Gisela Schlüter
Gisela Schlüter (* 6. Juni 1914 in Berlin; † 28. Oktober 1995 in Mittenwald)[1] war eine deutsche Kabarettistin und Schauspielerin.
Leben
Gisela Schlüter wuchs als Tochter eines Berufsoffiziers in Dresden auf. Schon früh fühlte sie sich zur Bühne hingezogen. Zunächst wollte sie unbedingt Tänzerin werden und absolvierte eine entsprechende Ausbildung. Mit 1,76 m war sie allerdings zu groß für eine solche Bühnenlaufbahn. Daher nahm sie bei dem Dresdner Schauspieler Erich Ponto Unterricht. Ihre Karriere als Schauspielerin begann sie im Alter von 19 Jahren. In ihrem ersten Berufsjahr wirkte sie bereits in vier Filmproduktionen mit. Nach weiteren Filmen fand sie ihr Betätigungsfeld vorwiegend beim Kabarett, sodass sie in den anschließenden Jahren nur noch vereinzelt Filmauftritte hatte.
Nach der Ausbildung und ersten beruflichen Gehversuchen hatte sie in Berlin mit Günther Lüders als Partner ihren ersten Bühnenauftritt in dem Boulevardstück Vorsicht Brigitte, in dem sie bereits ihr Talent als Schnellrednerin zum Ausdruck brachte. Ein Jahr später spielte sie neben Liesl Karlstadt und Karl Valentin im bekannten Berliner Kabarett der Komiker. Es folgten in den 1930er und 1940er Jahren Revuen, Auftritte und Theatertourneen sowie Hörfunkveranstaltungen. Als Bühnendarstellerin überzeugte Gisela Schlüter mit ihrer Vielseitigkeit, indem sie tanzte, sang, parodierte und schauspielerte.
Zusammen mit Brigitte Mira spielte sie in einer NS-Propagandaserie mit dem Titel Liese und Miese. Dabei war die „Liese“, die „Gute“, die im Sinne der Nazi-Propaganda alles richtig machte. Dagegen machte die „Miese“ alles falsch, hörte Feindsender und hortete Lebensmittel. Brigitte Mira als „Miese“ hatte beim Publikum jedoch mehr Sympathien als die von Gisela Schlüter gespielte „Liese“, sodass das Propagandaministerium die Serie als kontraproduktiv bald wieder absetzte.
Sie arbeitete auch als Filmschauspielerin, unter anderem in Wir tanzen um die Welt (1939), Der Tiger von Eschnapur (1937/38), Eine Nacht im Mai (1938), Das indische Grabmal (1937/38), Sechs Tage Heimaturlaub (1941) und Unsere Tante ist das Letzte (1973). In der Nachkriegszeit war sie neben vielen Theatertourneen der Star der Hamburger Kabarett-Revue Faust, dritter Teil.
Ihren ersten kleinen Fernsehauftritt hatte Gisela Schlüter in Vico Torrianis Show Grüezi Vico. Nach zahlreichen Gastauftritten in namhaften Fernsehshows erhielt sie am 25. Januar 1963 beim NDR in Hamburg ihre eigene Fernsehshow mit dem Titel Zwischenmahlzeit, in der sie als Komikerin und Entertainerin auftrat.
In dieser Show war sie in Sketchen, mit Tanzeinlagen und Gesangsdarbietungen zu sehen. Während dieser Zeit wurde sie zu einer Showmasterin, die durch ihre dominierende Rhetorik ihre Bühnenpartner kaum zu Wort kommen ließ. Ihre Sprechgeschwindigkeit (mit bis zu 482 Silben pro Minute) und ihr scheinbar nicht enden wollender Redeschwall wurden ihre Markenzeichen. Hieraus resultierten ihre Spitznamen „Lady Schnatterly“ und „Quasselstrippe der Nation“. Über sich selbst sagte sie einmal: „Derjenige, der bei mir zu Wort kommt, muss erst noch geboren werden.“
Bis zum Jahr 1982 wurde die Zwischenmahlzeit drei- bis viermal jährlich ausgestrahlt und erreichte Einschaltquoten von bis zu 44 %. Für ihre Show erhielt Gisela Schlüter im Jahr 1976 die Goldene Kamera der Fernsehzeitschrift HÖRZU. Viele Prominente der damaligen Zeit waren einmal oder mehrmals ihre Gäste, wie Heinz Erhardt, Otto Lüthje, Heidi Kabel, Henry Vahl, Maxl Graf, Ilja Richter und Claus Wilcke, aber auch Politiker wie Franz Josef Strauß.
Privat
Gisela Schlüters Hobby war die Astrologie. Sie erstellte Horoskope und beschäftigte sich ausgiebig mit den Sternbildern, was sie in ihrem eigenen Leben zu einer ausgeprägten „Vorsicht“ veranlasste.
Eng mit Schlüters beruflicher Karriere verbunden war ihr langjähriger Lebensgefährte, der Fernsehautor Hans Hubberten. Er schrieb alle 35 Folgen der Zwischenmahlzeit für sie. Die berufliche Nähe brachte beide zusammen, und sie verbrachten 28 gemeinsame Jahre bis zu Hubbertens Tod im Jahr 1988. Beide bewohnten über viele Jahre ein Haus im bayerischen Bad Kohlgrub. Nach dem Tod von Hubberten zog sich Schlüter weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
1993 brach sich Gisela Schlüter die Wirbelsäule, später mehrere Rippen und einen Oberschenkel. Sie erholte sich nie mehr vollständig von ihren Verletzungen und wurde bettlägerig. Am 28. Oktober 1995 starb sie an den Folgen eines Schlaganfalls im Alter von 81 Jahren und wurde in Bad Kohlgrub bestattet.[2]
Werk
Filmografie
- 1937/38: Der Tiger von Eschnapur
- 1937/38: Das indische Grabmal
- 1937: Das Ehesanatorium
- 1938: Narren im Schnee
- 1938: Eine Nacht im Mai
- 1941: Der Gasmann
- 1950: Dreizehn unter einem Hut
- 1957: Mikosch, der Stolz der Kompanie
- 1957: Die große Chance
- 1959: Peter schiesst den Vogel ab
- 1972: Die lustigen Vier von der Tankstelle
- 1973: Unsere Tante ist das Letzte
- 1973: Das Wandern ist Herrn Müllers Lust
Veröffentlichungen
- Schnattern gehört zum Handwerk. Fackelträger, Hannover 1968.
- Lassen Sie mich auch mal zu Wort kommen. Seewald, Stuttgart 1983.
Literatur
- Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 914.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 7: R – T. Robert Ryan – Lily Tomlin. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 125 f.
Weblinks
- Gisela Schlüter in der Internet Movie Database (englisch)
- Literatur von und über Gisela Schlüter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gisela Schlüter bei cyranos.ch
- Tonaufnahme eines Auftritts mit Ludwig Manfred Lommel aus dem Jahr 1941: titanic-magazin.de