Gelöbnix

Unter d​er Bezeichnung GelöbNix! protestieren verschiedene antimilitaristische, pazifistische, linksradikale[1] u​nd autonome Gruppen g​egen das s​eit 1996 jährlich (mit Ausnahme v​on 1997 u​nd 1998) stattfindende öffentliche Gelöbnis d​er Bundeswehr i​n Berlin. Inzwischen w​ird der Begriff a​uch bundesweit für Demonstrationen u​nd Aktionen g​egen Gelöbnisse verwendet (zum Beispiel i​n Hamburg).

Gelöbnix-Demonstration vor dem Auswärtigen Amt in Berlin 2012

Der Protest richtet s​ich einerseits allgemein g​egen Bundeswehr u​nd als Militarisierung empfundene Entwicklungen u​nd seit 1999 a​uch speziell g​egen den 20. Juli a​ls Datum u​nd den Bendlerblock (heutiger Sitz d​es Bundesverteidigungsministeriums, a​ber auch ehemaliger Sitz bedeutender Dienststellen d​er Wehrmacht) a​ls Ort für d​as Gelöbnis. Die Gelöbnis-Gegner kritisieren, d​ass versucht würde, d​ie Wehrmacht i​n eine anti-nationalsozialistische Tradition z​u stellen, a​uf die s​ich die Bundeswehr positiv beziehen könne.

Bundesweites Aufsehen erregten d​ie Proteste 1999, a​ls 15 Demonstranten medienwirksam über d​en Versammlungsplatz liefen, d​abei unter anderem Regenschirme m​it der Aufschrift „TUCHOLSKY HAT RECHT“ (eine Anspielung a​uf das berühmte Zitat „Soldaten s​ind Mörder“) zeigten u​nd erst n​ach einigen Minuten v​on Feldjägern entfernt wurden.

Chronologie der neueren Gelöbnisstörungen in Berlin

1996
Beim Gelöbnis am Schloss Charlottenburg störten Demonstranten die Veranstaltung mit Trillerpfeifen und durchbrachen die Polizeikette.[2]
1998
Vor dem Roten Rathaus konnten einzelne Demonstranten noch in den Zuschauerraum vordringen. Als die Gelöbnisformel gesprochen wurde, setzte ein Trillerpfeifenkonzert ein. Auf der Demonstration in der Spandauer Straße solidarisierte sich der spätere Bundesumweltminister Jürgen Trittin, als Kundgebungsredner, letztmals mit den Kritikern des Gelöbnisses.[3]
1999
Erstmals fand das Gelöbnis auf dem Gelände des Bendlerblocks statt. Mit der Verlegung der Veranstaltung auf das Gelände des Bundesverteidigungsministerium sollte zum einen die Störungsfreiheit des Staatsaktes sichergestellt werden. Zum anderen wollte die Bundesregierung mit der Wahl des Bendlerblocks, der 1944 Ort der Hinrichtung der Hitler-Attentäter um Beck und Stauffenberg war, das bundesdeutsche Militär in die Tradition dieser Widerstandskämpfer aus den Reihen der Wehrmacht stellen. Das Gelöbnis wurde trotz starker Sicherheitsvorkehrungen publikumswirksam gestört. Während in Hörweite lautstark gegen das Gelöbnis protestiert wurde, störten im Bendlerblock selbst etwa 20[2] Kritiker die Gelöbniszeremonie. Die Störer "rissen sich die Kleider vom Leib" und trugen teilweise Regenschirme, mit der Aufschrift Tucholsky hat recht – eine Anspielung auf Kurt Tucholskys Ausspruch Soldaten sind Mörder.[2]
2000
Vor der Berliner Julius-Leber-Kaserne bauten Demonstranten ein mobiles Wohnzimmer auf und verhinderten so für kurze Zeit die Passage der Gelöbnis-Gäste zum Bendlerblock.
2001
Zwei Aktivistinnen gaben sich als Töchter des damaligen Verteidigungsministers Rudolf Scharping aus und fuhren mit einer gemieteten Limousine vom Luxushotel Adlon zum Bendlerblock. Trotz fehlender Einladung konnten sie alle Kontrollpunkte passieren. Im Bendlerblock ketteten sie sich an einen Zaun und störten die Zeremonie mit Alarmsirenen.[2]
2002
Im Keller der leerstehenden Griechischen Botschaft, die an den Bendlerblock angrenzt, versteckten sich zehn Aktivisten. Sie wollten während der Vereidigung vom Dach des Gebäudes aus stören. Wenige Stunden vor der Veranstaltung wurden sie von Sicherheitskräften entdeckt.
2003
Nach Beginn der Gelöbnis-Zeremonie versuchten mehr als 20 Personen, die Sicherheitsabsperrungen am Bendlerblock vom Tiergarten aus zu überwinden. Sie hatten zuvor im Tiergarten gegrillt oder waren als Jogger getarnt. Zeitgleich protestierten drei Aktivisten vom Dach der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate aus gegen das Gelöbnis.
2004
Nach 1999 gelang es Protestierern trotz der starken Sicherheitsvorkehrungen erstmals wieder, auf dem Gelände des Bendlerblocks das Gelöbnis zu stören. Während die Soldaten die Gelöbnisformel sprachen, rannten zwei Aktivisten von der Pressetribüne auf den Gelöbnisplatz und lieferten sich mit den Feldjägern ein „Wettrennen“.
Polizisten sperren das Gelände um das öffentliche Gelöbnis im Jahr 2008 in Berlin ab
2008
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik legten Bundeswehrrekruten ihr Gelöbnis vor dem Berliner Reichstag ab.[4]
2009
Wenige Wochen vor dem angekündigten Gelöbnis kursierte ein Flyer, der zu Gewalt gegen Angehörige der Bundeswehr aufrief.[5] Die Demonstration des „Gelöbnix“-Bündnisses wurde von der Polizei wegen „klarer Störabsichten“ verboten,[6] ebenso drei weitere Demonstrationen gegen das Verbot.[7] 1500 Polizisten wurden zur Sicherung der Veranstaltung eingesetzt und riegelten den Veranstaltungsort hermetisch ab.[8]
Weitere Jahre
in den weiteren Jahren formierten sich die Gelöbnix-Demonstrationen in Berlin aus mehreren hundert Teilnehmern.[9]

Einzelnachweise

  1. http://www.nadir.org/nadir/aktuell/2004/07/08/24677.html Aufruf der Organisation Antifaschistische Linke Berlin
  2. http://www.neues-deutschland.de/artikel/152471.geloebnix-demo-bleibt-verboten.html
  3. PA_FOC: Deutschland: „Trittin war nie Pazifist“. In: Focus Online. 29. Juni 1998, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  4. ddp/cn: Bundeswehr: Radikale wollen Soldaten bei Gelöbnis verprügeln. In: welt.de. 17. Juli 2009, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  5. http://www.tagesspiegel.de/berlin/Bundeswehr-Gewalt-Geloebnis%3Bart270,2837615
  6. Protest gegen Bundeswehr - Polizei bremst Gelöbnix aus , TAZ vom 16. Juli 2009
  7. Gelöbnix außer Hörweite Martin Kröger in Neues Deutschland, abgerufen 21. Juli 2009
  8. Thorsten Jungholt: Bundeswehr: 400 Rekruten legen feierliches Gelöbnis ab. In: welt.de. 20. Juli 2009, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  9. Bericht vom GelöbNIX 2012 auf de,indymedia.org, abgerufen 23. Juli 2012
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.