Euphorbia resinifera
Euphorbia resinifera, auch Maghrebinische Säulenwolfsmilch oder Vierkantige Euphorbie genannt, ist eine Art aus der Familie der Wolfsmilchgewächse. Die Pflanze wächst in Marokko an den Hängen des Atlas.
Euphorbia resinifera | ||||||||||||
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Maghrebinische Säulenwolfsmilch (Euphorbia resinifera) in der Blütezeit | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Euphorbia resinifera | ||||||||||||
O.Berg |
Merkmale
Euphorbia resinifera ist ein sukkulenter Strauch, der im Habitus an Kakteen erinnert. Er bildet halbkugelige, dicht gedrängte polsterartige Kolonien, die eine Wuchshöhe von 40 bis 50 Zentimeter bei einem Durchmesser von 2 bis 3 Metern erreichen. Die Sprossachsen sind von der Basis an verzweigt, grün bis graugrün gefärbt, sie besitzen 2 bis 4 Zentimeter Durchmesser. Sie sind vierkantig, mit vier schwach abgesetzten, gezähnten Rippen. Die stacheltragenden Zähne (Vorsprünge) auf den Rippen sind dreieckig bis eiförmig, jeweils 5 bis 10 Millimeter voneinander entfernt, sie tragen paarige, kastanienbraun gefärbte Stacheln (gedeutet als umgebildete Nebenblätter) von 5 bis 10 Millimeter Länge. Die rudimentären Blätter, die an der Stachelbasis entspringen, sind bald abfallend.
Die Blütenstände erscheinen an der Triebspitze, sie bestehen aus drei Cyathien (den charakteristischen Scheinblüten der Wolfsmilchgewächse), von denen die beiden seitlichen, kurz gestielten zwittrig sind, die zentrale, sitzende ist rein männlich. Die becherartige Blütenhülle aus Hochblättern (Involucrum) hat etwa 2,5 Millimeter Durchmesser. Die fünf bis sechs gelb gefärbten Nektardrüsen sind elliptisch bis herzförmig. Die Kapselfrucht ist reif gelblich gefärbt.
Von der ähnlichen Euphorbia echinus, mit der sie zusammen vorkommen kann, unterscheiden der vierkantige, nicht fünf- bis achtkantige Trieb und die unterbrochene, nicht auf den Kanten zusammenhängende Bestachelung.[1]
Verbreitung und Standort
Euphorbia resinifera ist ein Endemit Marokkos, sie wächst an steinigen Hängen des Atlas-Gebirges, seltener auch im Antiatlas,[2] in der Region um Tafraoute, Pflanzen von dort sind als var. chlorosoma Croizat beschrieben worden.[3] Im Atlas bildet die Art stellenweise, so in der Gegend von Demnate teilweise riesige Polster, die kaum noch Platz für andere Pflanzenarten lassen. Sie wächst hier in Höhen von 600 bis 1100 Metern, vereinzelte Angaben gibt es bis 1800 Meter. Sie wächst in niederen Höhen bis etwa 850 Meter in Buschsteppen, gemeinsam mit der Zwergpalme (Chamaerops humilis) und der Akazienart Vachellia gummifera, in höheren Lagen teilweise als Unterwuchs in lockeren Steineichen-Hainen.[4]
In Marokko gibt es drei ähnliche sukkulente, kakteen-ähnliche Wolfsmilch-Arten, neben Euphorbia resinifera und Euphorbia echinus Hook. f. & Coss. kommt Euphorbia officinarum L. subsp. beaumiereana Hook f. & Coss. vor.[5] Ähnlich ist die auf den Kanarischen Inseln endemische Kanaren-Wolfsmilch (Euphorbia canariensis).
