Großsteingräber bei Schadewohl
Die Großsteingräber bei Schadewohl waren ursprünglich fünf oder sechs megalithische Grabanlagen der jungsteinzeitlichen Tiefstichkeramikkultur bei Schadewohl, einem Ortsteil der Gemeinde Diesdorf im Altmarkkreis Salzwedel, Sachsen-Anhalt. Heute existieren nur noch drei Gräber, zwei weitere wurden im 19. Jahrhundert zerstört. Der Flurname „Steinberge“ deutet auf mindestens ein weiteres zerstörtes Grab hin.
Großsteingräber bei Schadewohl | |||
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Großsteingrab Schadewohl 1 | |||
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Koordinaten | Schadewohl 1 , Schadewohl 2 , Schadewohl 3 | ||
Ort | Diesdorf, Sachsen-Anhalt, Deutschland | ||
Entstehung | 3700 bis 3350 v. Chr. |
Lage
Die drei Gräber liegen etwa 1,5 km südwestlich des Ortszentrums von Schadewohl auf einem Feld. Grab 1 ist die westlichste Anlage, Grab 2 liegt 400 m ostsüdöstlich hiervon und Grab 3 weitere 320 m südöstlich. Das zerstörte Grab 4 lag an der Grenze nach Diesdorf und Grab 5 200 m östlich von Grab 4. In der näheren Umgebung existieren noch mehrere weitere Großsteingräber: 1,1 km südöstlich schließen sich die Großsteingräber bei Diesdorf an, 2,7 km südöstlich das Großsteingrab Molmke.
Forschungsgeschichte
Die Gräber wurden erstmals 1843 durch Johann Friedrich Danneil beschrieben. Eduard Krause und Otto Schoetensack stellten Anfang der 1890er Jahre bei einer erneuten Aufnahme der Großsteingräber der Altmark fest, dass nur noch drei Gräber erhalten waren. Die restlichen Anlagen waren in der Zwischenzeit zerstört worden. 2003–04 erfolgte eine weitere Aufnahme und Vermessung aller noch existierenden Großsteingräber der Altmark als Gemeinschaftsprojekt des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, des Johann-Friedrich-Danneil-Museums Salzwedel und des Vereins „Junge Archäologen der Altmark“.[1]
Beschreibung
Grab 1
Grab 1 gehört zum Typ der Großdolmen. Eine Hügelschüttung lässt sich nicht ausmachen, eine Grabeinfassung ist heute nicht mehr vorhanden. Die Grabkammer ist nordwest-südöstlich orientiert. Sie besteht heute noch aus zehn Wandsteinen und vier Decksteinen, weitere Steine fehlen mittlerweile. Der größte Deckstein misst 2,7 m × 0,8 m × 0,7 m. Der westlichste Deckstein weist eine tiefe Rinne auf. Der nächste Deckstein besitzt drei Schälchen. Die Wandsteine sind teilweise zerbrochen. Die Kammer ist trapezförmig, hat eine Länge von 8,0 m und einer Breite zwischen 1,4 m und 2,0 m.[2]
Grab 2
Grab 2 gehört ebenfalls zum hier nicht sehr verbreiteten Typ der Großdolmen. Auch bei dieser Anlage lässt sich keine Hügelschüttung ausmachen. Ebenso fehlt eine Grabhügeleinfassung, möglicherweise war sie nie vorhanden. Die Grabkammer ist nordwest-südöstlich orientiert. Sie besteht heute noch aus neun Tragsteinen und zwei Decksteinen. Die ursprünglichen Maße der Decksteine betrugen 3,2 m × 1,6 m bzw. 2,5 m × 1,4 m. Der westliche Stein ist allerdings bereits in drei Teile zerbrochen und der östliche weist einen tiefen Spalt auf. Beide Decksteine besitzen Schälchen. Die Kammer ist rechteckig und besitzt die Innenmaße 5,7 m × 1,5 m, ihre Höhe beträgt 1,2 m.[3]
Grab 3
Auch Grab 3 gehört zum Typ der Großdolmen. Die Hügelschüttung ist oval, eine Grabeinfassung ist nicht vorhanden. Die Grabkammer ist nordwest-südöstlich orientiert. Sie bestand ursprünglich aus wahrscheinlich acht Wandsteinen, von denen sich noch sieben erhalten haben sowie drei oder vier Decksteinen, von denen noch zwei erhalten sind. Einer der Decksteine ist in die Kammer gestützt, der andere liegt außerhalb. Die beiden Steine messen 2,4 m × mindestens 1,0 m × 0,8 m bzw. 2,5 m × 1,2 m. Die Kammer ist rechteckig und besitzt die Innenmaße 4,7 m × 2,0 m.[4]
Grab 4
Grab 4 hatte eine Länge von 8,8 m und eine Breite von 4,7 m. Es war west-östlich orientiert und besaß eine Grabkammer mit drei Decksteinen; es muss sich also um einen Großdolmen oder ein Ganggrab gehandelt haben. Es war bei Johann Friedrich Danneils Untersuchung in den 1830er Jahren noch gut erhalten, wurde aber in den 1850er Jahren komplett abgetragen.
