Valknut
Der oder die Valknut, deutsch auch Wotansknoten, ist ein dreieckiges Symbol mit verschiedenen Ausprägungen. Das Symbol wird mit der nordischen Mythologie in Zusammenhang gebracht und heute unter anderem im Neopaganismus und in Logos verwendet.
Ausformungen
Es gibt zwei maßgebliche Valknut-Formen, zu denen aber auch jeweils Untervarianten existieren:
- Die trikursale Form besteht aus drei ineinander verschlungenen, jeweils in sich geschlossenen Dreiecken mit sechs Überschneidungen, topologisch gleichzusetzen mit Borromäische Ringen. Eine rein moderne Variante hiervon ist auch paarweise verschlungen, sodass eine geschlossene Kette aus drei Gliedern entsteht, was bei echten borromäischen Ringen per Definition nicht der Fall sein darf.
- Die unikursale Form besteht aus einem einzigen, in sich verknoteten Polygon mit sechs Ecken, sechs Linien und drei Überschneidungen, welches sich aus einem Triqueta herleiten lässt, welche wiederum eine Form der Kleeblattschlinge darstellt. Hiervon gibt es topologisch linkshändige und rechtshändige Varianten.
Namen und Bedeutung
Geläufig ist auch der Name Hrungnir-Herz, der nur an einer Stelle der Snorra-Edda erklärt wird: Es handele sich um das Herz des Riesen Hrungnir, das aus hartem Stein bestehe und drei vorstehende Ecken (oder Hörner) aufweise, und welches seit dessen Tod in Bildsteine geritzt werde. Das genaue Aussehen des beschriebenen Symbols geht aus diesem frühen Textzeugnis jedoch nicht hervor: Zwar steht der Name Hrungnir-Herz heute weitgehend als ein weiteres Synonym für Valknut-Formen, doch es gibt auch weitere Triskelen-Muster mit Ecken oder Hörnern, sodass ein eindeutiger Zusammenhang nicht herstellbar ist.[1] Auffallend ist, dass die Deutung als Herz des mythischen Riesen keinen direkten Odinsbezug aufweist.
Der Name Wotansknoten verweist auf den mythologischen Zusammenhang mit dem Gott Odin (auch Wotan, Woden), der in der germanischen/nordischen Götterwelt sehr unterschiedliche Rollen einnahm, darunter als Gott der Magie und des Todes. In vorchristlicher Zeit scheint der Wotansknoten funktional mit Kampf und Tod verbunden gewesen zu sein. Gotländische Bildsteine zeigen das Symbol in Verbindung mit Opferszenen (z. B. Stora Hammars, I), Schlacht- und Todesszenen (z. B. Lärbro Tängelgarda I, dort werden zwei Valknuten unter einem Pferd dargestellt, welches als Sleipnir gedeutet wurde) und ähnlichen Motiven, die in Verbindung mit „Tod im Kampf“ und Odin stehen können. Damit sieht Rudolf Simek den Bezug zu einem altnordischen Totenkult.[1] In einem sehr ähnlichen Bedeutungszusammenhang steht auch die Triskele[1], ein weiteres dreifach-rotationssymmetrisches Symbol.
Die Folkloristin Hilda Ellis Davidson beschrieb die Annahme, dass das Zeichen ein Symbol sein könnte für die in einigen Legenden demonstrierte Fähigkeit Odins, spirituelle Bindungen zu knüpfen oder wieder zu lösen. Auf diese Weise habe er Gegner im Kampf hilflos gemacht, oder Willenskraft und Kampfeszorn bei seinen Gefolgsleute entfesselt.[2]
Auf dem Runenkästchen von Auzon befinden sich mehrere Triqueta-Symbole, die bei einer Deutungsmöglichkeit des Fundstücks als Wotansknoten interpretiert wurden. Einen rein ornamentalen Charakter scheine das Zeichen dort nicht gehabt zu haben, Alfred Becker postulierte in mehreren Aufsätzen einen Odinsbezug.[3]
Der Name Valknut selbst wurde in der Moderne der Norwegischen Sprache entnommen: valknute ist zusammengesetzt aus valr (‚im Kampf erschlagener Krieger‘) und knut (‚Knoten‘), somit etwa „Knoten der Gefallenen“.[1] Zu beachten ist, dass damit in der Herkunftssprache nicht bloß die Dreiecksform bezeichnet wird, sondern auch andere kunstvolle Knoten, darunter vier- und fünfschlingige Knoten wie das Schleifenquadrat oder der Türkische Bund. Diese Knoten finden sich in zahlreichen Wappen und traditionellen Handwerkserzeugnissen, wo sie oftmals auch bloß ornamental verwendet werden. Erst über die Englische Sprache, die mit the valknut nur das Dreiecks-Symbol verbindet, gelangte das Wort auch ins Deutsche, weshalb auch der zu verwendende Genus unklar ist. Die Fachsprache kennt auch Walknut als Eindeutschung parallel zur Walküre.[4]
Moderne Verwendung
Seit 1995 wird ein dem Valknut nachempfundenes Logo beim Deutschen Fußballbund verwendet. Das Symbol ist teilweise durchbrochen, um die Anfangsbuchstaben DFB darzustellen. Die schwedische Firma Svenska Cellulosa AB verwendet seit langem ein Valknut als Logo.
