Hans Brockhage
Hans Brockhage (* 27. Februar 1925 in Schwarzenberg/Erzgeb.; † 18. Februar 2009 ebenda) war ein deutscher Formgestalter und Bildhauer.
Leben und Werk
Nach seinem Notabitur 1942 wurde Brockhage zum Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg herangezogen. 1944 schwer verwundet, begann er 1945 eine Lehre zum Holzbildhauer und Drechsler. Er studierte 1947 bis 1952 an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Mart Stam und Theodor Artur Winde (1886–1965). Unter Mart Stams Betreuung entstand der Schaukelwagen, ein Kindermöbel und Spielgerät, das 1957 eine Auszeichnung von „spiel gut“ in Ulm erhielt. 1949 wurde seine erste Tochter Anna Franziska geboren. Er war 1950/1951 Student im Seminar von Marianne Brandt, beide verband bis zu ihrem Tod eine freundschaftliche und fachliche Beziehung. In seinem Geburtsort Schwarzenberg baute sich Brockhage 1955 eine eigene Werkstatt auf, von da an war er freischaffend tätig.
Nach einem längeren Aufenthalt in Kuba im Jahr 1965 entstand bis 1968 unter Mitarbeit des Architekten und Formgestalters Robert Lenz (Mitarbeit im Atelier bei Le Corbusier) sein Wohnhaus in Schwarzenberg. In den Jahren 1967 bis 1977 war er als Dozent an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle, Burg Giebichenstein in Halle tätig. 1968 begann er mit seinen bauplastischen Arbeiten in Holz und Beton. Drei Jahre später hatte er 1971 seine erste Ausstellung im Grassi-Museum Leipzig mit Thea Reichart. Brockhage wurde 1973 1. Vorsitzender der Verkaufsgenossenschaft bildender Künstler in Karl-Marx-Stadt und war Mitbegründer der Galerie Oben. Es folgte 1977 die Berufung zum Professor an die Fachschule für angewandte Kunst (heute Fachbereich der Westsächsischen Hochschule Zwickau) in Schneeberg. Zwischen 1978 und 1989 ging er mehrfach auf Studienreisen nach Frankreich, bei denen er die Architektur von Le Corbusier an dem Dominikaner-Kloster Sainte Marie de la Tourette in Eveux-sur-Arbresle/Lyon sowie der Wallfahrtskirche von Ronchamp studierte. Ab 1979 arbeiteten für ihn als künstlerische Mitarbeiter unter anderem Jörg Beier, Andreas Schmidt, Hartmut Rademann und sein Sohn Peter Paul Brockhage. 1985 begann er mit freifigürlichen Arbeiten und Montagen in Eichenholz, Beton und Bronze.
In den Jahren 1989–1991 arbeitete er an den Skulpturen für eine mehrjährige Ausstellung im Barockgarten Kloster Kamp. Seine Werke sind in mehreren öffentlichen Sammlungen, als Kunst am Bau und in Privatbesitz vertreten. Kurz vor seinem Tod übernahm er im Januar 2009 die Schirmherrschaft für den 3. Schwarzenberger Kunstpreis art-figura.[1]
Im Jahre 2009 wurde seine monumentale Holzgestaltung "Strandburg", die er für das Berliner Palast-Hotel geschaffen hatte, abgerissen und ihre Überreste auf dem Hof seines Schwarzenberger Ateliers abgekippt.[2]
Seit 2000 bis zu seinem Tod im Februar 2009 verfasste er mehrere Bücher unter anderem über die Bauhäuslerin Marianne Brandt, die Schnitzkunst im Erzgebirge und sein eigenes Schaffen.
Werke
Freie Arbeiten / Auswahl
- 1968 Holzwände im Vestibül und Raumteiler im Selbstbedienungsbüffet des Fichtelberghauses
- 1984 Holzstele an der Ingenieurhochschule Mittweida im Mehrzweckraum der Mensa
- 1985 Ereignis, Eichenholz
- 1986 Jüngling zu Nain, Eichenholz
- 1986 Aufbäumung, Eichenholz, Höhe 5 m
- 1989 Poem des Tanzes, Eichenholz, Höhe 2,20 m
- 1989/90 Er aber zog seine Straße fröhlich, Eichenholz, Höhe 2,85 m
- 1990 Mahnmal für das jüdische Mädchen Betty Reis, Eichenholz
- 1995 Vertikaler Einfall II, Eichenholz
- 2000 offering/Opferung, Eichenholz/Bronze
- 2001 Poem des Tanzes, Bronzeabgruß vom Holz
- 2002 Pforte, Eichenholz
- 2003 Zwischen, Eichenholz
Standorte freie Arbeiten / Auswahl
- Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin
- Marianne-Brandt-Haus, Heinrich-Beck-Str.22, Chemnitz
- Neue Synagoge, Chemnitz
- Betty-Reis-Gesamtschule, Wassenbergen
