Gustav-Adolf-Kirche (Berlin)
Die Gustav-Adolf-Kirche ist ein von Otto Bartning entworfenes Kirchengebäude im Berliner Ortsteil Charlottenburg. Sie ist nach dem protestantischen König Gustav II. Adolf von Schweden benannt.
Geschichte
Die 1915 selbstständig gewordene Gustav-Adolf-Gemeinde im nördlichen Charlottenburg hatte zunächst kein eigenes Kirchengebäude. Schließlich wurde 1924 ein Architekturwettbewerb für einen Bauplatz direkt am heutigen Mierendorffplatz durchgeführt, der über 100 eingesandte Entwürfe erbrachte. Keiner der prämierten Entwürfe konnte realisiert werden, da aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens und geänderter Stadtplanung der Bauplatz durch die Stadt nicht mehr zur Verfügung gestellt werden konnte. Ende der 1920er Jahre kaufte die Gemeinde ein Eckgrundstück südlich des Bahnhofs Jungfernheide und beauftragte den damals schon bekannten Kirchenbaumeister Otto Bartning mit der Planung der Kirche. 1929 wurde Bartning vom Gemeindekirchenrat beauftragt, eine Kirche mit 1200 Plätzen zu bauen. Die Baukosten beliefen sich auf 396.000 Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 1,86 Millionen Euro), dazu kamen noch 35.000 Mark für die Orgel und die Glocken, 1932 war die Grundsteinlegung und nach zwei Jahren Bauzeit konnte die Kirche im September 1934 eingeweiht werden. 1942 mussten die drei großen Glocken abgeliefert werden, die kleine Glocke läutete bis 1962.
Nach schweren Schäden im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche mit Hilfe von Spendengeldern unter der Leitung von Otto Bartning von 1950 bis 1951 provisorisch wieder aufgebaut. Dabei zeigte sich, dass die tragenden Betonjoche die Zerstörung und das Feuer unversehrt überstanden hatten. 1957 wurde die Gustav-Adolf-Kirche unter Denkmalschutz gestellt. Von 1962 bis 1963 wurde die Kirche dann etwas vereinfacht, aber möglichst originalgetreu wieder hergerichtet. 1964 kamen die neu gegossenen Glocken in den Turm. 1972 wurde die Orgel von Detlef Kleuker eingeweiht, die aus Erlösen aus Kirchkonzerten und Spenden aus der Gemeinde finanziert wurde.
Die Kirche sowie das angrenzende Gemeinde- und Schwesternhaus stehen heute, wie fast alle noch erhaltenen Bauwerke von Otto Bartning, unter Denkmalschutz.
Bis Ende Oktober jeden Jahres ist die Kirche donnerstags von 15 bis 18 Uhr für Besichtigungen geöffnet.
Architektur
Die Gustav-Adolf-Kirche ist im Stil der Neuen Sachlichkeit erbaut. Der 47 Meter hohe Glockenturm befindet sich an der Südostseite des Grundstücks, direkt an der Straßenkreuzung. Vom Turm aus breitet sich der Grundriss der Kirche fächerartig aus. Tragende Pfeiler und Joche aus Stahlbeton gehen vom Turm aus und fallen zu den Seiten hin ab. Das ausfüllende Mauerwerk besteht aus gelblichen Klinkern. Im Inneren dominieren bunt glasierte Ziegel und große Fensterflächen aus in Blei gefasstem Glas in warmen Farbtönen. Der Altar befindet sich direkt am Fuße des Turms, gegenüber ist eine Empore und die 1972 errichtete Orgel. Der Innenraum ist 19 Meter hoch und wirkt sehr weiträumig, insgesamt hat Otto Bartning die Kirche für 1150 Plätze geplant.
Die seitlichen Ausläufer des Kirchenschiffs flankieren zwei dreigeschossige Gemeindehäuser, zwischen ihnen und der Kirche ist die Zufahrt zum Haupteingang der Kirche. Ein ursprünglich geplanter großer Saal als Verbindung zwischen diesen beiden Flügelbauten wurde aus finanziellen Gründen nie umgesetzt.
