Gefällsstrafrecht
Das Gefällsstrafrecht (Finanzstrafrecht), zusammengefasst im Strafgesetz über Gefällsübertretungen (GefStrG)[1] fand auf Übertretungen der Vorschriften über die indirekten Abgaben in Österreich ab dem 1. April 1836 Anwendung.
„Gefällsübertretungen sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die zur Handhabung der indirekten Abgaben[2] erlassenen Gesetze und Vorschriften übertreten werden, wozu auch Übertretungen der Ein-, Aus- und Durchfuhrverbote für bestimmte Waren gehören.“[3]
Historische Entwicklung
Das Gefällsstrafrecht fand sich bereits vor der Erlassung des GefStrG in verschiedenen Bestimmungen in österreichischen Gesetzen.
Gefällsübertretungen
Das Gefällsstrafgesetzbuch nennt als Oberbegriff die „Gefällsübertretung“. Diese unterteilt sich in:
- Gefällsverkürzungen
- andere Übertretungen
und teilt diese Gefällsübertretungen zudem in einfache und schwere Gefällsübertretungen ein. Grundsätzlich war eine Gefällsübertretung eine einfache Übertretung, sofern im Gesetzbuch diese nicht ausdrücklich als schwere Gefällsübertretung bezeichnet wurde.
Gefällstrafgesetzbuch
Das Gefällsstrafgesetzbuch bestand aus zwei Hauptteilen. Der erste (materielle) Teil enthielt die Einteilung über die Gefällsübertretungen (§§ 1 – 498 GefStrGB), der zweite Teil regelte im Wesentlichen das Verfahren (§§ 499 – 934 GefStrGB).
Das Gefällsstrafgesetzbuch fand Anwendung auf alle inländischen Straftaten, unabhängig von der Staatsbürgerschaft des Täters.
Als Strafen waren vorgesehen: Freiheitsstrafen (einfacher oder strenger Arrest[4]), Geldstrafen und andere Vermögensstrafen und der Verfall. Strafverschärfungen waren möglich.[5]
Bei Minderjährigen (unter 10 bzw. 14 Jahre[6]) war eine Bestrafung nicht möglich, jedoch konnte eine Mitteilung an das zuständige Vormundschaftsgericht erfolgen, welches die häusliche Züchtigung veranlassen konnte.[7]
Gerichtsbarkeit
Zur Rechtsprechung über Gefällsübertretungen waren die Untersuchungsbehörden der örtlichen Finanzbehörden in minderschweren Fällen (bis 200 Kronen Strafbetrag) oder die Gefällsbezirksgerichte (GBG) in allen anderen Fällen (200 bis 6000 Kronen Strafbetrag) in erster Instanz berufen.
Als zweite Instanz wurde das Gefällsobergericht (GOG) tätig. Dieses bestand an allen Gerichtsorten, an denen auch ein Oberlandesgericht bestand.
In dritter Instanz wurde das Oberste Gefällsgericht (OGG) tätig, welches am Sitz des Obersten Gerichtshofes in Wien bestand.
Als Rechtsmittel standen: Beschwerde, Rekurs, Berufung und Gnadengesuche zur Verfügung.
Weitergeltung
Der Begriff „Gefällsstrafrecht“ und ein Verweis auf das Gefällsstrafgesetzbuch von 1835 findet sich heute noch in der österreichischen Rechtsordnung in Art 3 Abs. 1 EGEO[8] und im Gesetz zum Schutze des Hausrechtes, § 5.[9]
Der Begriff und Verweis auf das Gefällsstrafgesetz ist heute als auf das Finanzstrafgesetz (FinStrG)[10] verweisend zu verstehen.
Siehe auch
Literatur
- Justin Blonski: Strafgesetz über Gefällsübertretungen vom 11. Juli 1835 sammt Amtsunterricht und den Vorschriften über die Anwendung dieses Gesetzes erläutert und durch Aufnahme sämmtlicher einschlägiger Nachtragsbestimmungen. Manz, Wien 1881.
- Heinrich Vetter: Oesterreichisches Gefällsstrafrecht. Brzezowsky, Wien 1889.
- Moritz-Julius FRÄNZL: Das österreichischen Strafgesetzes über Gefällsübertretungen allgemeiner Theil. V. Mösle's Wtwe, Wien 1838.
Einzelnachweise
- Strafgesetz über Gefällsübertretungen vom 11. VII 1835, PGS 112, Bd. 63. Am 1. April 1836 in Kraft getreten.
- z. B.: Abgaben aus dem Lottogefälle, Monopolabgaben, Spielkartenstempel, Stempel- und Rechtsgebühren, Abgaben aus dem Postbetrieb, Punzierungsabgaben, Abgaben auf Verbrauchsgegenstände und die Verzehrungssteuer etc.
- Rudolf Müller in Die indirekte Bundesabgaben in Österreich. Verlag Johann Andreas Kitzler, Wien 1928, S. 571, Pkt. II.
- Strenger Arrest konnte z. B. durch die Verschärfung: Fasten, Dunkelzelle, hartes Lager etc. verstärkt werden (§ 66 GefStrG).
- §§ 36 f GefStrG, z. B. öffentliche Bekanntmachung des Namens des Verurteilten in Zeitungen (§ 68 – 78 GefStrG), Verlust von Rechten und/oder Befugnissen (§ 68 – 72 GefStrG), Ausschaffung aus bestimmten Orten oder Regionen oder Landesverweisung.
- Im Zollstrafverfahren.
- Rudolf Müller in „Die indirekte Bundesabgaben in Österreich“, Verlag Johann Andreas Kitzler, Wien 1928, S. 580, Pkt. III.3.
- Einführungsgesetz zur Exekutionsordnung, öBGBl 6/1953.
- Gesetz zum Schutze des Hausrechtes, öRGBl 88/1862.
- Bundesgesetz vom 26. Juni 1958, betreffend das Finanzstrafrecht und das Finanzstrafverfahrensrecht (Finanzstrafgesetz), öBGBl 129/1958.