Göttinger Maibaumaffäre
Die Göttinger Maibaumaffäre entwickelte sich aus einem von der nationalsozialistischen Propaganda hochgespielten Studentenstreich vom 12. Mai 1935[1] und beschleunigte den Auflösungsprozess der Studentenverbindungen im nationalsozialistischen Deutschen Reich.
Das Ereignis
Ein eigentlich harmloser Studentenstreich, bei welchem Angehörige der Burschenschaft Holzminda in Göttingen einen Maibaum von einem Nachbargrundstück auf eine Kneipe geschafft hatten, wobei beim Zurückbringen an diesem Maibaum befestigte Hakenkreuzfahnen beschmutzt wurden[2], wurde durch zwei[3][4] Artikel in den Göttinger Nachrichten, der Göttinger Parteizeitung der NSDAP, aufgegriffen und zu einem Skandal hochstilisiert,[5] den auch ein Bericht im Westdeutschen Beobachter[6] scharf verurteilte. Zuvor war die Holzminda der Studentenführung bereits dadurch negativ aufgefallen, dass das Verbindungshaus an Hitlers Geburtstag, dem 20. April, und am 1. Mai nicht beflaggt worden war.[7][8]
Die Folgen
Aufgrund dieser nicht besonders schwerwiegenden Vorfälle wurde vorschnell auf eine den Nationalsozialismus ablehnende Einstellung der Holzminda geschlossen, mit der Folge, dass sie vom 20. Mai[9] bis zum 20. November 1935 von der Universität Göttingen suspendiert wurde[7] und auch ihr 75-jähriges Stiftungsfest ausfallen lassen musste. Doch die Auswirkungen beschränkten sich nicht allein auf die Holzminda, sondern waren für alle Korporationen spürbar, da letztlich dem Korporationsstudententum mangelnde Zusammenarbeit und ein Verhindern des Aufgehens im Nationalsozialismus unterstellt wurde.[10] Aus dem Kontext heraus, dass die Nationalsozialisten die Studentenverbindungen gleichschalten wollten, da sie individuelle Demokratieprinzipien lebten und nicht dem Führerprinzip unterstanden, wie dies bei den später zugelassenen Kameradschaften der Fall war, führte die Göttinger Maibaumaffäre zusammen mit den Göttinger Krawallen im Juni 1934 und dem Heidelberger Spargelessen Ende Mai 1935 zu einem Verbot der Mitgliedschaft in Korporationen für NSDStB-Mitglieder und schließlich zur Auflösung der Korporationen.[11][12]
Literatur
- Hansheiner Schumacher (Hrsg.): Burschenschaft Holzminda Göttingen. Beiträge zu ihrer Geschichte 1860–1985. Göttingen 1985, S. 45–46.
Einzelnachweise
- Hansheiner Schumacher (Hrsg.): Burschenschaft Holzminda Göttingen. Beiträge zu ihrer Geschichte 1860–1985. Göttingen 1985, S. 45.
- R. G. S. Weber: The German Student Corps in the Third Reich. London 1986, S. 132.
- Eine Bubentat von Angehörigen der Verbindung "Holzminda". In: Göttinger Nachrichten vom 13. Mai 1935.
- Um den Maibaum in der Wilhelm-Weber-Straße". In: Göttinger Nachrichten vom 15. Mai 1935.
- Anselm Faust: Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund. Studenten und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik.Band 1, Düsseldorf 1973, S. 131.
- Deutsche Corpszeitung. Juli 1935, S. 124.
- Paul Wentzcke: Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, Band 1, Heidelberg 1995, S. 221.
- Horst Bernhardi: Frisia Gottingensis 1931–1956. Heide 1956, S. 46.
- Hans-Georg Balder: Die Deutsche(n) Burschenschaft(en) – Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 169.
- Harald Lönnecker: Die Versammlung der „besseren Nationalsozialisten“? Der Völkische Waffenring (VWR) zwischen Antisemitismus und korporativem Elitarismus., Frankfurt am Main 2003, S. 33.
- Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur, die studentischen Verbindungen einst und jetzt. München 1988, S. 47.
- Konrad Hugo Jarausch: Deutsche Studenten 1800–1970. Frankfurt am Main 1984, S. 172.