Flügelhelm
Mythologie
Diese Ausschmückung eines Helmes findet sich oft in antiken und antikisierenden Darstellungen von Göttern und Göttinnen. So wird der griechische Gott Hermes (lateinisch Mercurius) regelmäßig mit einem Flügelhelm dargestellt. Auch Roma, die Stadtgöttin Roms, trägt auf Münzen einen Flügelhelm.
Historische Helme
Helme mit Schmuckelementen in Form von Vogel- oder Drachenflügeln wurden in verschiedenen Kulturen benutzt, wie dem antiken Griechenland, dem römischen Reich, Polen und anderen. Die Verwendung diente in den meisten Fällen zeremoniellen Zwecken. In wenigen Ausnahmefällen wie der polnischen Sturmhaube oder Ausführungen des Pilos-Helms wurden diese Helme auch bei Kampfhandlungen benutzt. Die Flügelhelme sind in den meisten Fällen Paradeausführungen, die durch ihre Machart nicht zu Kampfhandlungen und so auch nicht zum Schutz des Trägers geeignet sind[1].
19. Jahrhundert
Seit dem 19. Jahrhundert tauchen Flügelhelme auch in Darstellungen von Germanen, Galliern und Wikingern auf. Dass diese Völker Flügelhelme getragen haben, ließ sich nicht nachweisen und wird von der Wissenschaft bezweifelt. Für diese Fehldarstellung werden zwei Ursachen genannt: Zum einen ließ sich das Bestreben einiger schwedischer Nationalisten wie die 1811 gegründete Götiska Förbundet nachweisen, die altnordische gegenüber der antiken Kultur als mindestens gleichwertig hinzustellen. In der Folge wurden zuerst die altnordischen Götter mit Flügelhelmen dargestellt, und bald wurden auch zunehmend Abbildungen von Menschen mit ihnen ausgestattet. Einflussreich waren hier das Hermannsdenkmal Ernst von Bandels in der Nähe von Detmold, dessen Errichtung von 1838 bis 1875 dauerte, und das in Auseinandersetzung mit ihm entstandene Vercingetorix-Denkmal in Clermont-Ferrand, das Frédéric Auguste Bartholdi in den Jahren 1866 bis 1903 schuf. Auch auf dem 1897 eingeweihten Hermann Heights Monument in New Ulm, Minnesota, trägt Hermann der Cherusker einen Flügelhelm. 1899 stattete der ostwestfälische Bildhauer Heinrich Wefing seine Plastik des Sachsenherzogs Widukind, die er für einen Brunnen in Herford schuf, mit einem Flügelhelm aus.
Die zweite Wurzel des Glaubens an gallische oder germanische Flügelhelme ist bei dem griechischen Schriftsteller Diodorus Siculus zu finden. Er schreibt in seinem im ersten Jahrhundert v. Chr. entstandenen Geschichtswerk über die Gallier:
Diese Angabe lässt die Deutung immerhin zu, dass Gallier auch Flügel an ihren Helmen befestigten, die archäologisch nicht nachweisbar sind, da sie aus organischem Material bestanden und verrotteten.[3] Die gallischen Helme, die gefunden wurden, sind aber eher rund bis konisch und weisen außer einer Spitze am Scheitelpunkt des Helmes keinerlei Vorrichtungen auf, mit denen Tierflügel seitlich hätten angebracht werden können.
Zur weit verbreiteten Vorstellung, die Germanen hätten Flügelhelme getragen, hat auch die lange übliche Kostümierung in den Opern Richard Wagners beigetragen, in denen Recken und Asen Flügelhelme trugen.
Heraldik
In der Heraldik sind der Flügelhelm oder Merkurhut und der Merkurstab eine gemeine Figur und steht als Symbol des römischen Gottes Merkur für Handel.
