HMS Bellerophon (1865)
Die HMS Bellerophon war ein frühes Panzerschiff der britischen Royal Navy. Das 1865 vom Stapel gelaufene Schiff wurde im März 1866 in Dienst gestellt und im Dezember 1922 verschrottet.
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Beschreibung
Bei diesem von Sir Edward Reed entworfenen Schiff wurde das Verhältnis von Leistung zu Gewicht verbessert. Die Geschützreihen auf der Breitseite wurden durch eine kleine Anzahl zentral platzierter Geschütze mit den seinerzeit größtmöglichen Kalibern ersetzt. Die Panzerung wurde dicker, war aber nicht auf ganzer Schiffslänge gleich stark. Ein scharfer Rammsporn wurde mit der Form eines klassischen Klipperbugs kombiniert.
Zum ersten Mal seit dem Bau der Warrior wurde die grundlegende Konstruktionsmethode des Schiffsentwurfes für den Rumpf eines Panzerschiffs geändert. Die Verwendung von Längsträgern, die dem Rumpf Festigkeit und Widerstandsfähigkeit verleihen sollten, wurde aufgegeben und ein von Nathaniel Barnaby entwickeltes „Konsolenrahmen“-System eingeführt. Dieses System ermöglichte den Einbau eines doppelten Bodens in das Schiff, was sich im Falle einer Beschädigung positiv auf die Überlebenschancen von Mannschaft und Schiff auswirkte. Weiterhin hatte er den Vorteil, dass die Maschine höher angebracht werden konnte, was den Schwerpunkt des gesamten Schiffes anhob und das Schiff so zu einer stabileren Geschützplattform machte. Um Gewicht zu sparen, wurde ein Teil des Rumpfes aus Stahl gefertigt.[1] Die neue Konstruktionsweise bewirkte eine Gewichtseinsparung, sodass 30 Meter des Rumpfes der Bellerophon 1.123 tn.l. (britische Tonnen) entsprechend 1.141 t (metrische Tonnen) wogen. Der Vergleichswert für 30 Meter bei der früher gebauten Black Prince lag bei 1.303 tn.l. (1.324 t).[2]
Im Gegensatz zur Auftriebsverteilung von früheren Klassen und Schlachtschiffen hatten Bug und Heck der Bellerophon ein U-förmiges Profil, was den Auftrieb an den Enden erhöhte.[2] Die Bellerophon besaß das erste Balanceruder in der Royal Navy. Acht Mann konnten das Ruder in etwa 27 Sekunden voll einschlagen,[3] während bei der Warrior vierzig Mann 90 Sekunden für das gleiche Manöver benötigten.[4]
Die Bellerophon war zwischen den Loten 91,44 Meter lang. Sie hatte eine Breite von 17,09 Metern und einen maximalen Tiefgang von 7,52 Metern.[5]
Antrieb
Die Bellerophon verfügte über eine 2-Zylinder-Dampfmaschine von John Penn and Sons, die eine einzelne Schiffsschraube mit 7,2 m Durchmesser[6] antrieb. Acht rechteckige Dampfkessel versorgten die Maschine mit Dampf bei einem Arbeitsdruck von 186 psi (ca. 13 bar). Bei der Probefahrt im August 1864 leistete die Maschine insgesamt 6.521 PS (4.863 kW). Das Schiff erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 14,17 Knoten (26,24 km/h).[7] Die Bellerophon führte 640 tn.l. Kohle als Brennstoffvorrat mit sich. Damit konnte eine Fahrstrecke von 1.500 Seemeilen (2.800 km) mit 8 Knoten (15 km/h)[8] zurückgelegt werden. Der Aktionsradius des Schiffe war bei Nutzung der Segel deutlich größer.
Das Panzerschiff hatte eine Takelung mit einer Segelfläche von 2.211 m². Die Bellerophon war „träge unter Segeln“ und erreichte bei einem mäßigen Sturm lediglich eine Geschwindigkeit von 10 Knoten (19 km/h).[9] Die Schiffsschraube konnte zur Verringerung des Wasserwiderstandes unter Segeln abgekoppelt werden und frei laufen.[10]
Bewaffnung
Die Erstbewaffung mit Schiffsartillerie war im Jahr 1866 abgeschlossen und bestand hauptsächlich aus Vorderladergeschützen. 1885 wurde die Geschützausstattung modernisiert und komplett auf Hinterlader-Geschütze umgerüstet.
