Fleischsteuer
Als Fleischsteuer bezeichnet man eine Konsumsteuer auf Fleisch, mit dem Ziel den Fleischkonsum zu verringern.[1][2] Motivation sind die Gesundheitsrisiken des Fleischkonsums und die Umweltbelastungen durch die Tierproduktion. Eine Fleischsteuer ist ein Mittel, die umweltbezogenen Externalitäten sowie die Kosten für das Gesundheitswesen im Preis des Lebensmittels abzubilden.[3] Damit soll ein Lenkungseffekt hin zu einem anderen Lebensmittelkonsum bewirkt werden. Darüber hinaus könnten die Einnahmen der Fleischsteuer verwendet werden, um die Tierhalter zu unterstützen und das Tierwohl zu fördern.[4][5]
Derzeit werden die Externalitäten der Produktion und des Konsums nicht im Fleischpreis abgebildet.[3] Mit Stand 2020 hatte kein EU-Staat eine Fleischsteuer eingeführt.[6]
Berechnung
2022 haben Wissenschaftler der TU Berlin, der University of Oxford und des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung berechnet, wie der Fleischpreis ausfallen müsste, um die externen Kosten abzubilden. Dazu betrachteten sie folgende Externalitäten:[3]
- Treibhausgas-Emissionen
- Eutrophierung
- Biodiversitätsverlust
- Landnutzung
- Entwaldung
- Wasserverbrauch
- Gesundheitsrisiken
Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass Rindfleisch zwischen 35 bis 56 Prozent teurer sein müsste, Lamm- und Schweinefleisch um 19 Prozent und Geflügel um 25 Prozent.[7] Um Dumping zu verhindern würde die Steuer auch auf Importwaren erhoben. Eine Umverteilung der Einnahmen auf die Haushalte würde laut den Forschern zudem dafür sorgen, dass kleine Einkommen nach der Steuerreform sogar mehr Geld hätten.[8]
2016 kam eine Studie zu dem Ergebnis, dass Rindfleisch 40 % teurer sein müsste, um die bei der Produktion entstandenen Klimaschäden einzudämmen.[9][10]
Eine Studie aus dem Jahr 2015 berechnete die zu erwartende Verringerung des Fleischkonsums für verschiedene CO2-Bepreisungen. Sie kommt zu dem Schluss, dass eine Fleischsteuer den Konsum von Rindfleisch um 21 %, den von Lamm um 17 % und den von anderen Fleischsorten um 12 % verringern würde, während der Konsum von Schweinefleisch um 12 % und der von Geflügel um 10 % steigen würde.[11] Ob diese Modellrechnung jedoch in der Praxis den prognostizierten Effekt hat, kann nicht gesagt werden, da persönliche Ernährungsentscheidungen komplexen Mustern folgen.[12]
Diskussion
Die britische Denkfabrik Chatham House weist darauf hin, dass der Fleischkonsum im politischen Diskurs um den Klimawandel noch zu wenig Beachtung findet. Zugleich sei ein Erreichen der Pariser Klimaziele ohne eine Senkung des Fleischkonsums nicht möglich. Eine Senkung des Fleischkonsums könnte ein Viertel der Reduktionsziele abdecken und würde so die Kosten für die anderen Wirtschaftssektoren um 50 % senken. Um dies zu erreichen, halten die Autoren eine Fleischsteuer für notwendig.[13]
2017 stellte sich der dänische Ethikrat hinter die Forderungen nach einer Fleischsteuer, um den Klimawandel zu verlangsamen. Da der dänische Lebensstil nicht mit dem Pariser Klimazielen vereinbar ist, sehen die Mitglieder eine ethische Verpflichtung hin zur Reduktion des Fleischkonsums. Die Mitglieder sehen bei einem geringerem Fleischkonsum keine Einschränkungen für Genuss oder Gesundheit.[14][15] Gerade im Hinblick auf Gesundheitsrisiken werden ebenso auch eine Fett- und Zuckersteuer diskutiert.
