Hermann Neuberger
Hermann Neuberger (* 12. Dezember 1919 in Völklingen-Fenne; † 27. September 1992 in Homburg) war von 1975 bis 1992 der siebte Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
Werdegang
Neuberger, Sohn eines Lehrerehepaares, wuchs im Saarbrücker Arbeiterviertel Malstatt auf[1] und besuchte das Internat der Lenderschule Sasbach bis zum Abitur 1938, kam danach als Wehrpflichtiger zur Wehrmacht und nahm am Zweiten Weltkrieg in Afrika und Italien teil, zuletzt als Hauptmann beim Generalstab der Wehrmacht in Rom. Nach der Rückkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft im November 1945[1] arbeitete Neuberger, der eigentlich vorgehabt hatte, Theaterwissenschaft zu studieren,[2] von 1946 an als Redakteur beim Saarbrücker Sport-Echo und von 1951 an in der Werbeabteilung der Karlsberg-Brauerei in Homburg. 1955 übernahm er die Geschäftsführung der Saarland-Sporttoto GmbH. Von 1961 bis 1984 war er deren Direktor. Von 1976 bis 1984 leitete er auch deren Tochtergesellschaft, die Saarland Spielbank GmbH. Er war ab 1975 des Weiteren Vorsitzender der Intertoto, der internationalen Interessengemeinschaft von 40 Toto-Gesellschaften.[3]
Auf dem DFB-Bundestag am 25. Oktober 1975 in Hamburg wurde er zum Präsidenten des größten deutschen Sportverbandes gewählt. Doch schon vor seiner Zeit als DFB-Präsident hatte er sich als Sportfunktionär betätigt. So war er zur Zeit des unabhängigen Saarlandes Präsident des Saarländischen Fußball-Bundes und einer der Väter der Fußball-Bundesliga. Er war danach Chef-Organisator der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in der Bundesrepublik Deutschland. 1974 wurde er zum Vize-Präsidenten des Weltfußballverbandes FIFA gewählt und später auch als Organisationschef der Weltmeisterschaften von 1978 bis 1990 eingesetzt. Das Amt des FIFA-Vize und des DFB-Präsidenten hatte er bis zu seinem Tod inne.
In seine Amtszeit fielen der Gewinn der Europameisterschaft 1980, die Vizeweltmeisterschaften in den Jahren 1982 und 1986 sowie der Weltmeistertitel 1990 in Italien. Die Bundestrainer während seiner Amtszeit waren Helmut Schön (1964–1978), Jupp Derwall (1978–1984), Franz Beckenbauer (Teamchef 1984–1990) und Berti Vogts (1990–1998).
Kritisiert wurde Neuberger, als er 1978 den Besuch des ehemaligen Fliegeroffiziers und nationalsozialistischen Propagandisten Hans-Ulrich Rudel im Trainingsquartier der deutschen Nationalmannschaft in Ascochinga während der Fußball-Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien zu Zeiten der Militärdiktatur mit den Worten verteidigte, eine Kritik an Rudels Erscheinen komme „einer Beleidigung aller deutschen Soldaten gleich“.[4] Unterstützung kam dagegen von Seiten der rechtsextremen Presse wie der Deutschen Nationalzeitung. Die Spieler des Finalteilnehmers und Vize-Weltmeisters Niederlande wurden von Neuberger gerügt, da sie dem argentinischen Diktator Videla und den Mitgliedern der Militärjunta den Handschlag verweigerten. Dieses Verhalten hatte Neuberger den deutschen Spielern bereits zuvor für den Fall der Finalteilnahme untersagt.
Hermann Neuberger starb am 27. September 1992 in der Universitätsklinik Homburg an den Folgen einer Krebserkrankung.[5]
Ehrungen
Neuberger wurde am 25. April 1977 mit dem Saarländischen Verdienstorden ausgezeichnet.[6] Die Zentrale des DFB in Frankfurt am Main – das Hermann-Neuberger-Haus – sowie die Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken sind heute nach ihm benannt. Seine Geburtsstadt Völklingen hat ihre Sporthalle, ihr Stadion und eine Realschule nach ihm benannt und ihm ein Denkmal gesetzt.
Hermann-Neuberger-Preis
Der Landessportverband für das Saarland vergibt seit 2005 jährlich den Hermann-Neuberger-Preis an Vereine, die sich besonders um Talentsichtung, Talentförderung und Leistungssport-Entwicklung im Saarland verdient gemacht haben:
- 2012 – SV 64 Zweibrücken (Handball)[7]
- 2011 – Saarländischer Turnerbund (STB)
- 2009 – Saarländische Triathlon Union
Einzelnachweise
- Saarbrücker Zeitung v. 24. Dezember 2015, S. D1
- Neuberger - Königsmacher und König. In: Hamburger Abendblatt. 11. Dezember 1979, abgerufen am 30. März 2021.
- Porträt eines Machers. In: Hamburger Abendblatt. 23. Juni 1982, abgerufen am 13. August 2021.
- WM-Anekdoten: Ein Jahrhundertspiel und ein Jahrhundertskandal, Spiegel Online, 6. Juli 2010
- Hermann Neuberger. In: Der Spiegel. Nr. 41, 1992, S. 348 (online).
- Bekanntmachung von Verleihungen des Saarländischen Verdienstordens. In: Chef der Staatskanzlei (Hrsg.): Amtsblatt des Saarlandes. Nr. 18. Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH, Saarbrücken 9. Mai 1977, S. 391–392 (uni-saarland.de [PDF; 244 kB; abgerufen am 27. Mai 2017]).
- SV 64 Zweibrücken empfängt Hermann-Neuberger-Preis 2012
Literatur
- Josef Anker: Neuberger, Hermann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 103 f. (Digitalisat).
- Rudi Michel und Wolfgang Niersbach (Chefredaktion), Thomas Dohren (Redaktion): Ein Leben für den Fußball. Dr. h. c. Hermann Neuberger. Stationen, Standpunkte, Visionen. Herausgegeben vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und vom Landessportverband für das Saarland (LSVS). Busche, Dortmund 1993 (ohne ISBN).
Weblinks
- Neuberger Hermann in der Datenbank Saarland Biografien
- Literatur von und über Hermann Neuberger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur über Hermann Neuberger in der Saarländischen Bibliographie