Hasanlu
Hasanlu Tepe oder Tappeh Hassanlu (persisch تپه حسنلو) ist ein Siedlungshügel in der iranischen Provinz West-Aserbaidschan und befindet sich südlich des nahegelegenen Urmiasees.[1] Der Siedlungshügel enthält unter anderem eine antike, vielleicht mannäische Stadt.[1] Diese wurde durch Urartu im späten 9. Jahrhundert v. Chr. zerstört, vermutlich unter Išpuini oder Menua.
Lage und Aussehen des Hügels
Hasanlu Tepe ist der größte Ort im Tal des Gadar Flusses und dominiert die kleine Sulduz-Ebene. Der Ort besteht aus einem 25 m hohen „Zitadellhügel“ mit massiven Befestigungen und gepflasterten Straßen, umgeben von einer Außenstadt, die aber immer noch 8 m über der Ebene liegt. Der gesamte Ort war viel größer, wurde aber durch örtliche landwirtschaftlichen und bauliche Tätigkeiten verkleinert, so dass er jetzt 600 m durchmisst. Die Zitadelle hat einen Durchmesser von mehr als 200 m.[1]
Der Tell hat mehrere Siedlungsschichten, deren älteste aus dem 6. Jahrtausend v. Chr. stammt. Es ist berühmt für seinen Goldenen Becher, den ein Team der University of Pennsylvania unter Robert Dyson 1958 hier fand.
Im Rahmen der Grabungen wurde ein weiterer Tell (Hadschi Firuz Tepe), wo es mithin die ältesten Anzeichen für den Weinanbau gibt, ganz in der Nähe Hasanlus erforscht. Zeitgleich wurde zudem Dalmā Tepe erforscht.
Ausgrabungen
Hasanlu wurde um 2100 v. Chr. begründet. Die Stadt lag am Kreuzungspunkt mehrerer wichtiger Handelsstraßen. Die frühen Schichten zeigen hurritischen Einfluss, später herrschen iranische und danach assyrische Einflüsse vor. Die Schichten von Hasanlu IV aus dem 10. und 9. Jh. zeichnen sich durch eine graue Keramik aus, die als mannäisch bezeichnet wird. Liverani hält die Stadt zu diesem Zeitpunkt für einen Teil von Gilzanu[2].
Zu dieser Zeit war die Siedlung unbefestigt, lediglich die Akropolis, auf der der Sitz des örtlichen Herrschers und die Tempel lagen, war mit einer über 3 m dicken Lehmziegelmauer auf Steinfundament umgeben, die in regelmäßigen Abständen Türme aufwies. Ihre Höhe wird auf 9 m geschätzt. Die Art der Befestigung erinnert an urartäische Anlagen. Die Zitadelle enthielt einen Palast, einen Tempel und ein Schatzhaus ("Perlenhaus"), in dem man zahlreiche Perlen aus Karneol, weißem Glas und Meeresmuscheln fand. Typisch für die Architektur der Mannäer sind langgezogene offene Höfe mit Säulenhallen auf einer oder beiden Seiten. In Hasanlu IV standen Säulen aus Pappelholz auf steinernen Basen. In diesen Gebäuden sehen manche Forscher die Vorbilder der achämenidischen Paläste.
Funde
Bei den meisten Funden überwiegt der assyrische Einfluss ("assyrisierender Mischstil"), der unter anderem auch in Ziwiye zu finden ist.
Keramik
In Hasanlu herrscht eine monochrom graue Keramik vor, die im 8. und 7. Jh. auch im Gebiet der Meder gefunden wird (Eisenzeit I nach Cuyler-Young). Die charakteristischen kugeligen Krüge mit lang ausgezogenen Tüllen ("Teekannen") weisen stilistisch nach Zentralasien. Böhmer (1986) konnte eine charakteristische ritzverzierte mannäische Keramik identifizieren.
Chronologie
Die Datierung des Endes von Hasanlu IV. hängt von der Identifikation des Ortes und der Verbindung mit historisch überlieferten Ereignissen ab. Medvedskaya (1988) nimmt an, dass Hasanlu 714 v. Chr. durch die Urartäer zerstört wurde. Dyson nimmt an, dass Hasanlu IV um 800 durch Menua zerstört wurde, was Kleiss (1994) bezweifelt[3]. Im Eingangsbereich des als Tempel gedeuteten Gebäudes der Zitadelle lagen die Skelette von 40 Frauen, die vielleicht bei der Eroberung erschlagen wurden.
Nach einem Hiatus wurde Hasanlu im 8. Jh. neu besiedelt (Bauschicht IIIB). Die Gebäude werden oft als urartäisch angesehen. Im Mittelalter wurde auf der Zitadelle eine Festung angelegt.
Phase | Datierung | Schichten in Hasanlu |
---|---|---|
Mittelalter | - | I |
- | - | II |
Eisenzeit III | 800–600 | IIIB |
Eisenzeit II | 1000–800 | IV |
Eisenzeit I | 1250–1000 | V |
Hasanlu hat eine Reihe von 14C-Daten geliefert.
Identifikation
Miroslav Salvini will Hasanlu mit Mešta gleichsetzen[4].
Dyson et al. sehen Hasanlu als die Hauptstadt von Mannai, eine Ansicht, der Miroslav Salvini energisch widerspricht[4]. Er weist darauf hin, dass die Stele von Karagündüz um 815 Mešta und Paršua als Ziel eines Feldzugs erwähnt, aber Mannai nicht erwähnt. Er plädiert für eine Lage von Hasanlu außerhalb von Mannai, ohne bisher bekannte "ethnisch-nationale Identität"[4], erwägt jedoch, sie einem persischen Stamm zuzuschreiben.
Galerie
- Krug, Hasanlu IV, Graue Ware
- Bronzenes Trinkgefäß in Form eines Tierkopfes
- Halbmondförmige Platte mit Tier- und Menschmotiven
Literatur
- Robert H. Dyson: Hasanlu and early Iran. Archaeology 13, 1960, S. 118–129.
- Robert H. Dyson/Oscar Muscarella, Constructing the chronology and historical implications of Hasanlu IV. Iran 27, 1989, 1–27.
- I. Medvedskaja, Who destroyed Hansalu IV? Iran 26, 1988, 1–15.
Weblinks
- Hasanlu Publication Project
- Hasanlu. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – inkl. Literaturangaben).
Einzelnachweise
- The Cambridge History of Iran (ed. by W.B. Fischer, Ilya Gershevitch, Ehsan Yarshster). Cambridge University Press, 1993. ISBN 0-521-20091-1. S. 57–58, 138.
- Paul Zimansky, Urartian Material Culture As State Assemblage: An Anomaly in the Archaeology of Empire. Bulletin of the American Schools of Oriental Research 299/300, 1995, 104
- Wolfram Kleiss, Notes on the chronology of Urartian defensive architecture. In: Altan Çilingiroǧlu/D. H. French (Hrsg.), Anatolian Iron Ages 3, British Institute of Archaeology at Ankara Monograph 3 (Ankara 1994), 131
- Miroslav Salvini: Die Einwirkung des Reiches Urartu auf die politischen Verhältnisse auf dem Iranischen Plateau. In: Ricardo Eichmann/Hermann Parzinger (Hrsg.), Migration und Kulturtransfer (Bonn 2001) 350