Irma Klausner-Cronheim
Irma Klausner-Cronheim, geborene Klausner (geboren 26. Februar 1874 in Frankfurt am Main; gestorben 24. April 1959 in New York) war neben Rahel Straus und Else von der Leyen eine der drei ersten Frauen, die ab Mai 1900 an der Universität Halle und der Universität Heidelberg studierten. Sie wurde Ärztin und zeichnete sich in hohem Maße durch ihr gesellschaftspolitisches Engagement aus.
Leben und Wirken
Irma Klausner-Cronheim besuchte vom Dezember 1880 bis zum Juli 1889 die Schule in Berlin und anschließend die Gymnasialkurse von Helene Lange. 1896 legte sie ihr Abiturexamen am Königlichen Luisengymnasium ab und gehörte somit, zusammen mit Else von der Leyen, zu den ersten Absolventinnen der Gymnasialkurse für Frauen.[1][2]
Als Hörerin studierte sie Medizin an der Universität Halle, an der sie 1899 die ärztliche Vorprüfung ablegte. Am 9. Mai 1900 schrieb sie sich für das Sommersemester und ein Medizinstudium an der Universität Heidelberg ein und gehörte damit zu den ersten vier Studentinnen, die sich ordentlich an der Heidelberger Universität immatrikulierten.[4] Nach einem Semester kehrte sie nach Halle zurück und legte 1901 die Staatsprüfung ab. Im Juli desselben Jahres promovierte sie mit der Dissertation Ein Beitrag zur Aetiologie der multiplen Sklerose.
Zusätzlich zu ihrer Arbeit am Physiologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin richtete sie sich zunächst eine Praxis in der elterlichen Wohnung ein, bis sie 1905 ihre eigene Praxis eröffnen konnte. Im gleichen Jahr heiratete sie Walter Cronheim. Zudem war sie von 1904 bis 1930 täglich ein bis zwei Stunden in der Poliklinik von Max Michaelis tätig, unterrichtete dort Medizinstudenten und kümmerte sich um Patienten.
Darüber hinaus sorgte sie von 1908 bis 1915 für die ärztliche Betreuung von Säuglingen in einem Kinderasyl in Halensee und beteiligte sich an der Ausbildung von Krankenschwestern. Klausner arbeitete als Kassenärztin des „Kaufmännischen und Gewerblichen Hilfsvereins für weibliche Angestellte“ und war zusammen mit Else von der Leyen eine der ersten Frauen im Berliner „Verein freigewählter Kassenärzte“ und 1914 auch 2. Vorsitzende des „Vereins Krankenhaus weiblicher Ärzte“.[5]
Irma Klausners Vater, Max Albert Klausner, hatte als politischer Redakteur des Berliner Börsen-Couriers Kontakte zu bedeutenden Politikern und Landtagsabgeordneten. Es gelang ihm, ein Gesetz zu erwirken, das es Frauen ermöglichte, medizinische Examen in Preußen abzulegen. Da seine Tochter als Anstoß für dieses Gesetz gilt, wurde es im Volksmund Lex Irma genannt.[6]
1927 bewarb sie sich für die Wahlen zur Berliner Ärztekammer und setzte sich für eine schärfere Bekämpfung des Kurpfuschertums ein. Außerdem machte sie sich für Frauenrechte stark und engagierte sich in der Abtreibungsdebatte. So war sie 1931 eine der Organisatorinnen einer Kundgebung des Ausschusses Groß-Berliner Ärztinnen, in der diese sich gegen das Abtreibungsverbot nach § 218 StGB aussprachen.[7]
1938 wurde ihr als Jüdin die Approbation entzogen, woraufhin sie im November 1938 erst nach Stockholm und im April 1940 nach New York emigrierte. 1943 übernahm sie die medizinische Betreuung für psychisch Kranke in einem Sanatorium auf Long Island. In den Ruhestand trat sie 1957, zwei Jahre später verstarb sie in New York.
Werke
Autobiographie
- Dornenweg einer Medizinerin. In: Beilageblatt zur Vossischen Zeitung. Nr. 307, 25. Dezember 1929.
Publikationen
- Ein Beitrag zur Aetiologie der multiplen Sklerose. Halle, Med. Diss. v. 9. Juli 1901 u. Archiv. f. Psychiatr. Nervenheilkunde. (1901), S. 841–868.
- Antrag zum Namensrecht der verheirateten Frau. In: Die Frau. 34 (1926/27), S. 506.
- Der Übergang der Real- in die Gymnasialkurse. Mschr. Dtsch. Ärztinnen. 4 (1928), S. 58–60.
- Stellungnahme gegen den § 218 StGB. In: Deutsches Ärzteblatt. 59 (1930), S. 303.
- Nierenschädigungen durch Vigantol. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. 1930 II, S. 1566–1567.
- Die Behandlung der Migräne mit Hypophysenvorderlappenhormon. In. Deutsche medizinische Wochenschrift. Nr. 34, 1931; zit. nach: Münchener Medizinische Wochenschrift. 78 (1931), S. 1627.
- Zu Agnes Bluhm’s 70. Geburtstag. in. Die Ärztin. 8 (1932), S. 31–33 (mit Schriftenverz. d. wiss. Arbeiten A. Bluhms).
Siehe auch
Literatur
- Wolfgang U. Eckart: Zunächst jedoch nur versuchs- und probeweise. Vor 100 Jahren: Die ersten Medizinstudentinnen beziehen die Universität Heidelberg. In: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt. 4. Jg. 1999, S. 77–98.
- Dieter G. Maier, Jürgen Nürnberger: Die Töchter der Familie Max A. Klausner: „Alles Leute über dem Durchschnitt“. Hentrich & Hentrich, Berlin 2015, ISBN 978-3-95565-119-0.
Weblinks
- Irma Klausner-Cronheim, geb. Klausner. In: Ärztinnen im Kaiserreich. Charité – Universitätsmedizin Berlin; abgerufen am 1. April 2020
- Matrikel 382 der Universität Heidelberg; abgerufen am 1. April 2020
- Vier Vorreiterinnen des Frauenstudiums. Universität Heidelberg; abgerufen am 1. April 2020
Einzelnachweise
- Ärztinnen im Kaiserreich. In: Geschichte. Charité – Universitätsmedizin Berlin, abgerufen am 1. April 2020.
- Marco Birn: Bildung und Gleichberechtigung. Die Anfänge des Frauenstudiums an der Universität Heidelberg (1869 bis 1918). Kurpfälzischer Verlag, Heidelberg 2012, S. 53.
- Matrikelbuch der Universität Heidelberg 1895-1906 abgerufen am 6. Mai 2020.
- Marco Birn: Bildung und Gleichberechtigung. Die Anfänge des Frauenstudiums an der Universität Heidelberg (1869 bis 1918). Kurpfälzischer Verlag, Heidelberg 2012, S. 51.
- Wolfgang U. Eckart: Zunächst jedoch nur versuchs- und probeweise. Vor 100 Jahren: Die ersten Medizinstudentinnen beziehen die Universität Heidelberg. In: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt. 4. Jg., 1999, S. 77–98.
- „Vor allem war es die Lust am Lernen, am Wissen“. Vier Studentinnen der Ruperto Carola waren im Jahr 1900 die Vorreiterinnen des Frauenstudiums in Deutschland. Website der Universität Heidelberg; abgerufen am 1. April 2020.
- Karen Hagemann (Hrsg.): Eine Frauensache. Alltagsleben und Geburtenpolitik 1919–1933. Centaurus-Verlagsgesellschaft, Pfaffenweiler 1991, S. 195.