Isoflavone
Isoflavone, auch Isoflavonoide genannt, sind meist gelblich gefärbte Pflanzenfarbstoffe, die als Derivate des Isoflavons zur Klasse der Flavonoide zählen. Sie sind sekundäre Pflanzenstoffe, die u. a. eine Funktion für pflanzliche Abwehr von Pathogenen ausüben.
Der Grundkörper Isoflavon kommt in Kleearten vor. Einige bekanntere Isoflavone sind Daidzein, als Glucosid Daidzin in Sojamehl, Genistein aus Sojabohnen und Rotklee, Prunetin aus der Rinde von Pflaumenbäumen, Biochanin A aus Kichererbsen, Rotklee u. a. Kleearten, Orobol, Santal aus Sandelholz, Rotholz u. a. Hölzern, Pratensein aus frischem Rot- oder Wiesenklee[1] und Iridin in einigen Schwertlilien.
Name | Struktur | R5 | R7 | R3' | R4' |
---|---|---|---|---|---|
Isoflavon | –H | –H | –H | –H | |
Daidzein | –H | –OH | –H | –OH | |
Genistein | –OH | –OH | –H | –OH | |
Prunetin | –OH | –OCH3 | –H | –OH | |
Biochanin A | –OH | –OH | –H | –OCH3 | |
Orobol | –OH | –OH | –OH | –OH | |
Santal | –OH | –OCH3 | –OH | –OH | |
Pratensein | –OH | –OH | –OH | –OCH3 |
Wirkung
Wie auch die Lignane haben die Isoflavonoide wegen ihrer chemisch-strukturellen Ähnlichkeit zu den 17-Ketosteroiden (Östrogen, Androgene) in hohen Dosen eine schwache geschlechtshormonelle Wirkung auf den Menschen. Sie werden daher auch Phytoöstrogene genannt. In der Alternativmedizin wird Frauen der Verzehr von Flavonoiden beziehungsweise Soja-Präparaten in den Wechseljahren bei Hitzewallungen und Schweißausbrüchen empfohlen. Eine bescheidene Wirkung von Isoflavonen bei Hitzewallungen wurde 2016 von der North American Menopause Society (NAMS) beschrieben.[2] Außerdem wird eine vorbeugende Wirkung bei hormonabhängigen Krebserkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs diskutiert. In verschiedenen Langzeitstudien aus Kanada, den Niederlanden und Japan konnte gezeigt werden, dass hohe Isoflavonspiegel im Blut mit einer niedrigen Brustkrebsrate korrelieren.[3] Zudem zeigte eine Meta-Analyse von 35 Studien, dass Soja-Isoflavone das Brustkrebsrisiko bei den untersuchten Frauen in Asien signifikant reduzieren, während in westlichen Ländern dieser Effekt nicht auftrat.[4] Eine dieser Studien, welche an 334.850 Frauen zwischen 35 und 70 Jahren durchgeführt wurde, belegt die Sicherheit von Soja-Isoflavonen.[5]
Aus diesem Grund werden sie in zahllosen Nahrungsergänzungsmitteln angeboten.
