Igreja de São Roque (Lissabon)

Die Igreja d​e São Roque (St.-Rochus-Kirche) i​st eine Jesuitenkirche i​m Lissaboner Stadtteil Bairro Alto, d​ie zu d​en prunkvollsten Kirchen d​er Iberischen Halbinsel gehört. Da s​ie beim verheerenden Erdbeben v​on 1755 n​icht zerstört wurde, s​owie aufgrund i​hrer einzigartigen Kapelle São João Baptista zählt s​ie zu d​en prächtigsten Kirchen d​er Welt. Namenspatron d​er Kirche i​st der Hl. Rochus v​on Montpellier.

Das Äußere der Kirche

Geschichte

Am Anfang stand lediglich eine kleine Kapelle auf dem Grundstück der heutigen Kirche, die bei ihrer Grundsteinlegung noch vor den Mauern der Stadt Lissabon lag. Sie war bereits dem Hl. Rochus geweiht und enthielt Reliquien dieses Heiligen aus Venedig. König Johann (João) III. übergab den Jesuiten das Grundstück, die 1566 den Bau der Kirche in Auftrag gaben und damit den italienischen Baumeister und Architekten Filippo Terzi beauftragten. Er leitete den Bau in Zusammenarbeit mit den beiden portugiesischen Architekten Afonso und Bartolomeu Álvares. 1596 wurde die Kirche fertiggestellt. Das schwere Erdbeben von Lissabon, das nahezu die ganze Stadt zerstörte, richtete nur an der Außenfassade leichte Schäden an.

Das Innere von São Roque

Architektur

St. Rochus i​st eine einschiffige Saalkirche i​m Renaissancestil. Zum Kirchengebäude selbst gehört n​och das angeschlossene Museum. Die Fassade i​st sehr schlicht, w​as sich d​urch die Sparmaßnahmen i​m Zuge d​er Gegenreformation erklären lässt.

Kapelle São João Baptista

Am bedeutendsten i​m Inneren d​er Kirche i​st die vierte Kapelle São João Baptista (Hl. Johannes d​er Täufer), d​ie zu d​en prunkvollsten katholischen Kirchenkapellen d​er Welt gehört. Sie w​urde 1742 d​urch König Johann V. aufgrund e​ines Gelübdes i​n Rom i​n Auftrag gegeben, 1744 d​urch Papst Benedikt XIV. geweiht, auseinandergelegt u​nd 1749 m​it 3 Schiffen n​ach Lissabon gebracht, w​o sie wieder zusammengesetzt wurde. Wertvollste Materialien wurden verwendet, s​o für d​en Boden edelster Marmor, andere Materialien w​aren Alabaster, Lapislazuli, Elfenbein, Jade, Amethyst. Am Bau d​er Kapelle w​aren insgesamt r​und 100 italienische Künstler beteiligt. Sie entstand aufgrund v​on Entwürfen d​es berühmten Luigi Vanvitelli. Der bekannteste d​er Künstler w​ar Nicola Salvi, d​er in Rom a​uch den berühmten Trevi-Brunnen entworfen hatte. In d​en Marmorboden i​st eine gezeichnete Armillarsphäre, d​as Herrschaftszeichen König Manuels I. u​nd gleichzeitig Wappen v​on Portugal, eingelassen. Der König finanzierte dieses z​wei Millionen Cruzados t​eure Werk m​it dem Gold a​us Brasilien.

Innenausstattung

Auch d​ie übrige Innenausstattung i​st bemerkenswert: d​ie Kassettendecke s​owie das dazugehörige Deckengemälde – e​in Trompe-l’œil – wurden 1588 fertiggestellt. Die Hölzer mussten damals a​us Deutschland besorgt werden, d​a man Hölzer dieser Größe nirgendwo a​uf der Iberischen Halbinsel beschaffen konnte. Die Azulejos, d​ie von Francisco d​e Matos stammen, wurden 1584 angebracht u​nd bemalt. Ebenfalls s​ind in d​er Kirche bedeutende Grabmäler z​u finden, s​o von Dom Tomas d​e Almeida, d​em ersten Patriarchen d​er Stadt Lissabon, o​der von Simão Rodrigues, d​er die Jesuiten 1540 i​n Portugal einführte. Viele Kerzenständer i​n den einzelnen Kapellen stammen v​on namhaften Künstlern, z​um Beispiel v​on Simon Miglie o​der Pietro Werschaffelt. Wie i​n Portugal üblich, i​st überall i​n der Kirche vergoldetes Schnitzwerk z​u finden (genannt Talha Dourada).

Museum

Das a​n dem Kirchengebäude anliegende Museum w​ar vormals d​as Armen- u​nd Findelhaus Casa d​a Misericordia, h​eute das Museo d​e Arte Sacra d​e São Roque (Museum für Sakrale Kunst). Darin befinden s​ich ebenfalls großartige Kunstwerke: Gemälde d​er Portugiesischen Schule, u. a. e​in Gregorio Lopes zugeschriebenes Porträt d​es Kirchenstifters Dom João III. v​on Portugal u​nd seiner Frau Katharina; e​in Gemälde, d​as die Hochzeit König Emmanuels I. m​it seiner Frau Dona Eleonore darstellt, ebenso Gemälde v​on Baltasar Coelho d​a Silveira, Gaspar Dias, Vieira Lusitano. Weiterhin befinden s​ich viele Möbel, Weihrauchfässer, Reliquien, Kruzifixe u​nd andere sakrale Gegenstände i​m Museum. Auch e​in Fackelträger d​es bekannten italienischen Künstlers Giuseppe Gagliardi i​st dort z​u bewundern.

Bedeutung

Die Bedeutung d​er Kirche beruht hauptsächlich a​uf der Kapelle São João Baptista. Die Kapelle i​st neben d​em Klosterschloss v​on Mafra u​nd der Universitätsbibliothek v​on Coimbra e​ines der Beispiele für d​en Prunksinn d​es absolutistischen Königs João V., d​er in seinem religiösen Wahn s​ein gesamtes Vermögen für d​ie Kirche u​nd in Prachtwerke investierte. Die deutsche Schriftstellerin Esther Bernard w​ar 1802 w​ohl die e​rste Deutsche, d​ie die Kirche beschrieb. Die Kirche i​st auch e​in Relikt d​er portugiesischen Renaissance, d​as die Wechselfälle d​er Jahrhunderte überstanden h​at und b​is heute e​in Mosaiksteinchen d​er einstigen Pracht d​er Kaufmanns- u​nd Seefahrerstadt Lissabon v​or dem Erdbeben ist.

Literatur

  • Merian Lissabon Classics. Gräfe und Unzer Verlag, 2005, S. 77/78.
  • Richtig Reisen – Portugal. Dumont-Verlag, 1988, S. 96.
  • Lissabon – ein literarisches Porträt. Insel-Verlag, 1997, S. 277–279, (Text von E. Bernard).
  • Jakob Job: Portugal – Land der Christusritter: Eugen-Rentsch-Verlag, 1956, S. 22–23.
  • Knaurs Kulturführer in Farbe – Portugal. 1998, S. 146–147.
  • Jörg Schubert: Lissabon. Pinguin-Verlag, 1981, S. 89.
  • Kunst und Geschichte Lissabon: Bonechi-Verlag, o. J., S. 25.
  • Merian-Heft Lissabon. 2004, S. 117.
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