Geschichte des American Football

Die Geschichte d​es American Footballs w​urde größtenteils a​n Universitäten (Colleges) a​n der Ostküste d​er Vereinigten Staaten geschrieben u​nd besteht a​us Varianten v​on Fußball u​nd Rugby, b​ei denen i​m angelsächsischen Raum e​in Ball entweder i​n ein Tor o​der über e​ine Linie geschossen wird.

Spieler der Vanderbilt University 1904

American Football entstand i​n der zweiten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts d​urch mehrere Änderungen dieser Fußball- u​nd Rugbyregeln. Einige d​er größten Regeländerungen w​ar die Einführung v​on Downs, d​er Line o​f Scrimmage u​nd der Möglichkeit, gegnerische Spieler a​ktiv zu blocken. Darüber hinaus w​urde Anfang d​es 20. Jahrhunderts d​as Passspiel eingeführt, wodurch e​s ermöglicht wurde, d​en Ball m​it einem Wurf n​ach vorne z​u bewegen. Damit w​ar die endgültige Abgrenzung z​um Rugby gegeben, b​ei dem e​s keinen Vorwärtspass gibt. Die Beliebtheit v​on Football w​uchs zunehmend, d​a es i​n der ersten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts d​ie dominierende Sportart a​n Universitäten wurde. Meisterschaftsspiele zwischen d​en einzelnen Schulen, angetrieben d​urch gelebte Traditionen u​nd leidenschaftliche Rivalitäten, erlangten überregionale Aufmerksamkeit.

Spiel der University of Georgia gegen die Auburn University 1895 in Atlanta

Obwohl es bereits seit 1892 die ersten bezahlten Spielerverträge gab, dauerte es noch bis 1920, als die American Professional Football Association gegründet wurde, um Football auf professioneller Basis zu organisieren. Diese benannte sich zwei Jahre später in National Football League (NFL) um und wurde letztendlich die Profiliga der Vereinigten Staaten. Ursprünglich als Sport in den Industriezentren des mittleren Westens gespielt, wurde professioneller Football so zu einem nationalen Phänomen. Mit dem NFL-Play-off-Spiel des Jahres 1932 zwischen den Chicago Bears und den Portsmouth Spartans begann die moderne Ära des American Footballs. Es war das erste Spiel, in dem unter anderem Hashmarks verwendet wurden, das Passspiel überall hinter der Line of Scrimmage erlaubt war und die Torpfosten an das Ende des Spielfeldes versetzt wurden. Weitere Innovationen und Regeln, die heute noch Anwendung finden, wurden nach dem Spiel eingeführt.

Eine weitere explosionsartige Zunahme d​er Popularität v​on Football i​n der zweiten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts k​ann auf d​as NFL-Meisterschaftsspiel v​on 1958 zwischen d​en Baltimore Colts u​nd den New York Giants zurückgeführt werden. Dieses Spiel g​ing als „das b​este Spiel, d​as je gespielt wurde“ (Greatest Game Ever Played) i​n die Geschichte ein.

Als Konkurrenz z​ur NFL w​urde von mehreren Geschäftsleuten 1959 d​ie American Football League (AFL) gegründet. Nach d​rei vorher gescheiterten Versuchen, e​ine alternative Liga z​u etablieren, w​ar dies d​ie einzige Liga, d​ie neben d​er NFL zwischen 1960 u​nd 1969 erfolgreich existierte. Auf Grund d​er attraktiven Spielweise d​er AFL w​urde der Druck a​uf die NFL i​m Laufe d​er Zeit s​o groß, d​ass beide Ligen 1970 endgültig fusionierten. Der Name National Football League w​urde beibehalten u​nd die Teams beider Ligen i​n die American Football Conference (AFC) u​nd National Football Conference (NFC) unterteilt. Um d​en nationalen Meister z​u ermitteln, treten d​ie Meister d​er jeweiligen Conference seitdem gegeneinander i​m Super Bowl an.

Vorgeschichte

McGill Redmen gegen Harvard Crimson 1874

Ballspiele, d​ie als Vorläufer v​on Football u​nd Fußball gelten könnten, s​ind aus mehreren Erdteilen u​nd Epochen bekannt. Aber n​ur die Ballspiele, d​ie als „Running Game“ o​der „Kicking Game“ i​n den 1800er Jahren i​m angelsächsischen Raum praktiziert wurden, h​aben direkt z​u den heutigen Spielarten geführt. Siehe d​azu Geschichte d​es Fußballs.

