Heinrich Tenhumberg
Heinrich Tenhumberg (* 4. Juni 1915 in Lünten bei Vreden; † 16. September 1979 in Münster) war ein römisch-katholischer Geistlicher und von 1969 bis 1979 Bischof von Münster.
Leben
Seit seiner Studentenzeit war er mit der Schönstattbewegung verbunden. 1936 trat er in den wissenschaftlichen katholischen Studentenverein Unitas-Eckhardia Freiburg ein. Heinrich Tenhumberg wurde am 23. September 1939 zum Priester geweiht. Ab 1947 war er Mitglied des Schönstatt-Institut Diözesanpriester.[1]
Am 28. Mai 1958 ernannte ihn Papst Pius XII. zum Titularbischof von Thuburnica und zum Weihbischof in Münster.[2] Die Bischofsweihe spendete ihm am 20. Juli 1958 der Bischof von Münster, Michael Keller. Mitkonsekratoren waren Weihbischof Heinrich Baaken und der Bischof von Essen, Franz Hengsbach.
Heinrich Tenhumberg nahm an allen vier Sitzungsperioden des Zweiten Vatikanischen Konzils in Rom als Konzilsvater teil.
Von 1966 bis 1969 leitete Tenhumberg das Katholische Büro Bonn, die Vertretung der deutschen Bischöfe beim Bundestag und der Bundesregierung.[3]
Nachdem am 6. Januar 1969 Bischof Joseph Höffner als Koadjutor von Kardinal Josef Frings nach Köln versetzt worden war, wählte das Domkapitel Weihbischof Tenhumberg zu dessen Nachfolger. Am 7. Juli 1969 folgte die päpstliche Bestätigung durch Papst Paul VI., am 14. September 1969 die Amtseinführung.
Bischof Tenhumberg passte seine Diözese den nachkonziliaren Erfordernissen an und gliederte sie 1973 in Regionen, denen jeweils ein Weihbischof als Regionalbischof zugeteilt wurde.
Tenhumbergs Pastoralschwerpunkte waren die Industrieseelsorge in Marl und die Flüchtlingsseelsorge nach dem Zweiten Weltkrieg, die Koordination des Laienapostolats sowie die Leitung der katholischen Landjugend.
Öffentlich kontrovers diskutiert wurde Tenhumbergs Entscheidung im Jahr 1975, dem damaligen Münsteraner Theologieprofessor Horst Herrmann aufgrund dessen Kirchenkritik die kirchliche Lehrerlaubnis zu entziehen; dies war der erste Fall dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland.[4]
Tenhumberg starb nach schwerer Krankheit am 16. September 1979 und wurde in der Bischofsgruft im Westchor des Doms beigesetzt. Sein Nachfolger wurde 1980 Reinhard Lettmann.
Verantwortung für sexuellen Missbrauch im Bistum Münster
Eine vom Bistum Münster beauftragte Forschergruppe der Universität Münster untersucht derzeit Umfang und Qualität sexualisierter Gewalt durch Priester und Diakone des Bistums Münster in der Zeit zwischen 1945 und 2018. Ein im Dezember 2020 veröffentlichter Zwischenbericht bescheinigte Tenhumberg für seine Zeit als Bischof in Münster ein intensives Leitungs- und Kontrollversagen.[5] Die Untersuchung dauert noch an. Der Abschlussbericht soll in der ersten Jahreshälfte 2022 veröffentlicht werden.[6]
Bischof-Heinrich-Tenhumberg-Stiftung
Im Jahre 1980 wurde die nach ihm benannte Bischof-Heinrich-Tenhumberg-Stiftung gegründet, deren Zweck die Unterstützung von Familien und Alleinerziehenden in wirtschaftlichen und sozialen Notlagen ist.
Schriften (Auswahl)
- „Sagen Sie mal, Herr Bischof ...“ Heinrich Tenhumberg antwortet auf Glaubens- und Lebensfragen. Butzon und Bercker, Kevelaer 1978, ISBN 3-7666-9030-2.
- Ein Mann für die Zukunft. Bischof Heinrich Tenhumberg zu Fragen nach Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Ikon-Verlags-GmbH, Lünen 1989, ISBN 3-927393-02-9 (gesammelte Vorträge und Beiträge in Publikationen).
- Als Weihbischof auf dem Konzil. Tagebuchnotizen 1962–1965. Herausgegeben von Joachim Schmiedl. Aschendorff, Münster 2015, ISBN 978-3-402-13114-5.
Literatur
- Domkapitel des Bistums Münster (Hg.): Veni sancte spiritus. Bischof Heinrich Tenhumberg, 1915–1979. Contzen, Lünen 1979.
- Wilhelm Damberg: Heinrich Tenhumberg (1915–1969). In: Jürgen Aretz, Rudolf Morsey, Anton Rauscher (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Band 9. Aschendorff, Münster 1999, ISBN 3-402-06120-1, S. 135–148.
Einzelnachweise und Fußnoten
- Joachim Schmiedl: Tenhumberg, Heinrich. In: Hubertus Brantzen (Hrsg.): Schönstatt-Lexikon: Fakten – Ideen – Leben. 2. unveränderte Auflage. Patris-Verlag, Vallendar 2002, ISBN 3-87620-195-0, S. 388 (moriah.de [abgerufen am 17. Oktober 2012]).
- Jürgen Kappel: Wer war Heinrich Tenhumberg? In: Kirche + Leben Netz. Bistum Münster, abgerufen am 26. August 2019.
- Günter Graf: Die Freiheit verbreiten. (PDF; 2.532,14 kB) In: Kirche + Leben. Bistum Münster, 31. Mai 2015, abgerufen am 23. September 2019.
- Das Datum der Bischofsweihe ist auf der Grabplatte falsch mit „14. September 1969“ angegeben; tatsächlich handelt es sich dabei um das Datum seiner Amtseinführung als Bischof von Münster. Da Heinrich Tenhumberg aber bereits zehn Jahre Weihbischof gewesen war, als er Bischof von Münster wurde, müsste als korrektes Datum der Bischofsweihe der 20. Juli 1958 genannt werden. (Auf der benachbarten Platte am Grab von Bischof Reinhard Lettmann werden hingegen das Datum der Bischofsweihe als Weihbischof und das Jahr der Amtseinführung als Bischof von Münster korrekt unterschieden.)
- Studie: Leitungsversagen der Bischöfe Höffner, Tenhumberg und Lettmann, katholisch.de, 2. Dezember 2020.
- Missbrauchsfälle im Bistum Münster zwischen 1945 und 2018: Forscher präsentieren Zwischenergebnisse, Pressemitteilung der Universität Münster, 2. Dezember 2020.
Weblinks
- Literatur von und über Heinrich Tenhumberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag zu Heinrich Tenhumberg auf catholic-hierarchy.org
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Joseph Höffner | Bischof von Münster 1969–1979 | Reinhard Lettmann |