Herz-Jesu-Kirche (Bremerhaven-Geestemünde)
Die Kirche Hl. Herz Jesu ist die römisch-katholische Pfarrkirche des Bremerhavener Stadtteils Geestemünde, zwischen Bucht- und Grashoffstraße in der Nähe vom Hauptbahnhof. Die neugotische Hallenkirche wurde 1910/11 nach Plänen von Heinrich Flügel erbaut und am 17. September 1911 durch Bischof Adolf Bertram geweiht. Ihre gleichnamige Pfarrgemeinde gehört zum Dekanat Bremerhaven im Bistum Hildesheim.
Geschichte
In der 1827 gegründeten Stadt Bremerhaven war 1867 die katholische Kirche Unbefleckte Empfängnis Mariä gebaut worden. Das weitere Industrie- und Bevölkerungswachstum führte ab 1900 zur gleichzeitigen Planung von eigenen Pfarrkirchen für die damals noch selbstständigen Gemeinden Geestemünde und Lehe. Die Realisierung rückte näher, als eine anonyme Spenderin für den Bau der beiden neuen Kirchen 60.000 Mark in Aussicht stellte[1] – mit der Bedingung, dass beide das Patrozinium Heiligstes Herz Jesu erhalten sollten. Den in Geestemünde auf Initiative von Pfarrer Ludwig Querl bereits entstandenen Kirchbauverein St. Willehad gewann Bischof Bertram persönlich für den neuen Namen.
Unter drei vorliegenden Architekturentwürfen (darunter einer von Maximilian Jagielski, der die Herz-Jesu-Kirche in Lehe baute) fiel die Entscheidung für den Plan des Bremer Baurats Heinrich Flügel. Die Gesamtkosten betrugen schließlich 235.000 Mark. Die 1908 gegründete Quasipfarrei wurde 1919 zur Pfarrei erhoben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs sie durch den Zustrom katholischer Heimatvertriebener stark an. Zusammen mit den Filialgemeinden in Loxstedt (St. Johannes der Täufer) und Wulsdorf (St. Nikolaus), die seit dem 1. November 2006 zur Pfarrei gehören,[2] zählt sie heute 7.049 Mitglieder.[3]
Architektur und Ausstattung
Die Herz-Jesu-Kirche ist ein Backsteinbau in Nord-Süd-Ausrichtung. Das Langhaus umfasst nur zwei kurze Joche mit schmalen, fast gleich hohen Seitenschiffen. Nach Süden schließt sich die quadratische Vierung mit zwei kurzen Querhausarmen, an diese der 5/8-Chor an. Den Querhausarmen sind auf der Südseite 3/6-Apsiden angefügt. Haupt- und Seitenschiffe tragen Kreuzrippen-, der Chor ein Sterngewölbe.
Prägend für das äußere Erscheinungsbild ist der hohe und mit Maßwerkfenstern und Giebeln reich gegliederte Portalriegel im Norden. Er hat die Funktion eines Narthex und trägt auf der Ostseite den Turm, der mit Strebepfeilern, vier Giebeln, acht Fenstern und Spitzhelm gestaltet ist.
Der Innenraum ist weiß gehalten. Säulen, Bögen und Laibungen sind durch dunklere Farbgebung hervorgehoben. Altar, Tabernakelstele und Taufstein sind im späten 20. Jahrhundert in schlichten Formen aus hellem Stein gearbeitet worden, der Ambo befindet sich aus Bronze. Aus derselben Zeit stammen die großen und farbenreichen Bleiglasfenster, die den Raum in wechselndes Licht tauchen.
Im Altar sind Reliquien der hl. Chrysanthus und Daria und der hl. Gefährtinnen der hl. Ursula eingeschlossen.
Orgel
Im Zuge der Renovierung, die nach der Liturgiereform nötig wurde, kam der Wunsch auf, die Orgel zu ersetzen. Die vorige Orgel war bereits vor den Renovierung beschädigt. 1974 wurde in einem Hochamt die neue Orgel von G. Christian Lobback mit elektro-pneumatischer Registersteuerung und mechanischer Spieltraktur der Gemeinde vorgestellt.
|
|
|
- Koppeln: II/I, I/P, II/P
- Spielhilfen: 2 freie Kombinationen, Tutti
Glocken
Im Jahre 1911 lieferte die Glockengießerei Otto aus Hemelingen/Bremen für die neu gebaute Herz Jesu-Kirche drei Bronzeglocken, von denen aber zwei schon fünf bis sechs Jahre der Glockenbeschlagnahme des Ersten Weltkrieges zum Opfer fielen und eingeschmolzen wurden. Der Gemeinde blieb nur die kleinste Glocken, eine f1-Glocke mit einem Durchmesser von 1180 mm und einem Gewicht von 1030 kg.[4][5] Über 84 Jahre lang wurde nur mit der verbliebenen „Bernwardsglocke“ (Schlagton f1) von 1911 läuten konnte, bis im Jahr 2001 die Herz-Jesu-Kirche im Besitz von drei neuen Glocken erhielt, die von der Firma Baggert in Heilbronn wie die Vorgänger von 1911 in der sogenannten Otto-Rippe gegossen wurden. Heute besitzt die Gemeinde nun ein tontiefes und weit hörbares 4-stimmiges Bronzegeläut. Es ist das schwerste Geläut Bremerhavens und die Christusglocke zugleich die größte Glocke der Stadt. Alle Glocken hängen in einem neuen Holzglockenstuhl (eingerichtet für 5 Glocken) an geraden Jochen.
Nr. |
Name |
Gussjahr |
Gießer und Ort |
Masse (kg) |
Schlagton |
---|---|---|---|---|---|
1 | Christusglocke | 2001 | Bachert, Heilbronn | 2480 | c1 |
2 | Marienglocke | 2001 | Bachert, Heilbronn | 1450 | es1 |
3 | Bernwardsglocke | 1911 | Glockengießerei Otto, Hemelingen | 1030 | f1 |
4 | Michaelsglocke | 2001 | Bachert, Heilbronn | 670 | g1 |
Siehe auch
Literatur
- Paul Werner: 75 Jahre Herz-Jesu Geestemünde. Bremerhaven 1986.
- Thomas Scharf-Wrede: Das Bistum Hildesheim 1866–1914. Hannover 1995, 487–490
- Ulrich Euent/Alois Hütten/Bernhard Temme: 100 Jahre Herz-Jesu-Kirche Bremerhaven-Geestemünde. Bremerhaven 2011.
Weblinks
- 360°-Panoramen des Innenraums (Internetpräsenz der Pfarrgemeinde)
Einzelnachweise
- Noch einmal denselben Betrag stiftete sie für das Kirchbauprojekt in Schöningen (Scharf-Wrede, S. 487)
- Bischöfliches Generalvikariat (Hrsg.): Kirchlicher Anzeiger. Nr. 10/2006, Hildesheim 2006, S. 70–72
- Schematismus der Diözese Hildesheim 2008
- Gerhard Reinhold: Otto-Glocken. Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 588, hier insbesondere S. 518.
- Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 556, hier insbes. S. 482, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).