Orgel
Detlef Kleuker baute 1971/1972 die Orgel. Sie hat eine mechanische Ton- und eine elektrische Registertraktur. Das Instrument verfügt über 41 Register, die auf drei Manuale und Pedal verteilt sind. Der Prospekt nimmt die gesamte Breite der Orgelempore ein. Das schwellbare Brustwerk befindet sich über dem Spieltisch hinter sieben Holzjalousien. Darüber sind Hauptwerk und Positiv in elf hochrechteckigen Kästen mit flachen Pfeifenfeldern angebracht. Sie sind W-förmig angeordnet und bis auf das mittlere Feld zweigeteilt. Das Pedalwerk ist hinterständig aufgestellt. Die Disposition ist neobarock geprägt und lautet wie folgt:[1]
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- Koppeln: I/II, III/II, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: 6 Generalsetzer
Glocken
Im Turm hängen vier Bronzeglocken, die 1964 von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker gegossen wurden.[2]
Schlagton | Gewicht (kg) | Durchmesser (cm) | Höhe (cm) | Krone (cm) | Inschrift |
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cis' | 1722 | 145 | 130 | 19 | DEIN WILLE GESCHEHE. |
e' | 1091 | 122 | 104 | 19 | FRIEDE SEI MIT EUCH. |
fis' | 724 | 108 | 87 | 17 | WIR WARTEN EINES NEUEN HIMMELS UND EINER NEUEN ERDE + |
a' | 508 | 95 | 79 | 16 | DER HERR IST AUFERSTANDEN + |
Evangelische Kirchengemeinde
Die Gustav-Adolf-Kirche und die beiden auf dem Gelände stehenden Häuser werden von der Evangelischen Kirchengemeinde Gustav-Adolf Berlin genutzt, einer von 19 evangelischen Kirchengemeinden im Kirchenkreis Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Kirchengemeinde ist zudem Träger einer Kindertagesstätte direkt neben dem Bahnhof Jungfernheide. In der Gustav-Adolf-Kirche finden regelmäßig Gottesdienste statt sowie Andachten, Konzerte und andere Veranstaltungen.
Literatur
- Daniel Krencker: Der Wettbewerb um einen Kirchenneubau der Gustav-Adolf-Gemeinde in Charlottenburg. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Jg. 45 (1925), Nr. 16, urn:nbn:de:kobv:109-opus-57774, S. 181–186
- Gemeindekirchenrat der Evangelischen Gustav-Adolf-Gemeinde (Hrsg.): Die Gustav-Adolf-Kirche in Berlin-Charlottenburg. (PDF; 2,9 MB) Berlin 1999 (Festschrift zum 65. Jahrestag der Kircheneinweihung)
- Ev. Gustav-Adolf-Kirchengemeinde mit der Otto Bartning-Arbeitsgemeinschaft Kirchenbau (OBAK) (Hrsg.): Die Gustav-Adolf-Kirche in Berlin-Charlottenburg und ihr Architekt Otto Bartning: Festschrift zum 75. Jahrestag der Einweihung. Balthasar-Verlag, Gifhorn 2009, ISBN 978-3-937134-51-2.
- Ulrike Nierste: Expressionismus und Neue Sachlichkeit: Die Gustav-Adolf-Kirche von Otto Bartning und der Kirchenbau in der Weimarer Republik, Berlin 2010 (FU-Objekt-Datenbank)
- Klaus-Martin Bresgott: Gustav-Adolf-Kirche Berlin-Charlottenburg, in: ders.: Neue Sakrale Räume. 100 Kirchen der Klassischen Moderne. Zürich 2019. S. 180f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Eintrag in Orgel Databank, abgerufen am 27. Juli 2019.
- Klaus-Dieter Wille: Die Glocken von Berlin (West). Geschichte und Inventar. Gebr. Mann, Berlin 1987, ISBN 3-7861-1443-9.