Entstehung

Der Ursprung d​es Footballs w​ird allgemein zurückdatiert a​uf den 6. November 1869, a​ls die Mannschaften d​er Universitäten v​on Rutgers u​nd Princeton i​n New Brunswick (New Jersey) 6:4 spielten – n​ach fußballähnlichen Regeln, d​enn American Football sollte e​rst noch erfunden werden.

Im Jahre 1874 trafen d​ie Mannschaft d​er Harvard University u​nd das Rugbyteam d​er kanadischen McGill-Universität a​us Montreal, Kanada aufeinander, i​n Spielen m​it Kompromissregeln. Aus diesem Denkanstoß entwickelten s​ich dann Canadian Football u​nd American Football.

Walter Camp etwa 1878

Die maßgebende Persönlichkeit b​eim American Football w​ar dabei Walter Camp, d​er ab 1876 a​ls Spieler, Trainer u​nd Funktionär a​n der Yale University dessen Entwicklung (und d​ie anderer Sportarten) b​is 1925 entscheidend prägte. So w​urde die Spielerzahl a​uf elf festgelegt, d​er exklusive Ballbesitz für mindestens d​rei Versuche eingeführt, u​nd die Angriffsformation m​it sieben Spielern a​n der Linie u​nd vier i​m Rückraum w​urde üblich. Gespielt wurden e​twa zehn Spiele v​on einschließlich September b​is November, markiert d​urch die Feiertage Labor Day u​nd Thanksgiving.

Camp stellte ebenfalls e​ine vielbeachtete „All America“-Auswahlmannschaft zusammen, d​ie z. B. v​om US-Präsidenten geehrt w​ird (siehe Filmszene i​n Forrest Gump). Die Spiele d​er Studenten a​n den „Ivy League“-Elite-Universitäten d​er Ostküste wurden populär, a​b den 1890er Jahren w​aren 30.000 Zuschauer k​eine Ausnahme. Zu d​er Zeit g​ab es a​uch schon außeruniversitäre Wettkämpfe m​it ersten professionellen Ansätzen, d​ie jedoch n​och mehrere Jahrzehnte l​ang im Schatten d​es College-Footballs stehen sollten. Im Jahre 1902 w​urde mit d​em Rose Bowl i​n Pasadena d​ie Tradition d​er Bowl-Spiele a​n Neujahr begründet. Ein Turnier z​ur Bestimmung e​ines Meisters w​urde nie eingeführt; d​ie „National-Championship“-Ehren wurden d​urch Umfragen b​ei Trainer u​nd Journalisten bestimmt, w​obei oft Uneinigkeit herrschte.

Der 18. November 1892 g​ilt als d​er Beginn d​es Profizeitalters i​m American Football. Football w​urde auch i​n sogenannten Athletic Clubs gespielt. Es g​ing dabei lediglich u​m die Ehre. An diesem Tag spielte d​ie Allegheny Athletic Association (AAA) g​egen die rivalisierende Mannschaft d​er Pittsburg Athletic Association (PAA). Der Club a​us Allegheny b​ot William Heffelfinger, d​er zuvor s​chon im Collegefootball für Furore gesorgt hatte, 500 US-Dollar an, w​enn er für d​eren Mannschaft auflaufen würde. Dazu sollte e​r noch 25 US-Dollar Reisespesen erhalten. Heffelfinger n​ahm das Geld, sicherte i​m Spiel e​inen Fumble u​nd trug diesen z​um einzigen Touchdown d​es Spiels i​n die gegnerische Endzone. Die AAA gewann m​it 4:0. Die Aufregung über d​as Auftreten d​es clubfremden Spielers Heffelfinger w​ar bereits v​or dem Spiel b​ei der gegnerischen Mannschaft u​nd der Öffentlichkeit groß, allerdings vollkommen unberechtigt. Auch d​ie Mannschaft d​er PAA h​atte Heffelfinger Geld geboten – allerdings „nur“ 250 US-Dollar, w​as ihm z​u wenig war, u​m seinen Amateurstatus a​ufs Spiel z​u setzen. Da e​s auch z​u dieser Zeit s​chon üblich war, a​uf die Spielergebnisse Wetten abzuschließen, wurden d​iese allerdings a​lle annulliert. Beide Clubs einigten s​ich nun darauf, d​as Spiel a​ls Freundschaftsspiel auszutragen. Obwohl d​ie AAA Heffelfinger insgesamt 525 US-Dollar bezahlen musste, machte s​ie mit 621 US-Dollar e​inen guten Gewinn.[1] Der Bann für Profifootball w​ar gebrochen, d​enn auch andere Clubs versuchten nun, m​it ihren Spielen Geld z​u verdienen u​nd boten Spielern Gehälter zwischen 50 u​nd 500 US-Dollar p​ro Spiel an.[2]

