Heinrich Matthaei
Johannes Heinrich Matthaei (* 4. Mai 1929 in Bonn)[1] ist ein deutscher Biochemiker und ehemaliger Direktor der Abteilung Molekulare Genetik am Göttinger Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin und Professor für Biochemie und Neurobiologie in Göttingen. Er forschte 1960 bis 1962[2] als Post-Doktorand am NIH in Bethesda, Maryland. Dort gelang ihm 1961 gemeinsam mit Marshall Warren Nirenberg die erste Identifizierung einer genetischen Codierungseinheit. Nirenberg erhielt 1968 für die gemeinsamen Forschungen den Nobelpreis.
Matthaei, der Sohn von Rupprecht Matthaei[3] und Enkel von Adelbert Matthaei, studierte an der Universität Bonn mit der Promotion 1956.
Matthaei konzipierte und führte in Bethesda die entscheidende Experimentalserie des Poly-U-Experiments durch, die am 27. Mai 1961 zur Entschlüsselung des Codons UUU für die Aminosäure Phenylalanin und damit zur Identifizierung des ersten Codeworts führte. In der Folge des Experiments gelang ihm gemeinsam mit Marshall Nirenberg die Aufklärung der wesentlichen Alphabet-Bestandteile. Der genetische Code war gebrochen. Das Experiment markierte das Ende eines weltweiten Rennens um das Begreifen des genetischen Codes. Die folgende komplette Entzifferung des Codes eröffnete den wichtigsten experimentellen Zugang zur molekularen Genetik. Matthaei und Nirenberg haben ihre Arbeiten mit streng alternierender Autorenschaft publiziert. Damit wird das gleiche Autorengewicht nach außen betont. Nach seiner entscheidenden Entdeckung publizierte Matthaei eine Vielzahl von Ergebnissen, die zum Verständnis der Funktion des genetischen Codes in der Gen-Expression, namentlich der Protein-Biosynthese beitragen. Seine Habilitationsschrift von 1966 trägt den Titel Die biochemische Analyse des Genetischen Code.
Matthaei war seit 1963 Leiter einer Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen. 1973 wurde er hier zum Wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft ernannt und übernahm die Leitung der Abteilung Molekulare Genetik. Außerdem war er ab 1973 außerplanmäßiger Professor an der Universität Göttingen. Zum ersten Januar 1983 wurde eine eigene Forschungsstelle Matthaei in der Max-Planck-Gesellschaft eingerichtet, die 1985 geschlossen wurde, weil Matthaei auf eigenen Wunsch ausgeschieden ist. In den 1970er und 1980er Jahren befasste er sich mit Neurobiologie.[4]
Heute lebt Heinrich Matthaei als Emeritus der Max-Planck-Gesellschaft in Göttingen. Er befasst sich mit Fragen, die an die Naturphilosophie grenzen (laut Eintrag im Kürschner mit supramateriellen Kräften und Energien, Theorie des Bewußtseins und Verfahren zur Herstellung und Messung von informativen Lebensenergie-Einheiten, wofür er auch ein Patent (1999) hält).[1]
1965 erhielt er den Chemiepreis der Göttinger Akademie der Wissenschaften.
Veröffentlichungen
- J. H. Matthaei, M. W. Nirenberg: Characteristics and stabilization of DNAase-sensitive protein synthesis in E. coli extracts. In: Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. Bd. 47, 1961, S. 1580–1588. PMID 14471391, PMC 223177 (freier Volltext).
- M. W. Nirenberg, J. H. Matthaei: The dependence of cell-free protein synthesis in E. coli upon naturally occurring or synthetic polyribonucleotides. In: Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. Bd. 47, 1961, S. 1588–1602. PMID 14479932 (doi:10.1073/pnas.47.10.1588).
Literatur
- Hans-Jörg Rheinberger: Experimentalsysteme – Eine Geschichte der Proteinsynthese im Reagenzglas. Wallstein Verlag, ISBN 3-89244-454-4.
- Forschungsstelle Matthaei in der Max-Planck-Gesellschaft. In: Eckart Henning, Marion Kazemi: Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm-/ Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1911–2011 – Daten und Quellen. Berlin 2016, Teilband 2: Institute und Forschungsstellen M-Z. Seiten 951–952 (online, 75 MB, PDF).
Weblinks
Einzelnachweise
- Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, Geburts- und Karrieredaten, 2009.
- Johann Grolle: Des Ganzen Wirklichkeit. In: Der Spiegel. Nr. 1, 2012, S. 128–130 (online – 2. Januar 2012).
- Rupprecht Matthaei, NDB
- H. Matthaei, Peter Uwe Witte: Mikrochemische Methoden für neurobiologische Untersuchungen. Springer, Berlin, Heidelberg 1980, ISBN 978-3-642-67496-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).