Grab 5
Grab 5 besaß eine Grabkammer die 4 m lang und fast ebenso breit war. Sie besaß einen einzelnen großen Deckstein. Über die Zahl der Wandsteine liegen keine Angaben vor, die Größe der Kammer macht es aber wahrscheinlich, dass es sich um einen Polygonaldolmen gehandelt hat. Diese Grabform ist der Altmark selten und sonst nur noch durch zwei zerstörte Großsteingräber bei Wallstawe und das erhaltene Großsteingrab Lüdelsen 1 bezeugt.
Die Großsteingräber bei Schadewohl in regionalen Sagen
Eine regionale Sage berichtet von Riesen, die an ihren Füßen sieben Zehen hatten. Bei den Schälchen auf den Steinen der Schadewohler Großsteingräber soll es sich um die Abdrücke solcher Riesenzehen handeln.[5]
Siehe auch
Literatur
- Hans-Jürgen Beier: Die megalithischen, submegalithischen und pseudomegalithischen Bauten sowie die Menhire zwischen Ostsee und Thüringer Wald (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. 1, ZDB-ID 916540-x). Beier und Beran, Wilkau-Haßlau 1991, S. 58, (Zugleich: Halle, Universität, Habilitations-Schrift, 1991: Die megalithischen, submegalithischen und pseudomegalithischen Bauten sowie die Menhire in den fünf neuen ostdeutschen Bundesländern (ehemals DDR). Eine Bestandsaufnahme.).
- Josef Beranek: Sagen aus dem Kreis Salzwedel (= Salzwedeler Heimathefte. 1, ZDB-ID 1157858-0). Teil 1. 2. Auflage. Rat des Kreises Salzwedel – Abteilung Volksbildung, Salzwedel 1956, S. 3.
- Josef Beranek: Sagen aus dem Kreis Salzwedel. Teil 2: Von Riesen und Zwergen (= Salzwedeler Heimathefte. 6). Rat des Kreises Salzwedel – Abteilung Volksbildung, Salzwedel 1957, S. 2.
- Wilhelm Blasius: Die megalithischen Grabdenkmäler im westlichen Theile des Kreises Salzwedel in der Altmark. In: 13. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig für die Vereinsjahre 1901/1902 und 1902/1903. 1904, S. 54 (Online).
- Wilhelm Blasius: Führer zu den megalithischen Grabdenkmälern im westlichen Teile des Kreises Salzwedel. In: Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie. 31, Heft 2, 1904, S. 100, (PDF; 8,1 MB).
- Hartmut Bock, Barbara Fritsch, Lothar Mittag: Großsteingräber der Altmark. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Saale) 2006, ISBN 3-939414-03-4, S. 141–147.
- Johann Friedrich Danneil: Specielle Nachweisung der Hünengräber in der Altmark. In: Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie. 6, 1843, S. 86–122, hier S. 100, (PDF; 5,5 MB).
- Hans-Ulrich Kelch: Geheimnisvolle Näpfchen. In: Hartmut Bock (Hrsg.): Städte – Dörfer – Friedhöfe. Vom Hochmittelalter bis zur Neuzeit (= Archäologie in der Altmark. 2 = Beiträge zur Kulturgeschichte der Altmark und ihrer Randgebiete. 8 = Mittelland-Bücherei. 27). Ziethen, Oschersleben 2002, ISBN 3-935358-36-9, S. 458–469.
- Eduard Krause, Otto Schoetensack: Die megalithischen Gräber (Steinkammergräber) Deutschlands. I. Altmark. In: Zeitschrift für Ethnologie. Band 25, 1893, S. 143–144/Nr. 57–59, Taf. VI/57–59, VII/57–59, IX/57, (PDF; 39,0 MB).
- Britta Schulze-Thulin: Großsteingräber und Menhire. Sachsen-Anhalt • Thüringen • Sachsen. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2007, ISBN 978-3-89812-428-7, S. 41.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hartmut Bock, Barbara Fritsch, Lothar Mittag: Großsteingräber der Altmark. 2006, S. 11.
- Hartmut Bock, Barbara Fritsch, Lothar Mittag: Großsteingräber der Altmark. 2006, S. 141
- Hartmut Bock, Barbara Fritsch, Lothar Mittag: Großsteingräber der Altmark. 2006, S. 143
- Hartmut Bock, Barbara Fritsch, Lothar Mittag: Großsteingräber der Altmark. 2006, S. 146
- Hartmut Bock, Barbara Fritsch, Lothar Mittag: Großsteingräber der Altmark. 2006, S. 144