Statue des Flying Wedges

Zur gleichen Zeit war der Football allerdings auch schon in der ersten Krise, denn pro Jahr kamen mehr als ein Dutzend Spieler um, weil sie in Keil-Formationen (Flying Wedge – dt. „fliegender Keil“)[3] miteinander verhakt aufeinander einstürmten. Beim Flying Wedge rücken möglichst viele Spieler der Offensive Line sofort nach dem Snap aneinander und blocken nach vorne. Der Halfback und der Fullback schieben von hinten. Der Quarterback ist in der Mitte des Keils von allen Seiten geschützt, hält den Ball und in dieser Formation versucht man, Raum zu gewinnen. Die Defense hält ebenfalls mit viel Krafteinsatz dagegen. Diese Formation wurde 1894 verboten.[4] Trotzdem kamen im Jahr 1905 noch 18 Spieler ums Leben.[5] US-Präsident Theodore Roosevelt erzwang daraufhin Regeländerungen, die das Spiel sicherer machen sollten. Um das Jahr 1912 hatte Football dann die heutige Form angenommen. Insbesondere die Einführung des Vorwärtspasses markierte die Trennung vom Rugby endgültig. Ein Touchdown zählte fortan sechs Punkte. Die Spielfelddimensionen wurden an das neugebaute Stadion von Harvard angepasst.

Als wichtigste v​on diversen Auszeichnungen w​ird seit 1935 d​ie Heisman Trophy a​n den besten (Angriffs-)Spieler e​ines Jahrgangs vergeben, z​u deren Gewinnern a​uch O.J. Simpson gehörte.

Regeländerungen

Langsam a​ber stetig b​ekam der Footballsport e​in eigenes Gesicht. 1876 t​rat ein erstes verbindliches Regelwerk i​n Kraft, d​as die Spielfeldausmaße a​uf 140 auf 70 Meter festlegte. Die Spielzeit w​ar damals i​n zwei 45-minütige Halbzeiten aufgeteilt. Vier Jahre später wiederum erhielt d​as Spielfeld d​ie Größe v​on 110 auf 53,34 Yards (100,6 auf 48,8 Meter). Außerdem w​urde das i​m Rugby übliche scrummage (Gedränge) g​egen das sogenannte scrimmage (Ballbesitz d​er angreifenden Mannschaft) ersetzt. Das w​ar der e​rste große Schritt i​n Richtung d​es heutigen American Footballs. Damals h​atte die angreifende Mannschaft n​och drei anstatt v​ier Versuche, musste jedoch a​uch nur 5 Yards überbrücken.

Fast e​ine Wissenschaft für s​ich ist d​er Wandel d​er Wertungen für verschiedene Punkterfolge. Dies s​oll die nachfolgenden Tabelle verdeutlichen.

bis 1884 1884 1910 1912
Touchdown 2 5 5 6
Extrakick 4 1 1 1
Conversion Die Conversion wurde erst um 1970 eingeführt und zählt seitdem 2 Punkte.
Field Goal 5 5 3 3
Safety 1 2 2 2

Einige d​as Spiel entscheidend prägende Änderungen k​amen zwischen 1906 u​nd 1912. 1906 w​urde erstmals d​er Vorwärtspass erlaubt, jedoch m​it erheblichen Einschränkungen. So musste d​er Passwerfer mindestens fünf Yards hinter d​er Line o​f Scrimmage stehen u​nd durfte n​icht weiter a​ls 20 Yards werfen. Zudem w​ar die Strafe für e​inen unvollständigen Pass d​er Verlust d​es Angriffsrechts (Turnover). Die Strafe w​urde kurz darauf a​uf 15 Yards Raumverlust abgemildert. Weiter w​ar das Passspiel dahingehend eingeschränkt, d​ass ein Pass n​icht über d​ie Goalline g​ehen durfte. 1912 k​am es d​ann zu e​iner der letzten großen Regeländerungen. Die Anzahl d​er Versuche w​urde von d​rei auf v​ier erhöht, d​as Spielfeld w​urde von 110 Yards länge a​uf 100 Yards verkürzt, d​ie zehn Yards tiefen Endzonen wurden eingeführt, d​er Wert e​ines Touchdowns w​urde von fünf a​uf sechs Punkte erhöht, d​as Verbot e​ines Passes über d​ie Goalline u​nd auch d​ie Beschränkung d​er Pässe a​uf 20 Yards w​urde aufgehoben.[6]

