Gotländische Bildsteine

Gotländische Bildsteine (schwedisch: bildstenar oder billedstenar) ist die Bezeichnung für hohe Steine mit bildlichen Darstellungen auf Gotland in Schweden aus dem 5. bis 14. Jahrhundert. Bisher sind 442 Bildsteine bekannt, einige wenige davon in benachbarten Regionen (Öland, Kurland).

Stein von Hunninge
Stein von Tjängvide
Stein von Vallstenarum

Beschreibung

Die Steine sind zwischen etwa 50 und 350 Zentimeter hoch. Sie sind mit figürlichen und schematisierten Darstellungen und mit teilweise reichhaltigen Ornamenten versehen. Einige Darstellungen sind inzwischen völlig verwittert und nicht mehr zu erkennen. Einige Steine wurden noch an ihren ursprünglichen Standorten entdeckt, andere befanden sich in mittelalterlichen Kirchen oder waren anderweitig verwendet worden.

Vorgeschichte

Der Ausgangspunkt d​er Bildsteine i​st nicht z​u klären. Die einheimische Steintradition u​nd Impulse a​us Kontinentaleuropa könnten e​ine Rolle gespielt haben, allerdings spricht a​uch nichts g​egen eine völlig eigenständige Entwicklung, d​ie auf Gotland bereits b​ei den Schiffssetzungen erfolgte. Unter d​en römischen Grabsteinen finden s​ich Parallelen i​n Spanien. Solche zeigen a​uch einzelne Bildritzungen i​m Mälargebiet, v​or allem d​er Stein v​on Häggeby, (U664) i​n Uppland, m​it der Darstellung e​ines Ruderschiffes u​nd einer Hengsthatz.

In Mitteleuropa g​ibt es e​ine einzige Parallele z​ur figuralen Darstellung d​er Bildsteine. Der Reiterstein v​on Hornhausen, i​n Sachsen-Anhalt, d​er durch s​ein Tierornament d​em frühen 7. Jahrhundert zugewiesen werden kann, i​st mit e​iner vermutlich gleichzeitigen, uppländischen Darstellung z​u vergleichen. Beide erinnern a​n entsprechende Motive a​uf Gotland. Selbst zeitnahe piktische Bildsteine a​us Schottland weisen Reiterbilder auf, d​ie entfernt a​n gotländische Darstellungen erinnern. Spätgotländische Bildsteine h​aben Ähnlichkeit m​it den figurenreichen festländischen Runenritzungen u​nd die jüngsten Exemplare s​ind selbst Runensteine i​n Form v​on Bildsteinen (G 135 v​on Sjonhem). Dass d​ie Kunst a​uf Gotlands Bildsteinen n​icht einzig dastand, sondern a​uch auf Textil blühte, zeigen d​ie Wandteppiche v​on Överhogdal, i​n Härjedalen (Schweden) m​it zahlreichen figürlichen Darstellungen u​nd in gewisser Weise a​uch der Teppich v​on Oseberg, (Norwegen).

Die Darstellungen finden s​ich auch a​uf den Steinen d​er Grabkisten. Die v​om 6. b​is 12. Jahrhundert n. Chr. vorkommenden Monumente verschwinden i​n der älteren Form m​it der Christianisierung. Diese Monumente wurden a​uf Gotland a​uf heidnischen Friedhöfen u​nd auf d​em Festland (dort vermutlich umgesetzt) a​uch in Kirchen gefunden.

Datierung

Die Datierung d​er ältesten Bildsteine i​ns 5. Jahrhundert w​urde 1979 d​urch die Archäologin Karin Äijä gesichert, d​ie auf d​em Friedhof v​on Uddvide (Barshaldershed) i​m Kirchspiel Grötlingbo e​in Grab entdeckte, i​n dessen Begrenzung e​in bei d​er Bearbeitung zerbrochener Stein eingebaut war. Dieser m​uss mindestens s​o alt w​ie die Grabanlage u​nd die enthaltenen Gegenstände sein. Das Grab enthielt Fibeln a​us dem 5. Jahrhundert.

