Helmut Kleinicke
Helmut Kleinicke (* 19. November 1907 in Wildemann; † 1979) war ein deutscher Bauingenieur, Judenretter und Gerechter unter den Völkern.
Leben
Helmut Kleinicke stammte aus einer Försterfamilie[1] und erlernte den Beruf des Bauingenieurs. Er war NSDAP-Mitglied, trat aber 1931 wieder aus der Partei aus, um 1933 wieder einzutreten, weil er arbeitslos war. Aus dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps trat er 1938 aus. Kleinicke wurde „Kriegskreisbaumeister“ im Kreis Krenau (heute Chrzanów), 20 km nordöstlich des KZ Auschwitz. In Krenau war er für Tief- und Hochbaumaßnahmen zuständig.
Während seiner Zeit als Kriegskreisbaumeister beorderte Kleinicke inhaftierte Juden zum Arbeitsdienst. Vielen von ihnen verhalf er zur Flucht. Er versteckte sie im Keller seiner Dienstwohnung oder in den Gewächshäusern der Kreisgärtnerei und stellte ihnen falsche Papiere aus, damit sie das Land verlassen konnten. Teils fuhr Kleinicke sie nachts mit dem Auto oder einem Lkw zum Zug oder teils bis in die Hohe Tatra.
Aufgrund des Verschwindens vieler Zwangsarbeiter wurde Helmut Kleinicke 1943 zur Grundausbildung in die Wehrmacht nach Oppeln eingezogen, anschließend wurde er Kriegsteilnehmer. Dabei erlitt er einen Hörschaden. Nach Kriegsende verbrachte er einige Monate in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. 1949 wurde er im Entnazifizierungsverfahren mit Hilfe von Berichten Geretteter als „entlastet“ eingestuft. Mit seiner Frau Cäcilie – genannt Cilly – († 2007) bekam er die Tochter Jutta und arbeitete zunächst im Wasserwirtschaftsamt in Braunschweig, dann in Koblenz. In der Nachkriegszeit erhielt er immer wieder Briefe von Geretteten. 1964 erschien in der Neuen Ruhr Zeitung die Geschichte eines dieser Geretteten, der explizit nach Kleinicke suchte und auch seinen Namen in dem Artikel nannte. Kleinicke hatte den Artikel zwar gelesen, meldete sich aber nicht, weil er Repressalien von Alt-Nazis fürchtete.[2][3] 1979 starb Helmut Kleinicke an den Folgen eines Schlaganfalls.[4][5][1][6]
Am 14. Januar 2020 wurde Kleinicke postum in der Israelischen Botschaft in Berlin, im Beisein des Botschafters Jeremy Issacharoff sowie des 95-jährigen geretteten Josef Königsberg, der ihn 1964 per Zeitungsartikel gesucht hatte, als Gerechter unter den Völkern geehrt. Stellvertretend für ihren Vater nahm seine Tochter die Ehrenurkunde und die -Medaille entgegen.[2][7]
Film
- Der Briefmarkensammler – Die Geschichte einer wundersamen Rettung. Dokumentarfilm. Buch und Regie: Peter Hartl. 15 Min. 3sat, 2018 (3sat.de (Memento vom 22. April 2019 im Internet Archive)).
Literatur
- Diana Zinkler: „Retten Sie meinen Sohn!“ In: Braunschweiger Zeitung vom 18. Januar 2020.
Einzelnachweise
- Christoph Gunkel: Judenretter Helmut Keinicke: Der stille Held von Chrzanów. In: Spiegel Online. 22. Dezember 2016 (spiegel.de [abgerufen am 2. Dezember 2017]).
- Diana Zinkler: „Retten Sie meinen Sohn!“
- Christoph Gunkel: Judenretter Helmut Kleinicke „Der Schindler von Chrzanów“. In: Spiegel online vom 27. Januar 2018.
- ZDF heute. Ein heimlicher Held, trotz NSDAP-Ausweis: Wie der Kreisbaumeister Helmut Kleinicke viele Juden vor dem sicheren Tod rettete. In: facebook.com. 12. September 2017, abgerufen am 17. September 2017 (Video).
- Christian Kirsch: Der Retter von Josef Königsberg. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 18. September 2017; abgerufen am 17. September 2017.
- Christoph Gunkel: Holocaust-Überlebender: Die Suche nach Judenretter Helmut Kleinicke. In: Spiegel Online. 9. November 2016 (spiegel.de [abgerufen am 17. September 2017]).
- Peter Hartl: Späte Ehrung eines mutigen Lebensretters. In: ZDF. 14. Januar 2020, abgerufen am 14. Januar 2020.