- Schloss Oberhausen, Oberhausen (Ruhr) (Abriss 2019)
- Ludwig-Museum, Museum of Contemporary Art Budapest (Ungarn)
Baugebundene Arbeiten / Auswahl
- 1968 Wandgestaltung Fichtelberg-Haus, Oberwiesenthal
- 1971 Sichtbeton (Form vom Holz), Karl-Marx-Stadt
- 1979 Plastik Strandburg im Hotel, Palasthotel Berlin (Abriss 2000)
- 1982–83 Altarwand (Betonstruktur) und Bauplastik (Kruzifix) in Mooreicheholz, Bonhoeffer-Gemeindezentrum Karl-Marx-Stadt
- 1988 „Schwemmholz“, Ferienheim Baabe
- 1989 Gestaltung der Gaststätte Almas in Irkutsk (Russland)
- 1989 „Balkenwerk“ Ferienheim Schöneck/Vogtland
- 1995 Wandgestaltung, Mensa der Bergakademie Freiberg, mit Clauss Dietel
- 2001 Bauplastische Arbeit, Hotel Mercure Kongress Chemnitz
Arbeiten als Formgestalter
- 1950 Schaukelwagen
- 1950 Hand- und Marionettenpuppen (Diplom)
Ausstellungen / Auswahl
- 1973 Galerie Zecheta, Warschau; Galerie Oben, Karl-Marx-Stadt
- 1976 Art-Museum, Tampere/Finnland (mit Dr. Thea Reichart)
- 1977 VIII. Kunstausstellung der DDR, Dresden (Beteiligung)
- 1978 II. Quadriennale des Kunsthandwerks sozialistischer Länder, Erfurt (Beteiligung)
- 1980 Galerie am Domhof, Zwickau (mit Michael Morgner)
- 1983 IX. Kunstausstellung der DDR, Dresden (Beteiligung)
- 1985 Galerie unter den Linden, Berlin (mit Gregor Kozik); Neuer deutscher Kunstverein, Berlin/West (mit Morgner, Ranft, Kozik, Teubner); Galerie Hohenluftchausee, Hamburg
- 1985 Holzsymposium Bermsgrün, mit Marielies Riebesel, Manfred Schindler, Gerhard Gampfer, Gunter Beier, Jörg Beier, Gerd Kaden
- 1986 „Durchblick II“, Ludwig-Institut für Kunst der DDR, Schloß Oberhausen; Ludwig Institut, Aachen
- 1989 centre d´culturelle, Belfort (Frankreich) (mit Gregor Kozik)
- 1989 Galerie Beethovenstraße, Düsseldorf (mit Michael Morgner)
- 1989/90 Barockgarten Kloster Kamp-Lintfort, Kamp-Lintfort
- 2015/16 Deutscher Bundestag / Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Berlin
- 2015/16 Hans Brockhage Retrospektive, Neue Sächsische Galerie, Chemnitz[3]
Sammlungen
- Neue Sächsische Galerie, Chemnitz
- Ludwig-Museum, Museum of Contemporary Art Budapest (Ungarn)
Auszeichnungen und Preise
- 1957 spiel gut der Stadt Ulm für das Spielgerät Schaukelwagen
- 1960 XII Triennale di Milano
- 1976 Kunstpreis der DDR[4]
- 1976 Kunstpreis des FDGB[5]
- 1983 Nationalpreis der DDR III. Klasse für Kunst und Literatur („für seine beispielhaften Leistungen auf dem Gebiet der künstlerischen Holzgestaltung“)[6]
Veröffentlichungen
- Hans Brockhage und Reinhold Lindner: Marianne Brandt. 'Hab ich je an Kunst gedacht'. Chemnitzer Verlag, 2001. ISBN 3-928678-63-9
- Hans Brockhage: Umgang mit Holz. 2004. ISBN 3-00-014404-8
- Hans Brockhage: Schnitzkunst aus dem Glatzer Bergland, Adler- und Altvatergebirge. Schwarzenberg: Eigenverlag, 2005. ISBN 3-00-017472-9
- Hans Brockhage: Signatur 2008. Schwarzenberg: Eigenverlag, 2008. ISBN 978-3-937190-15-0
- Hans Brockhage: Paradies ist Sehnsucht. Mironde-Verlag, 2008. ISBN 978-3-937654-36-2
Weblinks
- Literatur von und über Hans Brockhage im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Hans Brockhage in der Sächsischen Bibliografie
- Hans Brockhage in der ifa-Datenbank
- Literatur von und über Hans Brockhage im Fachkatalog Zeitgenössische Kunst
- Literatur von und über Hans Brockhage in der Sächsischen Bibliographie
- Reportage: Brockhage trifft Wendt
- Werkverzeichnis Hans Brockhage
- Internetseite des Künstlers Hans Brockhage
- Wirtschaftswundermuseum: Der Schaukelwagen von Hans Brockhage. abgerufen am 9. Februar 2022.
Einzelnachweise
- Der Schwarzenberger Kunstpreis, auf schwarzenberg.de, abgerufen am 19. August 2019
- Peter Michel: Ankunft in der Freiheit. Essays gegen den Werteverlust der Zeit, Berlin 2011, S. 179.
- Uwe Rechtenbach: Werkschau erinnert auch an Jalta-Bar, In: Freie Presse, 8. Dezember 2015, S. 12.
- ND vom 27. Mai 1976, S. 4.
- ND vom 28. Juni 1976, S. 4.
- ND vom 8. Oktober 1983, S. 4.