Giovanni Verga
Giovanni Verga (* 2. September[1] 1840 in Catania (Sizilien)[2]; † 27. Januar 1922 ebenda)[3] war ein italienischer Schriftsteller und einer der Hauptvertreter des Verismus, des italienischen Naturalismus.
Leben
Giovanni Verga war der älteste Sohn von Giovanni Battista Verga und dessen Ehefrau Caterina di Mauro und entstammte einer wohlhabenden Familie Siziliens. Mit elf Jahren wurde Verga von seinem Verwandten Antonio Abate, einem Schriftsteller und Revolutionär des Risorgimento, aufgenommen. Dessen Patriotismus als ehemaliger Carbonaro, aber auch sein Cousin Domenico Catorina, beeinflussten ihn nach eigener Aussage sehr.
Verga begann Rechtswissenschaft an der Universität Catania zu studieren, doch konnte er bereits während dieses Studiums mit seinem ersten Roman Amore e patria erfolgreich debütieren. Dies veranlasste ihn sein Studium abzubrechen und nur noch als Schriftsteller zu arbeiten. Nach längeren Vorarbeiten entstand 1861 der historische Roman I Carbonari della montagna und 1863 der Roman Sulle lagune.
1920 wurde er zum Senator des Königreichs Italien ernannt. Außerdem war er Commendatore (Komtur) des Ritterordens der hl. Mauritius und Lazarus und Ufficiale (Offizier) des Ordens der Krone von Italien.
Werk
Vergas literarisches Schaffen folgt einer unverfälschten Darstellung des Wahrgenommenen und gab diesem Stil den Namen Verismus („vero“ – „wahr“); mit Luigi Capuana war Verga einer der wichtigsten Vertreter. Im Gegensatz zum Naturalismus in der französischen Literatur (beispielsweise Émile Zolas Rougon-Macquart-Zyklus) zeichnet sich der Verismus durch eine pessimistische Anthropologie und eine Weltsicht ohne Mythologisierung aus.
Vergas Debüt Amore e patria sowie sein zweiter Roman I carbonari della montagna thematisieren den Kampf der Carbonari gegen die Herrschaft Napoléons bzw. seines Vertreters vor Ort, des Marschalls von Frankreich, Joachim Murat. Der Roman Sulle lagune beschäftigt sich mit den sentimentalen Verwicklungen eines österreichischen Besatzungsoffiziers und einer jungen venezianischen Frau. Nebenbei wird auf dramatische Weise der Beginn der Unabhängigkeit Italiens erwartet.
In Romanen wie Nedda rückt das bäuerliche Sizilien in den Blickpunkt des catanesischen Schriftstellers. Erst mit seinen in den 1880er Jahren verfassten Novellensammlungen Vita dei campi (1880) und Novelle rusticane (1883) schaffte Verga seinen literarischen Durchbruch. Seine Novelle Cavalleria rusticana wurde in der Opernadaption von Pietro Mascagni zu einem großen Publikumserfolg.
Mit I vinti (Die Besiegten) begann Verga einen episch breiten, auf fünf Teile angelegten Romanzyklus, von dem aber nur die ersten beiden Bände I Malavoglia und Mastro-Don Gesualdo zur Veröffentlichung gelangten. Von dem Folgeroman La duchessa di Leyra existiert lediglich ein erstes Kapitel; L’onorevole Scipione und L’uomo di lusso sind gänzlich Projekt geblieben.
Seine naturalistische Betrachtungsweise wird auch bei den Krankheitsdarstellungen in Novellen wie Malaria (1883) und Quelli del coléra (1884) sowie im Roman Mastro-Don Gesualdo deutlich.[4]
Werke
- Amore e patria
- I carbonari della montagna
- Sulle lagune
- Nedda
- I Malavoglia (1881), Roman
- Vagabondaggio (1887), Novellensammlung
- Mastro-Don Gesualdo (1889), Roman
- Don Candeloro e C. (1895), Novellensammlung
- Impassibilità (dt. Gleichmütigkeit)
- Vita dei campi (dt. Sizilianische Novellen, 1880), 1. Novellensammlung
- Per le vie (dt. Auf den Straßen, 1883), 2. Novellensammlung
- Novelle rusticane (dt. Dorfnovellen, 1883), 3. Novellensammlung
Werke in deutscher Übersetzung
- Auf den Straßen
- Der letzte Tag. Erzählungen
- Die Familie Malavoglia. Sizilianische Fischer, Dresden 1940, ins Deutsche übertragen von Charlotte Sauer
- Die Malavoglia, übersetzt von Anna Leube, mit einem Nachwort von Roberto Saviano, Berlin : Wagenbach, K, 2022, ISBN 978-3-8031-3346-5
- Don Gesualdo, (unter dem Titel Meister Motta) Berlin, 1894.
