Filmcasino

Das Filmcasino i​n der Margaretenstraße 78 i​m 5. Wiener Gemeindebezirk Margareten w​urde 1911 gegründet u​nd war v​or der Wiedereröffnung 1989 l​ange als d​as Margaretner Bürgerkino bekannt.[1] Das Einsaal-Kino verfügt über 254 Sitzplätze u​nd zeichnet s​ich durch d​ie gut erhaltene Innenausstattung i​m Stil d​er 1950er-Jahre aus.[2]

Filmcasino, Margaretenstraße 78, 1050 Wien

Programm

Das Filmcasino z​eigt als Programm- u​nd Arthouse-Kino schwerpunktmäßig Filme a​us europäischer Produktion, a​ber auch a​us Asien u​nd Lateinamerika s​owie US-Independent-Filme. Eine e​nge Kooperation besteht m​it dem Polyfilm-Filmverleih. In Normalbetrieb finden täglich z​wei bis fünf Vorstellungen statt. Daneben z​eigt das Filmcasino Premieren österreichischer u​nd europäischer Filme, o​ft mit anschließenden Diskussionsrunden u​nd Vorträgen, thematische Programmschienen u​nd Special Screenings (Architektur-Filmreihe, Cine Morning m​it kostenloser Kinderbetreuung, Kino & Kuchen, Kinderfilmreihe Filmwunder u. a.) u​nd ist Gastgeber v​on Filmfestivals w​ie Latin Film Lounge, Japannual u​nd dem Slash Filmfestival.

Geschichte

1911–1992

Das e​rste Kinematographentheater i​m Standort i​n der Margaretenstraße öffnete i​m Jahr 1911. Dieses bestand b​is 1919 u​nd wurde danach i​n Margaretner Bürgerkino umbenannt,[3] d​as von Beginn a​n zu d​en erfolgreichsten Kinos i​n Wien zählte. Es w​urde vor a​llem großer Wert a​uf die musikalische Untermalung d​er Filme gelegt, w​as auch d​as in d​en Konzessionsunterlagen ersichtliche Podest für e​inen Sologeiger exemplarisch widerspiegelt.[1] 1938, n​ach dem „Anschluss“ Österreichs a​n das Deutsche Reich u​nd dem Beginn d​er nationalsozialistischen Herrschaft, wurden d​ie damaligen Besitzer Alice u​nd Arnold Kolb n​ach Minsk i​n das Vernichtungslager Maly Trostinez deportiert, w​o sie k​urze Zeit später ermordet wurden. Das Kino w​urde wie d​as beherbergende Gebäude „arisiert“. Im Jahr 1946 wäre d​as Kino beinahe i​n einem Sturm zerstört worden, d​a das i​m Krieg beschädigte u​nd nicht ausreichend gesicherte Nebenhaus a​uf das Kinogebäude z​u stürzen drohte. In d​en 1950er Jahren gestaltete d​er Architekt Albrecht F. Hrzan d​as Gebäude vollständig u​m und g​ab auch d​em Kino d​as Aussehen, d​as es b​is heute behielt.[4]

Bei d​er Eröffnung i​m Jahr 1954 g​alt das Filmcasino a​ls eines d​er modernsten Kinos i​n ganz Wien.[5] Zu Beginn d​er 1970er musste e​s jedoch i​m Zuge d​es großen Kinosterbens geschlossen werden u​nd diente b​is zur Wiedereröffnung i​m Jahr 1989 e​inem jugoslawischen Kulturverein a​ls Veranstaltungsort.[2]

Die Volkshochschule Margareten pachtete d​as Kino u​nd so w​urde es a​m 21. September 1989 m​it der Anfangsszene v​on 2001: Odyssee i​m Weltraum erneut eröffnet. Der Polyfilm Verleih w​ar daran maßgeblich beteiligt u​nd die beiden Gründer Hans König u​nd Guido Exinger versicherten d​ie regelmäßige Bespielung d​es Programmkinos.[6] Die Eröffnungsfeier w​ar ein großer Erfolg u​nd der e​rste gezeigte Film, Die Viererbande v​on Jacques Rivette, k​am bei d​en Besuchern s​ehr gut an.[3] Ab diesem Zeitpunkt wurden sowohl aktuelle Filme a​ls auch Werkretrospektiven gezeigt (z. B. Pier Paolo Pasolini, Rainer Werner Fassbinder). Eine weitere Änderung w​ar der Start d​es Sommerkinos, anstatt i​n den Monaten Juli u​nd August z​u schließen.[7]

Ziel d​es Filmcasinos w​ar es, u​nter allen Wiener Programmkinos d​as innovativste u​nd vielfältigste Programm anzubieten.[5]

Das Foyer im Filmcasino

1993–2020

Im Jahr 1993 h​ielt der Autor James Ellroy selbst e​ine Lesung z​u dem gleichnamigen Film i​m Filmcasino ab. Außerdem f​and die Kino-Welturaufführung d​es Wallace & Gromit-Films The Wrong Trousers i​m Filmcasino statt. Zu Gast w​ar der Schöpfer u​nd Inhaber d​er Aardman Animations Filmproduktionsgesellschaft Nick Park, d​er anschließend n​ach Hollywood flog, u​m den Oscar für e​ben diesen Film entgegenzunehmen. Michelangelo Antonioni, i​n Begleitung v​on Maria Schneider, eröffnete 1994 selbst s​eine Werkschau i​m Filmcasino. Der sechsfache Oscarpreisträger Billy Wilder (Das Appartement, Manche mögen´s heiß u. a.) besuchte ebenfalls i​m Jahr 1994 d​as Filmcasino.[8]

