Große Marienkirche (Lippstadt)

Die evangelische Große Marienkirche i​st ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude i​n Lippstadt.

Vorderansicht
Große Marienkirche
Beleuchteter Turm

Geschichte

Vermutlich w​urde um 1205, k​urz nach d​er Stadtgründung[1] m​it dem Bau e​iner kreuzförmigen Basilika begonnen. Ein Balken i​m Flankenturm a​n der Nordseite stammt n​ach einer dendrochronologischen Untersuchung a​us der Zeit u​m 1200. Die Bauabschnitte i​m Osten s​ind wohl u​nter dem Einfluss d​es Stadtgründers Graf Bernhard II. errichtet worden. Das Vierungsgewölbe n​ach dem Vorbild d​er angevinischen Gotik i​st eines d​er beiden ersten Beispiele dieser Bauart i​n Westfalen. Einige Zeit später erfolgte d​er Umbau d​es Langhauses z​ur münsterländischen Stufenhalle. Zu d​en beiden vorhandenen Osttürmen w​urde ein zusätzlicher i​m Westen angebaut. Der Bau w​ar um 1250 beendet. Der spätgotische Hallenchor w​urde von 1478 b​is 1506 angelegt. Die Barockhaube d​es Westturmes, d​er in d​er zweiten Hälfte d​es 13. Jahrhunderts vollendet wurde[1], stammt a​us dem Jahr 1684.[2] Der Bau d​er Kapelle, d​er Sakristei u​nd des Hallenumgangschores w​urde nach Bezeichnungen 1478 vollendet. Bei d​er Renovierung v​on 1964 b​is 1972 wurden d​ie Fußböden i​m Chorumgang u​nd im Langhaus a​uf das ursprüngliche Niveau abgesenkt; Gewölbe- u​nd Wandmalereien d​es 16. Jahrhunderts[3] wurden aufgedeckt. Eine erneute Restaurierung erfolgte v​on 1992 b​is 1997. Der geschlämmte, vielteilige Bau a​us Bruchstein i​st mit Werkstein gegliedert. Die glatten Langhauswände s​ind an d​er Nordseite d​urch vier rundbogige, a​n der Südseite d​urch drei hohe, spitzbogige Fenster m​it Fischblasenmaßwerk gegliedert. Die Fronten d​es Querhauses s​ind aufwendig gegliedert.

Ausstattung

  • Ein spätgotisches Sakramentshäuschen von 1256 ist das Werk eines Meisters aus Münster.
  • Spätgotische Wandmalereien aus der Zeit um 1250 sind im Zwischenchor erhalten; es sind die Hl. Katharina und der Tod von Maria dargestellt.
  • Zwei Wächterfiguren eines Heiligen Grabes aus der Zeit um 1250 befinden sich im nördlichen Seitenschiff.
  • Der barocke Hochaltar aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.[4] Das dreistöckige Säulenretabel ist eine Arbeit von Ernst Romberg; Diederich Epping stiftete es. Es ist mit 1663 bezeichnet.[5]
  • Zwei gotische Leuchterengel sind an den Säulen zum Vorchor befestigt; ursprünglich gehörten sie wohl zu einem Flügelaltar im Stil der Gotik, der heute in der Pfarrkirche in Hohenbudberg steht.[6]
  • In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Chorgestühl angefertigt; es besteht aus zwei Reihen mit insgesamt 19 Sitzen. Die Wangen und Zwickel sind reich verziert.[7]
  • Acht Gemälde befassen sich mit dem Thema Letztes Abendmahl und Erlösung; sie zeigen das Dargestellte in typischer protestantischer Art durch Beschriftung.[5]
  • Zwei Glasfenster des Künstlers Markus Lüpertz wurden im November 2017 im Westen der Kirche eingebaut. Es handelt sich um eine Ergänzung des bei Sanierungsarbeiten in den 1970er Jahren teilzerstörten Luther-Fensters aus dem Jahre 1883 sowie ein neu geschaffenes Fenster anlässlich des Jubiläums 500 Jahre Reformation. Das Reformationsfenster zeigt eine abstrakte Person und soll den Reformator in jedermann symbolisieren. Das Fenster ist mit der Liedzeile „Der Himmel geht über allen auf“ von Wilhelm Willms[8] untertitelt. Die Fenster wurden am 12. November 2017 der Gemeinde offiziell vorgestellt.