Der österreichische Handelsverband teilt die Bedenken in Bezug auf die Umweltbelastung der Fleischproduktion, sieht eine Fleischsteuer jedoch kritisch, da diese kleine und mittleren Einkommen belasten würde, und plädiert stattdessen für die Förderung der lokalen Fleischproduktion.[16] Die britische Landwirtschaftsorganisation Eblex sieht in einer Fleischsteuer ein grobes Instrument, das die Kosten für Endkunden erhöht.[17]
Thomas Schmiedbauer, Geschäftsführer des Wurstherstellers Wiesbauer sieht in der Fleischsteuer eine interessante Idee, wenn deren Einnahmen wieder sinnvoll in Umweltthemen investiert würden.[18]
Dieter Helm von der Universität Oxford weist darauf hin, dass eine Fleischsteuer, die nur lokale Produzenten träfe, die Treibhausgasemissionen und Entwaldung sogar erhöhen könnte, wenn stattdessen mehr importiertes Fleisch konsumiert würde. Er plädiert daher für eine Fleischsteuer, welche sowohl lokal produziertes als auch importiertes Fleisch trifft. Am effektivsten wäre jedoch eine allgemeine CO2-Steuer über alle landwirtschaftlichen Güter hinweg.[19]
Einzelnachweise
- Adam D. M. Briggs, Ariane Kehlbacher, Richard Tiffin, Peter Scarborough: Simulating the impact on health of internalising the cost of carbon in food prices combined with a tax on sugar-sweetened beverages. In: BMC Public Health. Band 16, Nr. 1, 3. Februar 2016, ISSN 1471-2458, S. 107, doi:10.1186/s12889-016-2723-8, PMID 26837190, PMC 4738773 (freier Volltext).
- William J. Ripple, Pete Smith, Helmut Haberl, Stephen A. Montzka, Clive McAlpine: Ruminants, climate change and climate policy. In: Nature Climate Change. Band 4, Nr. 1, Januar 2014, ISSN 1758-6798, S. 2–5, doi:10.1038/nclimate2081 (nature.com [abgerufen am 24. Januar 2022]).
- Franziska Funke, Linus Mattauch, Inge van den Bijgaart, Charles Godfray, Cameron Hepburn, David Klenert, Marco Springmann, Nicolas Treich: Is Meat Too Cheap? Towards Optimal Meat Taxation. In: Review of Environmental Economics and Policy. Abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- Hintergrund: Was Sie über die "Fleischsteuer" wissen müssen. Abgerufen am 24. Januar 2022.
- Julia Löhr, Berlin: Diskussion um das Tierwohl: Die nächste Steuerkeule. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 24. Januar 2022]).
- Florence Schulz: Kommt es noch zur Fleisch-Steuer? 10. Januar 2020, abgerufen am 24. Januar 2022 (deutsch).
- Susanne Schwarz: Studie zu Kosten von Fleischkonsum: (K)Ein Steak an jedem Werktag. In: Die Tageszeitung: taz. 23. Januar 2022, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 24. Januar 2022]).
- Klima- und Umweltbilanz der Viehzucht: Forscher plädieren für Fleischsteuer. In: Der Spiegel. 24. Januar 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 25. Januar 2022]).
- M. Springmann, D. Mason-D’Croz, S. Robinson, K. Wiebe, H. C. J. Godfray: Mitigation potential and global health impacts from emissions pricing of food commodities. In: Nature Climate Change. Band 7, Nr. 1, 2016, ISSN 1758-678X (ox.ac.uk [abgerufen am 24. Januar 2022]).
- Tax meat and dairy to cut emissions and save lives, study urges. 7. November 2016, abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- Adam D. M. Briggs, Ariane Kehlbacher, Richard Tiffin, Peter Scarborough: Simulating the impact on health of internalising the cost of carbon in food prices combined with a tax on sugar-sweetened beverages. In: BMC Public Health. Band 16, Nr. 1, 3. Februar 2016, ISSN 1471-2458, S. 107, doi:10.1186/s12889-016-2723-8, PMID 26837190, PMC 4738773 (freier Volltext).
- Niina Heikkinen,ClimateWire: A Carbon Tax on Meat? Abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- It’s Time to Put Meat on the Climate Negotiating Table. 24. November 2015, abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- Steve Hanley: Danish Proposal Calls For Tax On Meat To Fight Climate Change. 1. März 2017, abgerufen am 24. Januar 2022 (amerikanisches Englisch).
- Denmark is planning to tax meat in the fight against climate change. 27. April 2016, abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- Fleischsteuer. Abgerufen am 24. Januar 2022.
- Tax meat to cut methane emissions, say scientists. 20. Dezember 2013, abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- Wiesbauer-Chef Schmiedbauer: "Fleischsteuer ist eine interessante Idee". Abgerufen am 24. Januar 2022 (österreichisches Deutsch).
- Bespoke carbon taxes on food - Dieter Helm. Abgerufen am 24. Januar 2022.