Die seltene Wappenfigur kann in allen heraldischen Tinkturen im Wappen oder Feld sein; Gold ist aber bevorzugt. Andere Bezeichnungen wie Merkurhelm, Flügelhut oder Hermeshut sind in der Heraldik gleichwertig.
Populärkultur
Das 1925 eingeführte Markenzeichen der französischen Zigarettenmarke Gauloises (frz. für „Gallierinnen“) zeigt einen Flügelhelm. Daran angelehnt stellte der Zeichner Uderzo viele Gallier seiner Comicserie Asterix mit Flügelhelmen dar.[4]
In der angloamerikanischen Populärkultur sind sie ebenfalls verbreitet: So trägt der übernatürlich schnelle Superheld The Flash seit den 1940er Jahren einen Flügelhelm, der auf die Kopfbedeckung des griechischen Gottes Hermes verweist. Stilisierte Flügel finden sich auch auf den Helmen mehrerer Football-Mannschaften wie den Michigan Wolverines. In dem Fantasy-Roman Der Herr der Ringe des englischen Schriftstellers J.R.R. Tolkien gehören Flügelhelme zur Ausstattung der Krieger des fiktiven Reiches Gondor.[5]
Abbildungen
- Die Göttin Roma mit Flügelhelm auf einem Denar des Cn. Lucretius Trio aus dem Jahr 136 v. Chr.
- Merkur mit seinem typischen Flügelhelm, Gemälde von Hendrick Goltzius, 1611
- Das Denkmal des Vercingetorix in Clermont-Ferrand (Detail)
- Detailansicht des Hermannsdenkmals bei Detmold
- Der germanische Gott Odin mit einem Flügelhelm, 1888
- Brünnhilde mit einem Flügelhelm. Illustration von Arthur Rackham (1867–1939) zu Richard Wagners Oper Die Walküre.
- Verschiedene Figuren aus den Asterix-Comics auf einem Wandgemälde in Brüssel
- Das Logo der Zigarettenmarke Gauloises in seiner aktuellen Form
- drei Merkurhüte (2;1) im Wappen von Emmelshausen
- Schwebender Merkurhut im Wappen von Belum
- Merkurhut im Schildhaupt von Wadern (Ort) (galt bis 1974)
- Historisches Logo der Mustermesse Basel
Weblinks
- , , , Wendelin Boeheim: Handbuch der Waffenkunde. Das Waffenwesen in seiner historischen Entwickelung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (= Seemanns kunstgewerbliche Handbücher. Bd. 7, ZDB-ID 53757-3). Seemann, Leipzig 1890 (Nachdruck. Fourier Verlag, Wiesbaden 1985, ISBN 3-201-00257-7), komplett online einsehbar.
- Website Hermann Historica, München, Hellenistischer Pilos Helm mit Flügeln
- Website Christie’s, London, Phrygisch-Chalkidischer Flügelhelm
Fußnoten
- Wendelin Boeheim: Handbuch der Waffenkunde. Das Waffenwesen in seiner historischen Entwickelung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (= Seemanns kunstgewerbliche Handbücher. Bd. 7, ZDB-ID 53757-3). Seemann, Leipzig 1890, S. 31 (Abb.), 43 (Abb.), 52 (Abb., Text), (Nachdruck. Fourier Verlag, Wiesbaden 1985, ISBN 3-201-00257-7).
- Diodorus Siculus: Bibliothéke historiké, V, 30, 2.
- Auch zum Folgenden siehe René van Royen, Sunnyva van der Vegt: Asterix – Die ganze Wahrheit. C. H. Beck Verlag, München 1998, ISBN 3-406-43457-6, S. 22 f.
- René van Royen, Sunnyva van der Vegt: Asterix – Die ganze Wahrheit. C. H. Beck Verlag, München 1998, ISBN 3-406-43457-6, S. 22.
- David Day: J. R. R. Tolkiens fantastische Welt. Moewig, München 1980, ISBN 3-8118-1006-5, S. 122f.