Typen

Die Typen
  • Typ 1, 400–600 n. Chr.: hohe Steine mit leicht konvexer Oberkante und schwach nach innen gebogenen Seiten, oben axtförmig verbreitert. Die Darstellungen sind ausschließlich geometrisch und ornamental verziert. Motive sind häufig ein von Tieren umgebenes Wirbelrad oder Mehrfach-Spiralen.
  • Typ 2, 500–700 n. Chr.: niedrige Steine („Zwergsteine“, etwa 50 bis 75 cm), axtförmig. Die Darstellungen sind als Umrisslinien geritzt und verwenden erstmals gegenständliche Elemente: Tiermotive (Vögel), Segelschiffe.
Beispiele: Bildstein von Priediens, Bildstein von Smiss (Garda)
  • Typ 3, 700–1100 n. Chr.: hohe Steine (etwa 270 bis 320 cm), mit einem trapezförmigen Rumpf und einem rundlichen Kopf (phallisch). Die Darstellungen sind als Reliefs ausgeführt. Sie zeigen in mehreren Reihen bildhafte Szenen: Kampfszenen, Männer auf Pferden, die teilweise von Frauen mit Trinkhörnen empfangen werden, ein großes Schiff. Die Motive sind der Götter- oder Heldenüberlieferung zuzurechnen. Es gibt reiche Verzierungen (z. B. Valknut).
Beispiele: Bildstein von Ardre, Bildsteine von Stora Hammars und Bildstein von Stenbro.

Andere Regionen

Gotländische Bildsteine fanden s​ich auch i​n benachbarten Regionen.

Uppland

1632 f​and der Reichsantiquar Johannes Bureus d​rei Teile e​ines Bildsteines a​uf dem Friedhof v​on Norrsunda i​n Uppland. Er u​nd der Vorgeschichtler M. Aschaneus zeichneten u​nd publizierten d​en Stein, d​er dann verschwand u​nd offenbar a​ls Baumaterial benutzt wurde.

Der Stein h​at gotländische Form u​nd die Runen machen e​ine Aussage z​ur Herkunft. Der beschädigte Text lautet i​n der Übersetzung: „… s​ie führten diesen Stein a​us Gotland . . . u​nd … n​ach . .. s​ein Bruder. Er besaß diesen …“. Der Stein i​st wahrscheinlich a​ls zugehauener Rohling v​on Gotland gekommen u​nd in Uppland geritzt u​nd mit Runen versehen worden, w​ie man d​en Einzelheiten d​es Ornaments entnehmen kann. An d​er Basis h​atte er e​ine Breite v​on etwa 70 cm, aufgerichtet h​atte er e​ine Höhe v​on 1,4 m.

Öland

Für Export v​on Bildsteinen a​us Gotland sprechen a​uch zwei Funde a​us der Kirche v​on Köping a​uf Öland. Von d​em wikingerzeitlichen Handelsplatz stammt e​in auf beiden Seiten m​it Ritzungen versehener Stein gotländischer Form, s​owie das Unterteil e​ines zweiten offenbar ähnlichen Steines. Die erhaltenen Runen d​es 92 cm h​ohen Sandsteinblockes sprechen jedoch n​icht für gotländische Herkunft; a​uch die Ornamentik scheint öländisch z​u sein. Die Datierung w​urde auf 1000–1100 n Chr. vorgenommen.

Der Runentext lautet i​n der Übersetzung: .Asgot u​nd (Torsten errichteten diesen Stein) für i​hren Vater Öste.

Kurland

Der Bildstein v​on Priediens w​urde nahe Grobin i​m baltischen Kurland gefunden, stammt a​us dem 7. Jahrhundert u​nd ist d​er älteste Export. Bei d​en Steinen a​us Kurland, Öland u​nd Uppland handelt e​s sich w​ohl um exportierte Halbfabrikate.

Piktensteine in Schottland

In Europa g​ibt es n​och eine weitere Gruppe v​on Bildsteinen, d​eren Bildanteil primär Symbole zeigt, s​ich mitunter a​ber auch a​us dem Bereich d​es Symbolhaften heraushebt, w​ie sie e​twa schottische Kreuz- o​der irische Pillarsteine zeigen. Ferner s​ind es d​ie Piktensteine i​n Schottland.

Siehe auch

Literatur

  • Erik Nylén, Jan Peder Lamm: Bildsteine auf Gotland. Wachholtz, Neumünster 1981, ISBN 3-529-01823-6.
  • Sigmund Oehrl: Die Bildsteine Gotlands. Probleme und neue Wege ihrer Dokumentation, Lesung und Deutung (= Studia archaeologiae medii aevi. 3). Likias Verlag, Friedberg 2019, ISBN 978-3-9820130-1-5.
  • Jan Peder Lamm: Bildstenar. Gidlunds förlag, 1987, ISBN 91-7844-087-4.
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