch Birger Schmidt)
- Siedlung Fredensborg, Bakkedraget 1–79, Fredensborg (1962–1963)
- Dansk Samvirkes bebyggelse Terrasserne, Fredensborg (1962–1963)
- Musterhaus für Espansiva-princippet, Hellebæk (1969–1971)
- Wohnhaus Utzon, Can Lis, Mallorca (1971)
- Parlamentsgebäude in Kuwait (1973–1982)
- Kirche, Bagsværd bei Kopenhagen (1974–1976)
- Möbelhaus Paustian, Nordhafen Kopenhagen (1985–1986)
- Wohnhaus Utzon, Can Feliz, Mallorca (1992–1994)
- Skagen Odde Nature Center, Dänemark, 1989 (fertiggestellt von seinem Sohn Jan Utzon 1999–2000)
- Musikhuset Esbjerg in Ribe, 1997 (gemeinsam mit seinem Sohn Jan Utzon)
- Utzon Center in Aalborg, 2008 (gemeinsam mit seinem Sohn Kim Utzon)
Wichtigste unrealisierte Bauten:
- Schule in Helsingør, Dänemark (1958–1962)
- Haus des Architekten, Bayview, Sydney, Australien (1963–1965)
- Museum für die Werke von Asger Jorn, Silkeborg, Dänemark (1963)
- Neues Schauspielhaus am Heimplatz, Zürich, Schweiz (1964–1970[9])
- Jeita Theatre, Libanon (1968)
- Stadion, Jedda, Saudi-Arabien (1969)
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1967: C.F. Hansen Medaille
- 1973: Gold Medal of Royal Australian Institute of Architects (RAIA)
- 1978: Gold Medal of Royal Institute of British Architects (RIBA)
- 1982: Alvar-Aalto-Medaille
- 1983: Ehrenmitgliedschaft des Bundes Deutscher Architekten BDA
- 1985: Order of Australia
- 2003: Ehrendoktorat der Universität von Sydney
- 2003: Pritzker-Preis
Die Ehrendoktorwürde durch die Universität Sydney für seine Arbeit am Opernhaus nahm er an, war jedoch wegen Krankheit außerstande, die lange Reise nach Australien anzutreten. Sein Sohn Jan nahm diese für ihn entgegen.
Literatur
- Kenneth Frampton, Nils-Ole Lund, Rafael Moneo: Jørn Utzon. Pustet, Salzburg 1999, ISBN 3-7025-0408-7.
- Richard Weston: Utzon: Inspiration, Vision, Architecture. Edition Blondal, 2002, ISBN 87-88978-98-2.
Deutsche Ausgabe: Utzon. Nieswand Verlag, 2001, ISBN 978-3-89567-019-0. - Philip Drew: Sydney Opera House, Joern Utzon. Phaidon Press, 2002, ISBN 0-7148-4215-X.
- Kenneth Frampton: Jørn Utzon: The Architect’s Universe. Louisiana Museum of Modern Art, 2005, ISBN 87-90029-93-3.
- Tobias Faber: Jørn Utzon: Houses in Fredensborg. Photogr. Jens Frederiksen. Ed.: Axel Menges. Ernst & Sohn, 1991, ISBN 3-433-02702-1, 57 S. zahlr. ill., graph. Darst. Geb.
- Das Opernhaus von Sydney, Australien. Dokumentation, Deutschland, 2008, 14:17 Min., Buch und Regie: Werner Meyer, Produktion: SWR, Reihe: Schätze der Welt, Filmtext & Video.
Weblinks
Einzelnachweise
- Sydney Opera House designer Joern Utzon dies. AP bei google.com, 29. November 2008 (aufgerufen am 29. November 2008)
- Jørn Utzon BIOGRAFIE. fritzhansen.com, abgerufen am 14. April 2021.
- Ulf Meyer: Er schuf das Wahrzeichen von Sidney In: Neue Zürcher Zeitung vom 9. April 2018
- Funktionalität und Fantasie: das kreative Erbe von Jørn Utzon. fahrenheitmagazine.com, 7. April 2000, abgerufen am 14. April 2021.
- contemporarybalears.com (Memento vom 29. November 2011 im Internet Archive)
- Spiegel Online: „Stararchitekt Jørn Utzon ist tot“, 29. November 2008
- Torben Weirup: Aalborgtårnet. Berlingske, 16. Juni 2008, abgerufen am 28. November 2021 (dänisch).
- Thomas Arvid Jaeger: Jørn Utzon’s Maritime Origins Aage and Jørn Utzon. utzon.dk, abgerufen am 28. November 2021 (englisch).
- NZZ Online: Ein «Recke der modernen Architektur» – Der dänische Architekt Jørn Utzon (1918–2008), Zürich und das neue Schauspielhaus am Heimplatz nzz.ch (Memento vom 17. April 2016 im Internet Archive), 3. April 2012