Gigantomachie
Die Gigantomachie oder Gigantenschlacht beschreibt den Kampf der griechischen Götter mit den Giganten, wobei der Göttervater Zeus ihr Anführer war. Oft wird er mit der Titanomachie verwechselt, wobei diese aber mit den Titanen kämpfen, die im Gegensatz zu den Giganten unsterblich sind.
Der Kampf der Riesen gegen die Götter war eine Metapher für Aufstand der chaotischen, ungebärdigen und ungesetzlichen Unordnung gegen Recht, Ordnung und Gesetz. Diese Metapher war seit der Antike ein beliebtes Darstellungsmotiv in der Kunst der Neuzeit.[1]
Apollodor beschrieb in seinem Werk Peri Theon den Ablauf des Kampfes. Auch Homer (Odyssee), Hyginus (Poetica Astronomica), Pausanias und Nonnos schrieben über den Kampf.
Überblick
Gaia war beleidigt, weil Zeus ihre Söhne, die Titanen, in die Unterwelt gesperrt hatte. Von ihrer Mutter Gaia angespornt warfen die Giganten unter der Führung des Eurymedon riesige Felsbrocken und brennende Eichen gegen den Himmel.
Nach Karl Kerényi unterstützte Gaia immer jene, die sich gegen den Himmel wendeten, und weil die neuen Götter, die Olympier, nun eben als Himmelssöhne herrschten, auch den Kampf gegen diese.[2]
Gaia war auf der Suche nach einer Pflanze, die ihre Kinder unsterblich machen würde. Doch Zeus verbot Eos, Helios und Selene (den Gottheiten von Morgenröte, Sonne und Mond) zu scheinen und fand selbst die Pflanze in der Dunkelheit. Dadurch schienen die Götter im Vorteil gegenüber den Giganten, doch ein Orakel weissagte ihnen, dass sie nur mit Hilfe eines Sterblichen siegen würden, v. a. weil Giganten durch Götterhand nicht sterben können.
Athena warb deshalb Herakles zur Unterstützung an, und den Olympiern kam durch ihn und Dionysos Hilfe zu, beides Söhne des Zeus, die er mit sterblichen Frauen gezeugt hatte, wobei insbesondere Herakles entscheidend zum Sieg gegen die Giganten beitrug. Er tötete viele der von den olympischen Göttern und Göttinnen und den mit diesen kämpfenden Göttinnen und Göttern wie Nyx und Hekate niedergestreckten Giganten mit seinen Pfeilen. Seine Pfeilspitzen waren mit dem giftigen Blut der von ihm erschlagenen Hydra getränkt.
Genauer Ablauf
Alkyoneus, einer der stärksten Giganten, wurde von einem Pfeil des Herakles, der von Zeus, dem Göttervater als Helfer eingesetzt wurde, getroffen und starb. Der zweitstärkste Gigant, Porphyrion, griff Hera und Herakles an, um die Göttin zu rauben, aber Zeus traf ihn mit einem Blitz und Herakles tötete ihn mit einem Pfeil. Ares stürmte auf seinem Streitwagen in die dichteste Menge der Giganten. Er durchbohrte den Giganten Peloros mit seiner Lanze. Doch erst als Herakles ihn mit einem Pfeil traf, sank er tot zu Boden. Apollon und Herakles trafen Ephialtes jeder in ein Auge, wodurch dieser starb. Dionysos tötete Eurytos mit seinem Thyrsos, Hekate verbrannte Klytios mit ihren Fackeln, Hephaistos traf Mimas mit rotglühendem Eisen tödlich. Enkelados floh, aber Athena warf Sizilien über ihn, dann tötete sie Pallas (und verwendete hinkünftig seine Haut als Schild). Poseidon warf Nisyros, einen Teil der Dodekanes-Inselgruppe und Nachbarinsel von Kos, auf Polybotes. Hermes – unsichtbar durch die Kappe des Hades – tötete Hippolytos. Artemis erschoss Gration. Die Moiren töteten Agrios und Thoas mit ihren bronzenen Keulen. Der Rest der Giganten wurde durch Zeus' Blitze und Herakles’ Pfeile getötet.
So besiegten die Götter mit Hilfe eines Sterblichen die Giganten. Gaia war wütend und gebar den schreckenerregenden Typhoeus.
Darstellung
Die berühmteste Darstellung der Gigantomachie ist der Außenfries des Pergamonaltars in Berlin. Ein weiteres Werk befindet sich im Palazzo del Te in Mantua. Der von dem Maler Giulio Romano und seinen Gehilfen um 1534 als Sala dei Giganti (Saal Nr. 11, Eckraum) gestaltete Raum beeindruckt durch seine an Wand und Decke gemalten Fresken und seine teilweise überlebensgroßen Figuren der Riesen (siehe Bild).
Metaphorische Verwendung
Berühmt ist die Stelle im platonischen Dialog Sophistes, wo Platon den eleatischen Fremden die Auseinandersetzung zwischen den Anhängern und Gegnern der Ideenlehre (Platoniker gegen epikureische Atomisten) als „Gigantenschlacht um das Sein“ (γιγαντομαχία περὶ τῆς οὐσίας) beschreiben lässt (Sophistes 246a). Martin Heidegger verwendet den Begriff in Sein und Zeit, um die Notwendigkeit einer Wiederholung der Frage nach dem Sein in der Philosophie zu verdeutlichen.
Ebenso dient der Terminus Gigantenschlacht nach den Perserkriegen der Versinnbildlichung der griechisch-persischen Auseinandersetzungen, wobei die Griechen die Rolle der olympischen Götter einnehmen und die Perser die Rolle der Giganten.
Literatur
- Johannes Ilberg, Ernst Kuhnert: Giganten. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,2, Leipzig 1890, Sp. 1639–1673 (Digitalisat).
- Francis Vian: Répertoire des gigantomachies figurées dans l’art grec et romain. C. Klincksieck, Paris 1951.
- Francis Vian: La Guerre des Géants. Le Mythe avant l’époque hellénistique. C. Klincksieck, Paris 1952.
Weblinks
- Die Gigantomachie dargestellt bei Apollodor, griechischer und deutscher Text mit einführender Inhaltsübersicht
- Thomas Gransow: Der Pergamonaltar, in dem nicht nur die künstlerische Umsetzung des Themas Gigantomachie, sondern auch der Ablauf des mythologischen Ereignisses gut dargestellt sind.
- Darstellung des Pergamonaltars
Einzelnachweise
- Gert Richter/Gerhard Ulrich: Lexikon der Kunstmotive. Antike und christliche Welt. Mosaik, München 1987, S. 111.
- Karl Kerényi: Die Mythologie der Griechen – Die Götter- und Menschheitsgeschichten, Rhein-Verlag, Zürich 1951, S. 34.