- Seitenansicht der Bellerophon; fünf Geschütze der Mittel-Batterie mit hochgezogenener Panzerung.
- Typ: RML 7 inch
22,9-cm-Vorderladerschütz (Rifled Muzzle Loader (RML)) in einem Schiffsdeck eingebaut. - Typ: BL 8 inch
20,3-cm-Hinterladerschütz (Breechloader (BL)).
Bewaffnung ab 1866
Die Bellerophon war das erste britische Panzerschiff, das mit dem Geschütztyp RML 9-inch 12-ton gun ausgestattet wurde. Diese 22,9-cm-Geschütze hatten als Neuerung gezogene Rohre mit Drall. Sie werden in britischer Literatur vorwiegend als ein Typ in der Gruppe der 8-inch-Geschütze erwähnt. Diese zehn 22,9-cm-Geschütze waren auf dem Hauptdeck montiert, jeweils fünf als Mittel-Batterie auf jeder Seite. Fünf 17,8-cm-Vorderlader-Geschütze des Typs RML 7 inch 7 ton gun, wurden als weitere Geschütze montiert. Diese Geschütze deckten Bereiche ab, die mit den Geschützen der Mittel-Batterie nicht erreicht werden konnten. Jeweils zwei waren vorn und achtern auf dem Hauptdeck montiert; ein fünftes Geschütz dieses Typs war auf dem Achterdeck untergebracht. Weiterhin war das Schiff mit vier 7,62-cm-Hinterlader-Kanonen des Typs RBL 12-pounder 8 cwt Armstrong gun ausgerüstet. Diese, auch als 12-Pfünder-Armstrong-Kanonen bekannten Geschütze, wurden bei Bedarf gelegentlich als Salutkanonen eingesetzt.[11]
Die Granaten der 22,9-cm-Geschütze wogen 115,2 kg, während ein Geschütz selbst 12 Tonnen wog. Mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 430 Meter pro Sekunde (m/s) und waren sie in der Lage, Schmiedeeisenpanzerungen bis zu einer Stärke von 287 mm zu durchschlagen. Die 17,8-cm-Geschütze wogen 6,6 Tonnen und verschossen 50,8-kg-Granaten. Sie waren in der Lage, Panzerungen bis zur Dicke von 96 mm zu durchschlagen.[12]
Bewaffnung ab 1885
Als das Schiff 1881–1885[9] umgerüstet wurde, war es das einzige britische Panzerschiff, bei dem die gesamte Vorderladerbewaffnung durch Hinterlader ersetzt wurde. Die Bellerophon erhielt für die Mittelbatterie zehn Stück der neu entwickelten, dritten Generation (MK III) des Hinterlader-Typs BL 8-inch-gun. Diese 22,9-cm-Geschütze werden in britischer Literatur vorwiegend als ein Typ in der Gruppe der 8-inch-Geschütze erwähnt. Die neuen 22,9-cm-Geschütze waren etwa 2,1 m länger als die ursprünglichen 20,3-cm-Geschütze. Die Zentralbatterie erwies sich als zu klein für den effektiven Einsatz dieser Geschütze.[11]
Vier 15,2-cm-Geschütze des Typs BL 6 inch guns Mk II installierte man vorn und achtern als Kanonen zur Verfolgung und Verteidigung. Diese 15,2-cm-Geschütze sind in britischer Literatur auch unter der Bezeichnung 6-in 5-ton B.L.R. bekannt. Die vorderen Geschütze wurden in neuen Schießscharten im Vorschiff auf dem Oberdeck montiert, da die ursprünglichen Geschütze zu niedrig positioniert waren und bei hohem Seegang leicht überspült werden konnten.
Weiterhin wurden zur Abwehr von Torpedobooten[13] sechs 10,2-cm-Hinterladerkanonen des Typs BL 4-inch Mk II 26 cwt 27 calibres sowie vier 5,7-cm-Kanonen des Typs Ordnance QF-6-Pfünder Hotchkiss und 12 Maschinengewehre eingebaut.[11] Das Schiff erhielt außerdem zwei Whitehead-Torpedowerfer mit 40,6 cm Durchmesser, die auf dem Hauptdeck außerhalb der Panzerbatterie untergebracht waren.
