Gerhard Jäger (Linguist)

Gerhard Jäger (* 18. April 1967 i​n Jena[1]) i​st ein deutscher Sprachwissenschaftler u​nd Hochschullehrer a​n der Eberhard Karls Universität Tübingen.[2] Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören d​ie mathematisch-statistisch fundierte phylogenetische Linguistik, d​ie sich m​it der Entwicklung d​er Sprachfamilien a​us ihren rekonstruierten Anfängen b​is zu d​en rezenten Sprachen z​ur Entwicklung familienübergreifende Modellen beschäftigt. Hierzu dienen i​hm und seinen Arbeitsgruppen Agentenbasierte Modellierungen.

Leben und Wirken

Nach seinem Abitur in Schmalkalden begann Jäger von 1987 bis 1992 die Fächer Theoretische Linguistik, Germanistik und Logik an den Universitäten in Leipzig und Düsseldorf zu studieren.[3] Im Jahre 1992 beendete er in Düsseldorf in theoretischer Linguistik sein Studium mit einem Masterabschluss. Es folgte ein Promotionsstudium von 1992 bis 1995 in der „Arbeitsgruppe Strukturelle Grammatik“ in der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin bei Manfred Bierwisch, die Jäger 1996 mit seiner Promotion zum doctor philosophiae durch die Humboldt-Universität zu Berlin beendete. In seiner Promotionsphase folgten Studienaufenthalte so von Dezember 1995 bis August 1997 als postdoctoral fellow an der Universität in München und von September 1997 bis Oktober 1998 ebenfalls als postdoctoral fellow am Institute for Research in Cognitive Science an der University of Pennsylvania in den Vereinigten Staaten von Amerika. Im November 1998 bis Oktober 2000 war den sodann zurück am Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft in Berlin. Im Jahre 2002 habilitierte er sich dann an der Humboldt-Universität.

Ein Forschungsgebiet ist die vergleichende Sprachwissenschaft und die Rekonstruktion von Verwandtschaftsbeziehungen einzelner Sprachfamilien in der Zeit. So untersuchte Jäger zusammen mit den Paläoanthropologen Katerina Harvati und Hugo Reyes-Centeno. Für ihre Studie[4] untersuchten sie 265 Schädelfunde aus Afrika, Asien und Ozeanien sowie den Wortschatz von über 800 Sprachen und Dialekten aus den genannten Regionen. Unter anderem konnte die Studie zeigen, dass die sprachliche Verwandtschaft vor allem mit der Morphologie des Gesichtsschädels in Verbindung gebracht werden kann, deren Form und Gestalt quantitativ erfasst wurde. Ihre These war, dass die durchschnittliche Ähnlichkeit zwischen Populationen mit der geografischen Entfernung abnehmen müsste, sowohl im Hinblick auf sprachliche wie auch biologische Merkmale. Des Weiteren wurde die These aufgestellt, dass sich Populationen mit einer sprachlicher Ähnlichkeit tendenziell auch in ihren biologisch Merkmalen ähnlich. Wenn diese Korrelationen auch zwischen Populationen bestehen, die sich vor mehr als 10.000 Jahren aufgeteilt hatten und dann unterschiedlich weiterentwickelten, könnte damit auch bewiesen werden, dass Sprachen historische Merkmale konservierten.

Siehe auch

Schriften

  • Bibliografie (sfs.uni-tuebingen.de)
  • Wie die Bioinformatik hilft, Sprachgeschichte zu rekonstruieren. Universität Tübingen Swedish Collegium for Advanced Study, Seminar für Sprachwissenschaft (sfs.uni-tuebingen.de)
  • The evolution of language families is shaped by the environment beyond neutral drift. In: Nature human behaviour. Bd. 2, Nr. 11, 5. November 2018, S. 816–821.
  • Computational historical linguistics. University of Tübingen, Institute of Linguistics (arxiv.org)
  • Lexikostatistik 2.0. In: Albrecht Plewnia, Andreas Witt (Hrsg.): Sprachverfall? Dynamik – Wandel – Variation. Jahrbuch des Instituts für Deutsche Sprache 2013, de Gruyter, Berlin/ Boston 2014, ISBN 978-3-11-037474-2, S. 197–216. (ids-pub.bsz-bw.de)

Literatur

  • Johann-Mattis List: Theoretische und praktische Aspekte automatischer Sequenzanalysen in der historischen Linguistik. 15. April 2010. (lingulist.de)
  • Johann-Mattis List: Theoretische und praktische Aspekte der quantitativen historischen Linguistik. Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Philipps-Universität Marburg, Sommersemester 2013 (academia.edu)
  • Johann-Mattis List: Eine neue Methode zur automatischen Identifikation etymologisch verwandter Wörter. Institut für Romanistik II, Heinrich Heine Universität Düsseldorf 1. Juli (uni-ulm.de)

Einzelnachweise

  1. Curriculum Vitae Gerhard Jäger Utrecht Institute of Linguistics (OTS) (ftp.cis.upenn.edu)
  2. Lebenslauf auf sfs.uni-tuebingen.de
  3. Gerhard Jäger. Professor für Allgemeine Sprachwissenschaft „Ich habe mich an Jena erinnert gefühlt“, erinnert sich Gerhard Jäger an seine ersten Eindrücke von Tübingen. Jäger, der vor fast 43 Jahren in Jena geboren wurde, ist nicht der erste, dem (vor allem) topografische Ähnlichkeiten der Neckar- und der Saale-Stadt aufgefallen sind. Schwäbisches Tagblatt. 12. April 2010 (tagblatt.de)
  4. Hugo Reyes-Centeno, Katerina Harvati, Gerhard Jäger: Tracking modern human population history from linguistic and cranial phenotype. In: Scientific Reports. volume 6, 2016, Article number: 36645. (nature.com)
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.