Famatinit
Famatinit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Cu3SbS4[1], ist also chemisch gesehen ein Kupfer-Sulfoantimonat.
Famatinit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
Stibioluzonit |
Chemische Formel | Cu3SbS4[1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
2.KA.10 (8. Auflage: II/C.06) 03.02.02.02 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | tetragonal |
Kristallklasse; Symbol | tetragonal-skalenoedrisch; 42m[2] |
Raumgruppe | I42m (Nr. 121)[1] |
Gitterparameter | a = 5,38 Å; c = 10,76 Å[1] |
Formeleinheiten | Z = 2[1] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3,5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 4,635; berechnet: 4,66[3] |
Spaltbarkeit | gut nach {101}, deutlich nach {100}[3] |
Bruch; Tenazität | uneben bis muschelig; spröde |
Farbe | dunkles Bräunlichviolett |
Strichfarbe | schwarz |
Transparenz | undurchsichtig |
Glanz | Metallglanz bis matt |
Famatinit ist in jeder Form undurchsichtig und entwickelt nur selten kleine Kristalle in krustigen Überzügen. Meist findet er sich in Form körniger bis massiger Aggregate von dunkel bräunlichvioletter Farbe bei schwarzer Strichfarbe. Frische Proben weisen zunächst einen metallischen Glanz auf, werden dann aber durch fortschreitende Verwitterung matt.
Mit Luzonit (Cu3AsS4) bildet Famatinit eine Mischkristallreihe.[3]
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Famatinit in der Sierra de Famatina östlich der argentinischen Anden und beschrieben 1873 von Alfred Wilhelm Stelzner, der das Mineral nach seiner Typlokalität benannte.
Klassifikation
Bereits in der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Famatinit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Schwefel, Selen, Tellur ≈ 1:1“, wo er zusammen mit Barquillit, Briartit, Černýit, Ferrokësterit, Hocartit, Kësterit, Kuramit, Luzonit, Permingeatit, Petrukit, Pirquitasit, Rhodostannit, Sakuraiit, Stannit, Toyohait und Velikit die „Stannitgruppe“ mit der System-Nr. II/C.06 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Famatinit ebenfalls in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“, dort allerdings in die neu definierte Abteilung der „Sulfarsenate“ ein. Zusätzlich werden die Sulfarsenate weiter unterteilt, je nachdem, ob die Verbindung über (As,Sb)S4-Tetraeder oder mit zusätzlichem Schwefel aufgebaut ist. Das Mineral ist daher entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Sulfarsenate mit (As,Sb)S4-Tetraedern“ zu finden, wo es zusammen Barquillit, Briartit, Luzonit und Permingeatit die „Luzonitgruppe“ mit der System-Nr. 2.KA.10 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Famatinit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“, dort allerdings in die Abteilung der „Sulfosalze“ ein. Hier ist er zusammen mit Luzonit und Permingeatit in der „Luzonitgruppe“ mit der System-Nr. 03.02.02 innerhalb der Unterabteilung „Sulfosalze mit dem Verhältnis z/y = 4 und der Zusammensetzung (A+)i(A2+)j[ByCz], A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ zu finden.
Kristallstruktur
Famatinit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe I42m (Raumgruppen-Nr. 121) mit den Gitterparametern a = 5,38 Å und c = 10,76 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Bildung und Fundorte
Famatinit bildet sich ähnlich dem Luzonit in kupfer-, arsen- und antimonreichen, niedrig- bis mittelgradigen Hydrothermal-Adern, wo er neben diesem und Enargit noch mit vielen weiteren Sulfiden vergesellschaftet auftreten kann wie unter anderem Bismuthinit, Chalkopyrit, Covellin, Markasit, Pyrit, Sphalerit, Tetraedrit und Tennantit, dem Sulfat Baryt, dem ebenfalls meist anwesenden Quarz sowie gediegen Silber und Gold.[3]
Als eher selten vorkommende Mineralbildung kann Famatinit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher (Stand: 2012) rund 120 Fundorte bekannt.[4] Neben seiner Typlokalität Sierra de Famatina in der Provinz La Rioja trat das Mineral in Argentinien noch in der „Capillitas Mine“ im Departamento Andalgalá (Catamarca), bei El Guaico im Departamento Minas (Córdoba) sowie in der „El Quevar Mine“, der „Armonía Mine“ und der „Julio Verne Mine“ (Salta) auf.
In Deutschland konnte das Mineral bisher nur in der Grube Clara in Baden-Württemberg, der Grube Bayerland bei Waldsassen in Bayern, der Grube Lüderich bei Altenbrück und den Kupfergruben bei Marsberg in Nordrhein-Westfalen sowie bei Sadisdorf in Sachsen gefunden werden.
In Österreich fand sich Famatinit bisher vor allem in der Umgebung der Tiroler Gemeinden Brixlegg und Rattenberg, trat aber auch am Hüttenberger Erzberg in Kärnten und im Schwarzleograben bei Hütten/Leogang in Salzburg auf.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Bolivien, Bulgarien, Chile, China, Frankreich, Griechenland, Grönland, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Mazedonien, Mexiko, Namibia, Papua-Neuguinea, Peru, Philippinen, Russland, Slowakei, Spanien, Südafrika, Taiwan, Tunesien, Ungarn, Usbekistan, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[5]
Siehe auch
Literatur
- Alfred Stelzner: Mineralogische Beobachtungen im Gebiete der Argentinischen Republik. In: Mineralogische Mittheilungen. Band 4, 1873, S. 219–254 (rruff.info [PDF; 3,1 MB; abgerufen am 20. Juni 2019]).
- Richard V. Gaines: Luzonite, Famatinite and some related Minerals. In: The American Mineralogist. Band 42, 1957 (rruff.info [PDF; 896 kB; abgerufen am 20. Juni 2019]).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 438 (Erstausgabe: 1891).
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 348.
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 168 (als Stibioluzonit).
Weblinks
- Mineralienatlas: Famatinit (Wiki)
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 79.
- David Barthelmy: Famatinite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 20. Juni 2019 (englisch).
- Famatinite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 62 kB; abgerufen am 20. Juni 2019]).
- Localities for Famatinite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. Juni 2019 (englisch).
- Famatinite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. Juni 2019 (englisch).