Fritz Rörig
Fritz Rörig (* 2. Oktober 1882 in St. Blasien; † 29. April 1952 in Berlin, eigentlich Friedrich Hermann Rörig) war ein deutscher Historiker. Rörig war der bedeutendste Hanseforscher der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Leben und Werk
Fritz Rörig wurde als Sohn eines selbstständigen Apothekers geboren. Dem Zweijährigen verstarb der Vater. Er wuchs daraufhin in Barmen auf. Dort legte er 1901 sein Abitur ab. Er studierte Geschichte und das Nebenfach Nationalökonomie an den Universitäten Leipzig und Tübingen. Seine akademischen Lehrer waren Georg von Below, Konrad Beyerle und Gerhard Seeliger. Während seines Studiums wurde er Mitglied beim Verein Deutscher Studenten Leipzig und beim Verein Deutscher Studenten Tübingen.[1] Er wurde in Leipzig im Jahr 1906 bei Gerhard Seeliger mit einem verfassungsgeschichtlichen Thema über die Entstehung der Landeshoheit im Erzbistum Trier promoviert. Anschließend war er zunächst Hilfsbibliothekar am Leipziger Historischen Institut. Nach einer Archivtätigkeit in Metz (von 1908 bis 1910) unterzog er sich weiterführenden Studien an der Universität Göttingen.
Rörig begann seine wegbestimmende Arbeit als Forscher im Archiv der Hansestadt Lübeck. Dieses war in der Zeit seiner Tätigkeit dort in den Jahren von 1911 bis 1918 noch Staatsarchiv der freien Hansestadt, das Archiv der Hanse und unversehrt von den Auslagerungen des Zweiten Weltkrieges und den anschließenden Verbringungen in die UdSSR. Diese Zeit in Lübeck prägte Rörig nachhaltig. Im Jahre 1918 wurde er außerordentlicher Professor für Historische Hilfswissenschaften in Leipzig. 1923 wurde er ordentlicher Professor für mittlere und neuere Geschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Eine Berufung nach Tübingen als Nachfolger von Johannes Haller lehnte Rörig 1932 ab. Im selben Jahr wurde er korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Im Jahr 1935 übernahm er als Nachfolger von Erich Caspar den Lehrstuhl für die Geschichte des Mittelalters in Berlin. 1942 wurde er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.[2]
Rörig vollzog bereits in den 1920er Jahren eine „Annäherung an den Denk- und Sprachstil der völkischen Forschung“, was ihm später auch die NS-Dozentenschaft bestätigte.[3] Rörig hielt Vorträge in der SS-Junkerschule und wurde 1936 in den Vorstand der Nord- und Ostdeutsche Forschungsgemeinschaft berufen. Trotz dieser Nähe zur NS-Ideologie wurde er dennoch nicht Mitglied der NSDAP, obwohl er nach eigenen Angaben von 1939 bis 1943 Beiträge an den NS-Dozentenbund zahlte.[4] Er konnte daher 1946 seine Lehrtätigkeit an der Berliner Universität wiederaufnehmen, an der er auch in den nächsten Jahren verblieb. Ab 1948 leitete er die Berliner Dienststelle der Monumenta Germaniae Historica an der Berliner Akademie. Rörig betreute über vierzig Dissertationen.[5] Zu seinen akademischen Schülern gehörten unter anderem Ahasver von Brandt, Friedrich Benninghoven, Eckhard Müller-Mertens und Bernhard Töpfer.
Seine Forschungsschwerpunkte waren die Hilfswissenschaften und die Hanse- und Stadtgeschichte. Für Rörig war die Hanse einer der Motoren des spätmittelalterlichen Wirtschaftssystems. Mit dieser Anschauung hat er die weitere Befassung mit dem Thema Hanse entscheidend geprägt. Seit 1925 gehörte Rörig dem Vorstand des Hansischen Geschichtsvereins an.
Schriften
- Wirtschaftskräfte im Mittelalter. Abhandlungen zur Stadt- und Hansegeschichte. Herausgegeben von Paul Kaegbein. 2. durchgesehene und ergänzte Auflage. Böhlau, Wien u. a. 1971.
- Die europäische Stadt und die Kultur des Bürgertums im Mittelalter (= Kleine Vandenhoeck-Reihe. Bd. 12/13). Herausgegeben von Luise Rörig. 2. erweiterte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1955.
- Zur Rechtsgeschichte der Territorialgewässer. Reede, Strom und Küstengewässer (= Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse. 1948, Nr. 2). Akademie-Verlag, Berlin 1949.
- Vom Werden und Wesen der Hanse. 4. Auflage. Koehler & Amelang, Leipzig 1943.
Literatur
- Ahasver von Brandt: Fritz Rörig. Worte des Gedenkens. In: Hansische Geschichtsblätter. 71, 1952, S. 1–8.
- Ahasver von Brandt: Die deutsche Hanse und die deutschen Städte im Licht neuerer Geschichtsforschung. Zum 5. Todestag von Fritz Rörig. In: Der Wagen. 1957, S. 19–27.
- Wilhelm Ebel: In Memoriam Fritz Rörig. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 70, 1953, S. 427–431.
- Ulrike Förster: Untersuchungen zum Hansebild Fritz Rörigs. In: Hansische Geschichtsblätter 135, 2017, S. 115–185.
- Paul Johansen: Fritz Rörig †. In: Historische Zeitschrift. 174, 1952, S. 739–741.
- Birgit Noodt: Fritz Rörig (1882–1952): Lübeck, Hanse und die Volksgeschichte. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. 87, 2007, S. 155–180 (online).
- Reinhard Paulsen: Fritz Rörig. In: Michael Fahlbusch, Ingo Haar, Alexander Pinwinkler (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Akteure, Netzwerke, Forschungsprogramme. Unter Mitarbeit von David Hamann. 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Bd. 1, De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2017, ISBN 978-3-11-042989-3, S. 657–659.
- Roland Pauler: Rörig, Fritz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 736 f. (Digitalisat).
- Ursula Wolf: Litteris et Patriae. Das Janusgesicht der Historie (= Frankfurter historische Abhandlungen. Bd. 37). Steiner, Stuttgart 1996, ISBN 3-515-06875-9, S. 314–318.
Weblinks
- Literatur von und über Fritz Rörig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Fritz Rörig in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Fritz Rörig im Professorenkatalog der Universität Leipzig
- Veröffentlichungen von Fritz Rörig im Opac der Regesta Imperii
Anmerkungen
- Louis Lange (Hrsg.): Kyffhäuser-Verband der Vereine Deutscher Studenten. Anschriftenbuch 1931. Berlin 1931, S. 187.
- Wilhelm Ebel: In Memoriam Fritz Rörig. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung, Bd. 70, 1953, S. 427–431, hier: S. 428.
- Birgit Noodt: Fritz Rörig (1882–1952): Lübeck, Hanse und die Volksgeschichte. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 87, 2007, S. 155–180, hier: S. 171 (online).
- Reimer Hansen: Von der Friedrich-Wilhelms- zur Humboldt-Universität zu Berlin. In: Konrad Jarausch, Matthias Middell, Annette Vogt, Heinz-Elmar Tenorth (Hrsg.): Geschichte der Universität Unter den Linden 1810–2010. Sozialistisches Experiment und Erneuerung in der Demokratie – die Humboldt-Universität zu Berlin 1945–2010. Band 3. Berlin 2010, S. 19–123, hier: S. 52–53.
- Birgit Noodt: Fritz Rörig (1882–1952): Lübeck, Hanse und die Volksgeschichte. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 87, 2007, S. 155–180, hier: S. 177 (online).