Orgel

Die Orgel w​urde 1977 v​on dem Orgelbauer Paul Ott erbaut u​nd in d​en Jahren 1996/1997 v​on der Karl Schuke Berliner Orgelbauwerkstatt umfassend überarbeitet. Das Schleifladen-Instrument h​at 47 Register a​uf drei Manualen u​nd Pedal. Die Spieltrakturen s​ind mechanisch, d​ie Registertrakturen s​ind elektrisch.[9]

I Rückpositiv C–
1.Holzgedackt8′
2.Quintade8′
3.Praestant4′
4.Rohrflöte4′
5.Oktave2′
6.Quinte113
7.Scharff IV-V
8.Dulzian16′
9.Krummhorn8′
Tremulant
II Hauptwerk C–
10.Quintade16′
11.Prinzipal8′
12.Holzflöte8′
13.Oktave4′
14.Koppelflöte4′
15.Quinte223
16.Oktave2′
17.Mixtur V-VII
18.Zimbel III
19.Trompete16′
20.Trompete8′

Hochdruckregister
21.Span. Trompete8′
III Schwellwerk C–
22.Rohrflöte8′
23.Viola da gamba8′
24.Schwebung8′
25.Prinzipal4′
26.Spitzflöte4′
27.Nasat223
28.Waldflöte2′
29.Terz135
30.Quintflöte113
31.Oktave1′
32.Mixtur V2′
33.Fagott16′
34.Oboe8′
35.Schalmey4′
Tremulant
Pedalwerk C–
36.Prinzipal16′
37.Subbaß16′
38.Oktave8′
39.Gemshorn8′
40.Oktave4′
41.Holzflöte4′
42.Nachthorn2′
43.Rauschpfeife II
44.Mixtur V
45.Posaune16′
46.Trompete8′
47.Clarine4′
  • Koppeln: I/II, III/II, I/P, II/P, III/P

Glocken

Das Geläut besteht a​us sieben Bronzeglocken u​nd gehört z​u den bedeutendsten Geläuten i​n Westfalen:

Nr. Name Gussjahr Gießer Masse
(kg)
Durchmesser
(mm)
Nominal
1 Bürgerglocke 1640 Antonius Paris und Claudius Lamiralle 2.440 1.600 h0 =0
2 Große Marienglocke 1417 unbekannt 2.340 1.475 dis1 +4
3 Bet- und Totenglocke 1640 Antonius Paris und Claudius Lamiralle 1.223 1.262 d1 +3
4 Kleine Marienglocke 1530 Meister Hartleif 0.660 1.090 e1 +2,5
5 Christusglocke 1992 Glockengießerei Rincker in Sinn 0.135 0.573 fis2 +3
6 Armesünderglocke 1496 Yohartwich de Lippia 00.88 0.515 gis2 +4
7 Kleinste Marienglocke 1992 Glockengießerei Rincker in Sinn 00.75 0.471 gis3

Die Kleinste Marienglocke i​st der Nachguss e​iner Glocke, d​ie ursprünglich a​us dem 13. Jahrhundert stammte.[10]

Literatur

  • Helmut Klockow: Die Große Marienkirche zu Lippstadt (Westfälische Kunststätten, Heft 31). Münster 1984.
  • Reclams Kunstführer, Band III, Rheinlande und Westfalen, Baudenkmäler. 1975, ISBN 3-15-008401-6.
  • Georg Dehio, unter wissenschaftlicher Leitung von Ursula Quednau: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Nordrhein-Westfalen II Westfalen. Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2011, ISBN 978-3-422-03114-2.

Einzelnachweise

  1. Georg Dehio, unter wissenschaftlicher Leitung von Ursula Quednau: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Nordrhein-Westfalen II, Westfalen. Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2011, ISBN 978-3-422-03114-2, S. 579.
  2. Reclams Kunstführer, Band III, Rheinlande und Westfalen, Baudenkmäler. 1975, ISBN 3-15-008401-6.
  3. Malereien in den Gewölben (Memento des Originals vom 27. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.evangelisch-in-lippstadt.de
  4. Reclams Kunstführer, Band III, Rheinlande und Westfalen, Baudenkmäler. 1975, ISBN 3-15-008401-6, S. 464.
  5. Georg Dehio, unter wissenschaftlicher Leitung von Ursula Quednau: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Nordrhein-Westfalen II Westfalen. Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2011, ISBN 978-3-422-03114-2, S. 582.
  6. Leuchterengel
  7. Gestühl
  8. nova GmbH: Der Himmel geht über alle auf (07.02.2016) • SWR2 Lied zum Sonntag. Abgerufen am 23. Juli 2021.
  9. Informationen zur Orgel@1@2Vorlage:Toter Link/www.evangelisch-in-lippstadt.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Läuteordnung der Marienkirche
Commons: Marienkirche Lippstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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