Zugelassene Medikamente sind auf dem deutschen Arzneimittelmarkt jedoch nicht erhältlich, weil die Wirksamkeit bisher nicht bewiesen werden konnte. Manche Ärzte warnen im Gegenteil vor zu reichlichem Genuss von Sojaprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln mit isolierten Isoflavonen, weil Flavonoide im Verdacht stehen, die Schilddrüsenhormonproduktion zu hemmen und Kröpfe auslösen zu können.[6] Aktuelle klinische Studien und verschiedenen Meta-Analysen und Reviews bestätigen jedoch tendenziell die positive Wirkung von Soja-Isoflavonen und konnte diesen Verdacht nicht bestätigen.[7][8] So scheint der Einfluss von Soja auf die Schilddrüse nur bei mangelhafter Jod-Versorgung problematisch zu sein.[9]
Ein wissenschaftliches Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2015 besagt, es gebe keine Hinweise darauf, dass Isoflavone in Nahrungsergänzungsmitteln in der üblichen Dosierung für postmenopausale Frauen schädlich sind.[10][11] Das Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) schloss sich dieser Auffassung 2017 an. Die Sicherheitsstudie des EFSA belegt im Detail, dass Isoflavone bei einer Dosierung von 35 bis 150 mg täglich, aufgenommen über die Nahrung oder Supplemente, keine negativen Effekte auf Brust, Gebärmutter und Schilddrüse zeigen.[12] Die Effekte sind offensichtlich unabhängig von der Quelle: Positive Effekte wurden sowohl durch Isoflavone aus Sojanahrung als auch aus mit Soja- und Rotklee-Extrakten erzielt.[13][14]
Ein technisches Review aus dem Jahr 2021 wertete 417 Studien zur hormonellen Wirksamkeit von Soja und Isoflavonen aus. Davon waren 229 Beobachtungsstudien, 157 klinische Studien und 32 systematische Reviews oder Metastudien. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass Soja:
- sich nicht negativ auf die Schilddrüse auswirkt,
- keinen negativen Einfluss auf das Brustgewebe hat,
- keinen negativen Einfluss auf den Östrogen-Haushalt von Frauen hat,
- keinen negativen Einfluss auf den Testosteron-Haushalt von Männern hat,
- keinen negativen Einfluss auf Spermienmenge oder -qualität hat
- kein negativer Einfluss der Isoflavon-Aufnahme bei Kindern feststellbar war.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass Isoflavone auf Basis der Daten nicht als Endokrine Disruptoren eingeordnet werden können.[15]
Vorkommen in Lebensmittel
Isoflavone finden sich vor allem in Sojabohnen und aus den daraus hergestellten Produkten.
Lebensmittel | Isoflavone mg/100g (Frischgewicht) | Isoflavone mg/100g (Trockengewicht) |
---|---|---|
Sojamehl | 171[16] 173[17] | |
Sojamehl entfettet | 155[17] | |
Sojabohnen | 50[16] 60–145[18] 50–150[19] | |
Sojanüsse | 149[17] | |
Natto | 82[17] | |
Miso | 60[18] 77[16] | |
Rotwein | 30–50[19] | |
Bier | 15–50[19] | |
Tofu | 14–33[18] 15–50[19] | |
Yuba | 45[17] | |
Sojamilch | 6,6[16] 4,7–9,7[18] | |
Sojasoße | 5,2[16] | |
Lakritze | 0,9[16] | |
Erbsen | 0–7,3[18] | |
Bohnen | 0–6,3[18] | |
Sojaöl | 0[17] |
Siehe auch
Einzelnachweise
- Eintrag zu Isoflavone. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 20. Juni 2014.
- The role of soy isoflavones in menopausal health: report of The North American Menopause Society. (PDF) Abgerufen am 18. Januar 2016 (englisch).
- Beatrice A. Boucher, Michelle Cotterchio u. a.: Use of isoflavone supplements is associated with reduced postmenopausal breast cancer risk. In: International Journal of Cancer. 132, 2013, S. 1439, doi:10.1002/ijc.27769.
- Meinan Chen, Yanhua Rao u. a.: Association between Soy Isoflavone Intake and Breast Cancer Risk for Pre- and Post-Menopausal Women: A Meta-Analysis of Epidemiological Studies. In: PLoS ONE. 9, 2014, S. e89288, doi:10.1371/journal.pone.0089288.