Auf der Art parasitiert die ebenfalls endemische Pflanzenart Striga barthlottii aus der Familie der Sommerwurzgewächse.[6]
Chemische Bestandteile
In der Blütezeit kann man aus dem kaktusartigen Stamm und den Sprossen einen Milchsaft entnehmen, der als Euphorbium Officinarum bezeichnet wird.[7] Dieser Milchsaft beinhaltet eine hohe Konzentration von Resiniferatoxin, das als Ausgangsstoff bei der Entwicklung einer neuen Klasse von Analgetika verwendet wird.[8] Untersuchungen haben gezeigt, dass Resiniferatoxin mit dem TRPV1-Kanal wechselwirkt. TRPV1 ist ein Kationen-Kanal des Nervensystems und dient als Schmerzrezeptor. Er reagiert auch auf das Vanilloid Capsaicin, das in einigen Paprika-Arten vorkommt. Des Weiteren enthält der Milchsaft alpha- und beta-Euphorbol sowie den Triterpenalkohol Euphol.[9]
Kulturgeschichte
Die Pflanze wird bereits in der Antike erwähnt. Angeblich wurde sie von König Juba II. von Mauretanien am Berg Atlas entdeckt und zuerst beschrieben. Dieser benannte die Pflanze nach seinem Leibarzt Euphorbus (Bruder des Antonius Musa, Leibarzt des Augustus) „Euphorbia“. Damit geht nicht nur der Name dieser Art, sondern der ganzen heutigen Pflanzengattung und Familie letztlich auf König Juba zurück. Jubas Werk über die Pflanze ist verschollen, wir wissen von ihm durch ausführliche Zitate in der Naturalis historia des römischen Gelehrten Plinius.[10][11] Die Art wurde wegen ihrer medizinischen Eigenschaften auch von anderen antiken Autoren wie Galen und Dioskurides erwähnt, eine Abbildung aus dem Codex Neapolitanus, einer Abschrift nach Dioskurides aus dem 6. Jahrhundert wurde als die älteste Abbildung der Art identifiziert.[12] Der Saft der Pflanze war nach Plinius so gefährlich, dass man die Pflanze aus gehörigem Abstand mit einer Stange anstach und den austretenden milchähnlichen Saft dann in dem Magen eines Ziegenkitzes auffing[13]. Das Harz von Euphorbia resinifera (und ähnlicher Euphorbiumharz liefernder Arten) wurde als Euphorbium[14] bezeichnet. Es sah dem Weihrauchharz sehr ähnlich[15].
Einzelnachweise
- José Manuel Sánchez de Lorenzo-Cáceres: Las euphorbias suculentas. XII. congreso national de cactus y suculentas de Cheste (Valencia), abril de 2007. 23 pp 2007.
- Hubert Müller: Marokkanische Euphorbien. In: Kakteen und andere Sukkulenten. Band 3, Nr. 2, 1952, S. 9–11.
- Susan Carter: Euphorbias of Southern Morocco. In: Cactus and Succulent Journal. Band 77, Nr. 1, 2004, S. 34–37.
- W. Rauh: Vegetationsstudien im Hohen Atlas und dessen Vorland. In: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Band 1, 1952, S. 54–56.
- P. Quezel, M. Gast: Euphorbes. In: Encyclopédie berbère. Band 18: Escargotière – Figuig. Peeters Publishers, 1997, ISBN 2-85744-948-8.
- Eberhard Fischer, Wolfram Lobin, Jens Mutke: Striga barthlottii (Orobanchaceae), a new parasitic species from Morocco. In: Willdenowia. Band 41, 2011, S. 51–56.
- Bruno Vonarburg: Homöotanik: Extravagante Exoten. Haug, Stuttgart 2001, ISBN 3-8304-7029-0, S. 270.
- Giovanni Appendino, Arpad Szallasi: Euphorbium: Modern research on its active principle, resiniferatoxin, revives an ancient medicine. In: Life Sciences. Band 60, Nr. 10, 1997, S. 681–696, doi:10.1016/S0024-3205(96)00567-X.
- R. Giebelmann: Kulturgeschichtliches zu Wolfsmilchgewächsen. Institut für Rechtsmedizin im Klinikum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald 2007. (gtfch.org)
- Laurence Totelin: Botanizing rulers and their herbal subjects: plants and political power in Greek and Roman literature. In: Phoenix Band 66, Nr. 1/2, 2012, S. 122–144, Stable URL: https://www.jstor.org/stable/10.7834/phoenix.66.1-2.0122
- J. M. MacGregor: Plant names: some classical allusions from South African flower names. In: Journal of the Botanical Society of South Africa. Band 60, 1974, S. 42–48.
- Pjotr Lawant, Diny Winthagen: Euphorbia resinifera portrayed in a manuscript herbal nearly fifteen hundred years ago. In: Bradleya. 19, 2001, S. 3–14, doi:10.25223/brad.n19.2001.a3.
- Plinius, HN 25.79
- Vgl. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 142.
- Plinius, HN 25.79