Panzerung
Die Bellerophon hatte einen kompletten Wasserliniengürtel aus Schmiedeeisen, der mittschiffs 152 mm dick war und sich am Bug und Heck auf 127 mm verjüngte. Von der Höhe des Hauptdecks reichte er bis 1,8 m unter die Wasserlinie. Die Zentralbatterie wurde durch eine 152-mm-Panzerung geschützt, die 29,9 m[8][14] lang war und an jedem Ende ein 127-mm-Querschott besaß. Die vorderen Geschütze waren durch eine Panzerung von 114 mm geschützt. Das Oberdeck war über der Batterie 125 mm und das Hauptdeck 13 mm dick. Die Panzerung war auf einer 200–250 mm starken Unterlage aus Teakholz aufgebracht und die Außenhaut des Schiffes war 38 mm dick. Das Gesamtgewicht der Panzerung betrug 1.111 t.[8]
Dienst
Die Bellerophon wurde in Chatham in Dienst gestellt und diente bis 1871 in der Kanalflotte. Beim Auslaufen aus Belfast Lough wurde sie 1868 von der Minotaur gerammt, erlitt aber nur minimale Schäden. Das Schiff diente von 1871 bis 1872 in der Mittelmeerflotte und wurde dann zur Überholung abgezogen, wo sie ein Poopdeck erhielt. 1873 löste die Bellerophon die Royal Alfred als Flaggschiff auf der Nordamerikastation ab.[15] Am 24. November 1873 kollidierte die Bellerophon mit dem Dampfer Flamsteed der Liverpool, Brazil and River Plate Steam Navigation Company, der daraufhin sank. Alle an Bord der Flamsteed befindlichen Personen wurden von dem portugiesischen Schiff Blimani gerettet.[16] Während ihrer Zeit in Nordamerika erhielt Bellerophon eine Umfassende Überholung, bei der sowohl die Kessel als auch die Bewaffnung erneuert wurden, bis sie schließlich 1892 in Plymouth ausgemustert wurde. 1903 wurde sie als Hafenwache in Pembroke wieder in Dienst gestellt. Ein weiteres Jahr später wurde die Bellerophon zu einem Ausbildungsschiff für Heizer umgebaut und in Indus III umbenannt. Das Schiff wurde am 12. Dezember 1922 an P. und W. McLellan zum Verschrotten verkauft, wo es im März 1923 in Bo’ness eintraf.[15]
Literatur
- G. A. Ballard: The black battle fleet. Naval Institute Press, Annapolis 1980, ISBN 0-87021-924-3 (englisch).
- David K. Brown: Warrior to Dreadnought. Warship Development 1860-1905. Caxton Editions, London 2003, ISBN 1-84067-529-2 (englisch, Neuauflage der Ausgabe von 1997).
- Robert Gardiner (Hrsg.): Conway’s All the World’s Fighting Ships 1860–1905. Conway Maritime Press, Greenwich 1979, ISBN 0-8317-0302-4 (englisch).
- Oscar Parkes: British Battleships. Naval Institute Press, Annapolis 1990, ISBN 1-55750-075-4 (englisch, Neuauflage der Ausgabe von 1957).
- E. J. Reed: Our Iron-clad Ships. London 1869 (englisch, archive.org).
- Paul H. Silverstone: Directory of the World´s Capital Ships. Hippocrene Books, New York 1984, ISBN 0-88254-979-0 (englisch).
Weblinks
Fußnoten
- Brown: Warrior to Dreadnought. S. 30.
- Parkes: British Battleships. S. 103.
- Parkes: British Battleships. S. 104.
- Parkes: British Battleships. S. 20.
- Gardiner: Conway’s All The World’s Fighting Ships S. 14
- Ballard: The Black Battlefleet. S. 246.
- Ballard: The Black Battlefleet. S. 246f.
- Parkes: British Battleships. S. 102.
- Parkes: British Battleships. S. 106.
- Ballard: The Black Battlefleet. S. 67.
- Ballard: The Black Battlefleet. S. 66.
- Gardiner: Conway’s All The World’s Fighting Ships. S. 6.
- Parkes: British Battleships. S. 105.
- Ballard: The Black Battlefleet. S. 65.
- Ballard: The Black Battlefleet. S. 67–69.
- Latest Shipping Intelligence. In: The Times. Nr. 27866. London 6. Dezember 1876, S. 7.