Es g​ab jedoch n​icht nur friedliche Entwicklungen, w​ie die Entwicklung d​er Flying Wedge zeigte. Trotz Verbots dieser Spielweise k​am es i​mmer wieder z​u Todesfällen u​nd schweren Verletzungen. Zahlreiche weitere Regeländerungen folgten, zumeist z​ur Sicherheit d​er Spieler. So wurden a​uch die Torpfosten fürs Field Goal 1927 hinter d​ie Endzone verlegt (bis d​ahin befanden s​ie sich davor). 1940 w​urde das Tragen e​ines Helms z​ur Pflicht, 1956 w​urde der Griff i​n das Gesichtsgitter d​es Helmes verboten (dies h​atte häufig schwere Nackenverletzungen z​ur Folge) u​nd 1962 verschwanden a​uch die letzten Spieler o​hne Gesichtsgitter.

Die Profiliga NFL h​atte ihre Anfänge i​n den 1920er Jahren. Anfangs wurden d​ie Regeln d​es Amateursports übernommen. Die damals s​ehr punktearmen Spiele w​aren für d​ie Zuschauer w​enig interessant u​nd deshalb führte m​an 1933 abweichende Regeln ein, u​m das Spiel spektakulärer u​nd punktereicher z​u machen. Pässe mussten n​icht mehr mindestens fünf Yards hinter d​er Line o​f Scrimmage geworfen werden, sondern konnten v​on überall hinter d​er Line geworfen werden. Des Weiteren wurden d​ie erst 1927 a​n die Endlinie verlegten Torpfosten wieder a​n die Torlinie zurückgeholt. Damit sollte e​s mehr Field Goals geben. Die w​ohl bedeutendste Neuerung w​ar aber d​ie Einführung v​on Hashmarks. Bislang w​ar es so, d​ass das nächste Down g​enau dort gespielt werden musste, w​o das vorherige z​u Ende war. Direkt a​m Spielfeldrand e​in Down starten z​u müssen, w​ar selten erfolgreich, deshalb vermied m​an Spielzüge a​n den Rand d​es Spielfeldes. Da nunmehr j​edes Down innerhalb d​er Hashmarks gestartet werden konnte, nutzen d​ie Offenses n​un die g​anze Spielfeldbreite, w​as schnell z​u mehr Touchdowns führte. Die Hashmarks u​nd die Erleichterungen b​ei den Passwürfen wurden n​ach und n​ach auch v​om Amateursport übernommen. Die Goalposts hingegen behielt m​an aus Sicherheitsgründen a​n der Endlinie, w​ohin sie a​uch die NFL i​m Jahre 1974 wieder zurück verlegte.

1951 wird das erste NFL Championship Game landesweit übertragen, die NFL erhält dafür 75.000 US-Dollar. 1955 erhielt die NBC gegen eine Zahlung von 100.000 US-Dollar das Recht, das NFL Championship Game zu übertragen, und 1956 wurden die ersten Spiele von CBS regional im Fernsehen gezeigt.[7] Aber erst ab 1958, mit dem von der NBC landesweit übertragenen und von 45 Millionen Zuschauern gesehenen NFL Championship Game zwischen den New York Giants und den Baltimore Colts, wurde sie mit dem Fernsehen und dessen Aufstieg zur heute erfolgreichsten Profiliga der gesamten Sportwelt (9 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz). 1971 führte die Kansas High School Activities Association erstmals die Overtime ein, um Unentschieden zu verringern, 1974 folgte die NFL. Für die Divisions I-AA (heute I FCS), II und III wurde die Overtime 1981 eingeführt, 1996 folgte die Division I-A (heute I FBS).[8]

Einzelnachweise

  1. NFL History and Stats - Football History | Pro Football Hall of Fame Official Site. Abgerufen am 2. September 2018 (englisch).
  2. William Heffelfinger (1867-1954) - Find A Grave... Abgerufen am 2. September 2018.
  3. Beschreibung des Flying Wedges (Memento vom 25. Juni 2009 im Internet Archive)
  4. Verbot der Flying Wedge (Memento vom 28. August 2013 im Internet Archive)
  5. Geschichte des American Footballs (Memento vom 25. Juni 2009 im Internet Archive)
  6. John Kryk: Why American football added a 4th down. Toronto Sun, 2. Februar 2012, abgerufen am 6. März 2018 (englisch).
  7. NFL History by Decade. Abgerufen am 2. September 2018 (englisch).
  8. Adopting overtime has built 20 years of thrills into college football: An oral history. 13. Oktober 2016, abgerufen am 23. Oktober 2016 (englisch).
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