Herengracht
Die Herengracht (deutsch „Herrengraben“) ist die innerste der drei zum Amsterdamer Grachtengürtel gehörenden, konzentrisch um die Altstadt Amsterdams herum angelegten Grachten. Sie liegt westlich und südlich des mittelalterlichen Stadtkerns, ihre Verlängerung jenseits des Flusses Amstel, die Nieuwe Herengracht (deutsch „Neuer Herrengraben“), östlich der Altstadt. Innerhalb parallel zur Herengracht verläuft der ehemalige mittelalterliche Stadtgraben Singel, außerhalb die Keizersgracht.
Die Herengracht entstand in zwei Bauabschnitten um 1613 und um 1664. Zu den bekanntesten Baudenkmälern gehören die in der Gouden Bocht (deutsch: Goldener Bogen) entstandenen barocken Stadtpaläste einiger der reichsten Familien Amsterdams.
Geschichte
Die Bauarbeiten zur Herengracht wurden im Jahr 1612 auf Initiative von Bürgermeister Frans Hendricksz. Oetgens, Stadtbaumeister Hendrick Jacobsz Staets und Stadtvermesser Lucas Jansz Sinck begonnen.
Zu Beginn wurde lediglich ein Kanal angelegt, um die Werkstätten der Reepschläger, also der Hersteller von Schiffstauen, zu erschließen, die sich außerhalb des alten Stadtgrabens (des heutigen Singel) angesiedelt hatten. Nach einer Verbreiterung und dem Ausbau zu einer Stadtgracht 1612 erhielt der Kanal den Namen Herengracht, zu Ehren der Stadtherren von Amsterdam.
Der 1612 begonnene erste Bauabschnitt lag im Westen der Altstadt und reichte von der Brouwersgracht bis zur Leidsegracht. Der zweite Abschnitt bis zur Amstel entstand ab 1658. In diesem Teil liegt die Gouden Bocht, der prächtigste Teil der Straße, in dem sich viele der mächtigsten und reichsten Ratsherren und Kaufleute Amsterdams neue Stadtpaläste errichteten. Die Kaufmannschaft der Stadt war durch den Handel mit Südamerika und Niederländisch-Indien zu großem Reichtum gelangt. Die Amsterdamer Architekten Philips Vingboons (1607–1678) und Adriaan Dortsman (1635–1682) entwarfen viele dieser repräsentativen Bürgerhäuser.
Der letzte Bauabschnitt, die Nieuwe Herengracht, entstand in der Nähe des damaligen jüdischen Viertel Amsterdams, zwischen den Flüssen Amstel und IJ. Wegen einer Wirtschaftskrise dauerte es lange, bis die Erweiterung völlig bebaut wurde.
Querschnitt und Verlauf
Die Straße besteht aus einem breiten schiffbaren Kanal in der Mitte, der beiderseits durch eine befahrbare Straße zur Erschließung der Häuser begrenzt und in Höhe von Querstraßen von insgesamt elf Brücken überspannt wird. Die Fahrdämme sind heute, wie in der Amsterdamer Altstadt üblich, als Einbahnstraßen ausgewiesen, sodass der Kanal einen breiten Mittelstreifen bildet.
Die Grundstücke sind entsprechend der typischen altholländischen Bauweise in der Regel tief, aber besitzen nur eine schmale Straßenfront.
Die Herengracht hat eine Länge von 2,4 Kilometer und beginnt im Nordwesten der Altstadt an der Brouwersgracht. Er verläuft zunächst in südwestliche Richtung. Südlich der Abzweigung der Leliegracht, am Theatermuseum, macht sie einen Knick in südliche Richtung. Weitere Knicke an der Leidsegracht, der Nieuwe Spiegelstraat (dieser Knick ist die Gouden Bocht) und der Reguliersgracht lenken den Verlauf in östliche Richtung, bis die Herengracht im Süden der Altstadt auf den natürlichen Fluss Amstel stößt. Dieser Verlauf ist nahezu identisch mit den anderen beiden Grachten des Grachtengürtels, der Keizersgracht und der Prinsengracht.
Etwas nördlich der Einmündung der Herengracht führt die 1883 eröffnete Blauwbrug über die Amstel.
Jenseits der Amstel liegt die kurze Nieuwe Herengracht, die bis zum Entrepotdok führt und von vier weiteren Brücken gequert wird, darunter der Weesperstraat. Ihre östliche Fortsetzung jenseits dieses Hafenbeckens heißt Schippersgracht.
Im Zuge von Raadhuisstraat, Leidsestraat, Vijzelstraat und Utrechtsestraat wird die Herengracht von Straßenbahnen gekreuzt. Die Nieuwe Herengracht wird entlang der Muiderstraat ebenfalls von der Straßenbahn überquert und im Zuge der Weesperstraat von der U-Bahn unterquert; nördlich des Kanals liegt der Bahnhof Waterlooplein.
Alle Abschnitte der Gracht gehören zum Stadtteil Amsterdam-Centrum.
Bekannte Bauwerke
An der Herengracht befinden sich viele prächtige monumentale Stadthäuser, darunter:
- Herengracht 59: De Hond (1659)
- Herengracht 120: De Coningh van Denemarken (1615)
- Herengracht 170–172: Huis Bartolotti / Het Bonte Huis (um 1617), Sitz des Theatermuseums
- Herengracht 203: Koopmanshuis (um 1618)
- Herengracht 274: De Witte Leli (1739)
- Herengracht 284: Huis Van Brienen (Familie Van Brienen van Ramerus) (1728)
- Herengracht 361: Sonnenberg (um 1655)
- Herengracht 366–368: Cromhouthuizen (Familie Cromhout) (1660 und 1662), Sitz des Bibelmuseums
- Herengracht 380: Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie (Niederländisches Institut für Kriegsdokumentation)
- Herengracht 394: Vier Heemskinderen (um 1671)
- Herengracht 446: Huis van der Graeff, Stadtpalais von Andries de Graeff am Gouden Bocht
- Herengracht 450: Huis van Deutz (Familie Deutz van Assendelft) (1663)
- Herengracht 462: Sweedenrijk (1672)
- Herengracht 475: Huis de Neufville (Huis aan de Bocht) (1731/33)
- Herengracht 476: Huis de Vicq (Familie De Vicq) (1670)
- Herengracht 502: Huis met de Kolommen (1672), die Amtswohnung des Bürgermeisters
- Herengracht 518: Museum Haus Geelvinck-Hinlopen
- Herengracht 573: worin heutzutage das Tassenmuseum Hendrikje untergebracht ist; vormaliges Stadthaus von Cornelis de Graeff
- Museum Het Grachtenhuis aus dem 17. Jahrhundert, steht unter Denkmalschutz (Rijksmonument)
Zu den erhaltenen historischen Gärten gehören:
- Der historische Garten hinter Nr. 168
- Garten und Gartenhaus von G. Belin la Garde hinter Nr. 412
Siehe auch
- Kanäle in Amsterdam
- Neun Straßen, Seitenstraßen des Amsterdamer Grachtengürtels
Weblinks
- Theatermuseum, Herengracht 168 (englisch)
- Huis Bartolotti, Herengracht 170. Website der Stadt Amsterdam (niederländisch)
- Huize van Brienen, Herengracht 284. Website der Stadt Amsterdam (niederländisch)
- Cromhouthuis, Herengracht 368 (englisch)
- Herengracht. Amsterdamse grachtenhuizen, Panoramen der Häuser an der Herengracht (niederländisch)