Anhänger des Germanischen Neuheidentums versuchen, die Symbolik der altnordischen Mythologie mit neuem Leben zu füllen. So wird der Wotansknoten etwa in Asatru als vielseitiges und magisches Zeichen des Gottvaters Odin gesehen und als individuelles Amulett verwendet.[4] Es wird von Anhängern gesehen als Zeichen für den Opfertod in der Schlacht, als Schutzzeichen gegen Gift, als "Schicksalszeichen" und Symbol für wahlweise die drei Nornen, die drei Existenzebenen (es sei darum auch hilfreich bei Trancereisen), die drei Lebensphasen Geburt, Leben und Tod oder auch drei Metgefäße des Skaldenmets, weshalb es Symbol der Dichtkunst sei.[5]
Neben dem Neuheidentum haben auch neurechte und neonazistische Gruppen das Symbol für sich entdeckt. Es ersetzt dann das ebenfalls aus der nordischen Mythologie stammende und durch den Nationalsozialismus missbrauchte Hakenkreuz, dem es bei entsprechender Ausgestaltung recht ähnlich sehen kann. In Deutschland wählte etwa der Aryan Circle Germany dieses Logo. In den USA ist das Valknut eines von vielen bekannten "Hass-Symbolen", das seine volle Bedeutung im Zusammenhang mit weiteren seiner Art entfaltet. Es findet in der White-Supremacy-Szene vielfältige Verwendung, etwa als Tätowierung oder als Erkennungszeichen/Logo von „Bürgermilizen“.[6][7]
Literatur
- Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe; 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X, S. 207–208.
- Tom Hellers: Valknútr. Das Dreiecksymbol der Wikingerzeit (Studia Medievalia Septentrionalia, SMS) Band 19, Wien 2012, 276 Seiten. ISBN 978-3-902575-44-9
Weblinks
- Alfred Becker: Franks Casket. (deutsch, englisch).
- Alfred Becker: Anhänge – Literaturhinweise: Bibliographie zu „Franks Casket“. In: franks-casket.de.
- Albe Stone: The Knots of Death. In: The Cauldron Nr. 65. 1992 (englisch, wiedergegeben auf franks-casket.de).
Einzelnachweise
- Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 2. ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 1995, ISBN 3-520-36802-1, S. 201–202.
- H. R. Ellis Davidson: Gods and Myths of Northern Europe. Penguin Books 1990, S. 146 f. ISBN 0-14-013627-4
- Alfred Becker: Franks Casket: Zu den Bildern und Inschriften des Runenkästchens von Auzon (= Sprache und Literatur, Regensburger Arbeiten zur Anglistik und Amerikanistik; 5). Hans Carl, Regensburg 1973, ISBN 978-3-418-00205-7.
- René Gründer, Ina Schmied-Knittel, Michael Schetsche: Der andere Glaube. Europäische Alternativreligionen zwischen heidnischer Spiritualität und christlicher Leitkultur, Ergon-Verlag 2009, S. 82.
- G. Goos: Germanischer Götterglaube: Asatru - Eine neue Religion aus alten Zeiten, 2009/2013, S. 442. Digitalisat
- Anti-Defamation League: Eintrag Valknut in der Liste der Hass-Symbole; abgerufen am 5. Februar 2022.
- The Conversation: US Capitol riot: the myths behind the tattoos worn by ‘QAnon shaman’ Jake Angeli, 11. Januar 2021; abgerufen am 5. Februar 2022.