- Eros, 1898
- Erst mein, dann dein, Leipzig 1907 und 1945
- Grausames Sizilien. Novellen, Leipzig 1975
- Ihr Gatte, 1885
- Königstigerin, 1897
- Sizilianische Novellen
- Trockenes Brot. Sizilianische Geschichten, 1954
Verfilmungen
- 1948 – Die Erde bebt (La terra trema) – Regie: Luchino Visconti – nach dem Roman "I Malavoglia"
- 1953 – Die Wölfin von Kalabrien (La lupa) – Regie: Alberto Lattuada – nach der gleichnamigen Novelle
- 1953 – Sizilianische Leidenschaft (Cavalleria rusticana) – Regie: Carmine Gallone – nach der gleichnamigen Oper
- 1993 – Zeffirellis Spatz (Storia di una capinera) – Regie: Franco Zeffirelli – nach dem gleichnamigen Roman
- 1969 – L'amante di Gramigna – Regie: Carlo Lizzani – nach der gleichnamigen Novelle
Weiteres
Die Casa Museo Giovanni Verga in Catania ist ein Literaturmuseum im Geburtshaus Giovanni Vergas. Es befindet sich in dem Gebäude, in dem Verga seine Kindheit verbrachte und später im Kreis seiner Familie lebte. Im Bibliothekszimmer befindet sich Vergas umfassende Privatbibliothek. In Vitrinen sind Kopien von Vergas Manuskripten zu sehen, die Originale werden in der Universitätsbibliothek von Catania verwahrt.
Literatur
- Nino Borsellino: Storia di Verga. Laterza, Rom 1982.
- Giacomo Debenedetti: Verga e il naturalismo. Garzanti, Mailand 1993, ISBN 88-11-67427-1.
- Rosa Ferraris: Das Naturgefühl bei Giovanni Verga. Edition Heitz, Zürich 1929 (zugleich Dissertation, Universität Zürich).
- Wido Hempel: Vergas "I Malavoglia" und die Wiederholung als erzählerisches Kunstmittel. Böhlau, Köln 1959 (zugleich Dissertation, Universität Köln 1959).
- Joachim Küpper: Vergas Antwort auf Zola. "Mastro-don Gesualdo" als ‚Vollendung‘ des naturalistischen Projekts. In: Ders.: Zum italienischen Roman des 19. Jahrhunderts. Foscolo, Manzoni, Verga, D'Annunzio. Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-08104-6, S. 85–113.
- Romano Luperini: Verga moderno. Laterza, Rom 2005, ISBN 88-420-7520-5.
- Henning Mehnert (Hrsg. und Übers.): Cavalleria Rusticana, Oper in einem Akt von Pietro Mascagni. Stuttgart (Reclam) 2009
- Helmut Meter: Figur und Erzählauffassung im veristischen Roman. Studien zu Verga, de Roberto und Capuana vor dem Hintergrund der französischen Realisten und Naturalisten. Klostermann, Frankfurt/M. 1986, ISBN 3-465-01716-1 (zugl. Habilitation, Universität Klagenfurt 1984).
- Francesco Nicolosi: Verga tra De Sanctis e Zola. Patron, Bologna 1986.
- Luigi Russo: Giovanni Verga. Laterza, Rom 1986, ISBN 88-420-2702-2 (Repr. d. Ausg. Neapel 1920).
- Vittorio Spinazzola: Verismo e positivismo. Arcipelago, Mailand 1993, ISBN 88-7695-109-1.
- Hildegard Streich: Der Verismus als Regionalismus bei Giovanni Verga. Postberg Verlag Bottrop 1940 (zugleich Dissertation, Universität Greifswald 1941).
Weblinks
- Literatur von und über Giovanni Verga im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Giovanni Verga in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literatur von und über Giovanni Verga in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- La Lupa (Die Wölfin). Skizze aus dem sizilianischen Bauernleben. Deutsch von Otto Eisenschitz. In: Das Magazin für Litteratur, № 51 vom 19. Dezember 1891, S. 808–819; italienisches Original (LibriVox-Aufnahme) im Internet Archive
- Normeintrag im Opac des Servizio Bibliotecario Nazionale (italienisch)
- Eintrag beim Archivio Storico des italienischen Senats (italienisch)
- Werksammlung: Text, Konkordanzen, Wortlisten und Statistik (italienisch)
- I Malavoglia kostenloses E-Book (italienisch)
Einzelnachweise
- Encyclopedia Britannica: Giovanni Verga.
- Der genaue Ort von Giovanni Vergas Geburt ist nicht gesichert. Auf seinem Denkmal in Vizzini reklamiert diese Stadt ihn als hier geborenen Sohn. Wahrscheinlich ist, dass er während eines üblichen Sommeraufenthaltes seiner in Catania ansässigen Familie auf einem Landhaus in Licodia Eubea bei Vizzini das Licht der Welt erblickte. Seine später in Catania erfolgte Taufe bzw. Ausstellung des Taufscheins aber wird allgemein als rechtlicher Nachweis für seinen Geburtsort Catania betrachtet.
- VERGA, Giovanni. di Attilio Momigliano - Enciclopedia Italiana (1937). Abgerufen am 20. August 2018 (italienisch).
- Michael Quick: „Le parole sono pietre“. Medizinische Aspekte italienischer Literatur des 20. Jahrhunderts. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 7, 1989, S. 5–34; hier: S. 12