- R. Zamora-Ros, P. Ferrari, C. A. González, A. Tjønneland, A. Olsen, L. Bredsdorff, K. Overvad, M. Touillaud, F. Perquier, G. Fagherazzi, A. Lukanova, K. Tikk, K. Aleksandrova, H. Boeing, A. Trichopoulou, D. Trichopoulos, V. Dilis, G. Masala, S. Sieri, A. Mattiello, R. Tumino, F. Ricceri, H. B. Bueno-de-Mesquita, P. H. Peeters, E. Weiderpass, G. Skeie, D. Engeset, V. Menéndez, N. Travier, E. Molina-Montes, P. Amiano, M. D. Chirlaque, A. Barricarte, P. Wallström, E. Sonestedt, M. Sund, R. Landberg, K. T. Khaw, N. J. Wareham, R. C. Travis, A. Scalbert, H. A. Ward, E. Riboli, I. Romieu: Dietary flavonoid and lignan intake and breast cancer risk according to menopause and hormone receptor status in the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC) Study. In: Breast Cancer Research and Treatment. Band 139, Nummer 1, Mai 2013, S. 163–176, doi:10.1007/s10549-013-2483-4. PMID 23572295.
- Isoflavone und L-Carnitin: Mehr Risiko als Nutzen. In: Pharmazeutische Zeitung online. 26/2010.
- M-n. Chen, C-c. Lin, C-f. Liu: Efficacy of phytoestrogens for menopausal symptoms: a meta-analysis and systematic review. In: Climacteric. 18, 2015, S. 260, doi:10.3109/13697137.2014.966241.
- A. Lethaby, J. Marjoribanks, F. Kronenberg, H. Roberts, J. Eden, J. Brown: Phytoestrogens for menopausal vasomotor symptoms. In: Cochrane Database of Systematic Reviews. Issue 12, 2013, Art. No.: CD001395. doi:10.1002/14651858.CD001395.pub4.
- Harvard Health Publishing: By the way, doctor: Do soy products cause thyroid problems? Abgerufen am 4. März 2021.
- Isoflavone in Nahrungsergänzungsmitteln für Frauen nach der Menopause: kein Hinweis auf schädliche Wirkung. abgerufen am 9. November 2015.
- Isoflavone sind sicher. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 25. Januar 2016; abgerufen am 25. Januar 2016.
- EFSA confirms the safety of isoflavones. (PDF) Abgerufen am 19. Januar 2016 (englisch).
- M. Lipovac, P. Chedraui, C. Gruenhut, A. Gocan, C. Kurz, B. Neuber, M. Imhof: The effect of red clover isoflavone supplementation over vasomotor and menopausal symptoms in postmenopausal women. In: Gynecological endocrinology : the official journal of the International Society of Gynecological Endocrinology. Band 28, Nummer 3, März 2012, S. 203–207, doi:10.3109/09513590.2011.593671. PMID 21870906. (PDF)
- E. D. Faure, P. Chantre, P. Mares: Effects of a standardized soy extract on hot flushes: a multicenter, double-blind, randomized, placebo-controlled study. In: Menopause. Band 9, Nummer 5, Sep-Okt 2002, S. 329–334. PMID 12218721.
- Mark Messina, Sonia Blanco Mejia, Aedin Cassidy, Alison Duncan, Mindy Kurzer: Neither soyfoods nor isoflavones warrant classification as endocrine disruptors: a technical review of the observational and clinical data. In: Critical Reviews in Food Science and Nutrition. 27. März 2021, ISSN 1549-7852, S. 1–57, doi:10.1080/10408398.2021.1895054, PMID 33775173 (nih.gov [abgerufen am 15. April 2021]).
- Regina Verena Piller: Phytoöstrogene in der Ernährung und ihr Einfluss auf das Risiko für Brustkrebs (Dissertation). In: http://mediatum.ub.tum.de/. Technische Universität München, 12. Juni 2006, abgerufen am 2. August 2020.
- Angela Mörixbauer: Soja, Sojaisoflavone und gesundheitliche Auswirkungen. In: https://www.ernaehrungs-umschau.de/. Ernährungs Umschau, März 2019, abgerufen am 2. August 2020.
- Dr. oec. troph. Antonie Danz: Phytoöstrogene - Pflanzenstoffe mit Hormonwirkung. In: https://www.ugb.de/. Der Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB), 2015, abgerufen am 2. August 2020.
- Untersuchung auf östrogenartige Stoffe mit einem Biotest. In: https://www.laves.niedersachsen.de/. Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 2011, abgerufen am 2. August 2020.