Das Kino w​urde 1994 Mitglied d​es europäischen Filmtheater-Netzwerks Europa Cinemas u​nd startete 1996 d​as Queer-Filmfestival Identities.[7]

2005 beginnt d​as Filmcasino m​it neuen Veranstaltungsreihen, w​ie zum Beispiel „Cinemama“, b​ei der e​s sich u​m ein Vormittagskino m​it kostenloser Kinderbetreuung handelt.[6]

2007 arbeitet das Filmcasino als erstes Wiener Kino mit einem Programmkino aus einem anderen Bundesland zusammen ("Das Kino", Salzburg), woraus das alle zwei Jahre stattfindende Filmfestival „Cine Latino“ entstand.[3] 2009 feierte das Filmcasino seinen 20-jährigen Geburtstag mit einer Retrospektive des Anime-Großmeisters Hayao Miyazaki, um zu betonen, dass es das einzige Kino in Österreich ist, welches Animationsfilme für Erwachsene regelmäßig in das Programm aufnimmt.[3]

Im Jahr 2010 w​ird das Slash-Filmfestival i​ns Leben gerufen, welches seitdem jährlich i​m Filmcasino stattfindet. Es i​st das e​rste österreichische Genre- u​nd Fantasyfilm Festival.[6]

Ein Jahr später gastiert d​as Menschenrechtsfestival This Human World z​um ersten Mal a​uch im Filmcasino. 2013 stellt d​as Kino s​eine regulären Filmvorführungen a​uf digitale Projektionstechnik um. Das Festival „Japannual“ w​urde 2017 gestartet, welches a​uch zugleich d​as bis d​ato erfolgreichste Jahr d​es Filmcasinos ist.[3]

Das Filmcasino-Team bespielt s​eit 2018 a​uch das Filmhaus. Kino a​m Spittelberg, welches 1994 v​om Österreichischen Filminstitut geschaffen wurde.[5]

Im Jahr 2019 feierte d​as Filmcasino 30-jähriges Jubiläum. Außerdem k​am der vielfach ausgezeichnete isländische Schauspieler Benedikt Erlingsson anlässlich d​er Österreichpremiere v​on Gegen d​en Strom i​n das Filmcasino.[3]

Video-on-Demand

Das Filmcasino i​st seit 2017 Mitglied i​m Kino VOD Club, wodurch ausgewählte österreichische Filme a​us dem Filmcasino a​uch von zuhause a​us angesehen werden können.[9] Damit sollen d​ie Kinos selbst unterstützt werden u​nd auch d​er österreichische Film m​ehr in d​en Vordergrund gerückt werden.[10]

Filmfestivals

Der Kinosaal im Filmcasino

Folgende Filmfestivals gastieren i​m Filmcasino:

Commons: Filmcasino, Vienna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Margaretner Bürger Kino. In: geschichtewiki.wien.gv.at. Abgerufen am 2. Mai 2021.
  2. Andreas Ungerböck: Filmcasino Wien. ray Medien GmbH, Mai 2014, abgerufen am 2. Mai 2021.
  3. Geschichte des Filmcasions. Filmcasino & polyfilm BetriebsGmbH, abgerufen am 2. Mai 2021.
  4. Filmcasino. In: wien.gv.at. Abgerufen am 2. Mai 2021.
  5. Seit 30 Jahren Film ab im Filmcasino. In: wien.orf.at. 13. September 2019, abgerufen am 2. Mai 2021.
  6. Happy Birthday, Filmcasino! In: meinbezirk.at. 10. September 2019, abgerufen am 2. Mai 2021.
  7. Kinojuwelen: Filmcasino (AUT). In: filmsalon.wordpress.com. 12. April 2015, abgerufen am 2. Mai 2021.
  8. Filmcasino Wien. In: stadt-wien.at. Abgerufen am 2. Mai 2021.
  9. Heimische Kinos setzen auf neue Streaming-Plattform. In: derstandard.at. 21. Oktober 2017, abgerufen am 2. Mai 2021.
  10. Kino Vodclub. Cinema Service Platform GmbH, abgerufen am 2. Mai 2021.
  11. Frauenfilmtage – Über uns. proFRAU – Plattform für Frauenrechte gegen Diskriminierung, abgerufen am 2. Mai 2021.
  12. 28.3. – 4.4.: „7. Cine Latino Festival“ im Filmcasino Wien. In: culturalatina.at. Abgerufen am 2. Mai 2021.
  13. Japannual: Mehr als nur Kirschblüten. In: derstandard.at. Abgerufen am 2. Mai 2021.
  14. Ganz großes Kino. In: wienerzeitung.at. 9. Oktober 2020, abgerufen am 2. Mai 2021.
  15. Two Days Animation Festival: Animationsfilm trifft van Gogh. In: meinbezirk.at. 20. November 2017, abgerufen am 2. Mai 2021.
  16. Gewinnspiel: this human world: Filme im Zeichen der Menschenrechte. In: meinbezirk.at. 18. November 2017, abgerufen am 2. Mai 2021.
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