Esther Benbassa
Esther Benbassa (* 27. März 1950 in Istanbul) ist eine französische Historikerin, Hochschullehrerin und Politikerin (Grüne).
Leben
Benbassa stammt aus einer wohlhabenden Familie sephardischer Juden in Istanbul. Ihre Mutter, mit der sie Ladino sprach, war eine der wenigen Überlebenden des von den deutschen Besatzern im Zweiten Weltkrieg ab 1943 verübten Völkermords an den Juden von Thessaloniki.[1] 1965 wanderte Benbassa im Alter von 15 Jahren aus der Türkei nach Israel aus. 1972 schloss sie ihr Studium der Philosophie und französischen Literatur an der Universität Tel Aviv ab (BA). Im selben Jahr begann sie mit der Fortsetzung ihrer Studien an der Universität Paris VIII. 1975 beendete sie diese mit einem Master. 1978 promovierte sie an der Universität Paris VIII.
1987 erfolgte die Promotion an der Universität Paris III. 1988–89 Post-Promotions-Studien an der Hebräischen Universität Jerusalem. Von 1989 bis 2000 fungierte sie als Forschungsdirektorin am renommierten Centre national de la recherche scientifique (CNRS).
Im Jahr 1996 war sie als Gastwissenschaftlerin am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien der Universität Potsdam tätig.
Im Jahr 2000 berief sie die Sorbonne zur Professorin für jüdische Geschichte der Neuzeit, wo sie bis September 2011 lehrte.
Sie gründete 2002 das Centre Alberto Benveniste d'études sépharades et d'histoire socioculturelle des Juifs, das sie seither auch leitet. Ferner forscht sie am Centre Roland Mousnier (CNRS-Universität Paris IV).
Am 1. Oktober 2011 wurde sie als Senatorin über die Liste der Grünen Partei Frankreichs, Europe Écologie-Les Verts, in die 2. Kammer der französischen Parlaments gewählt.
Sie ist Autorin zahlreicher Werke zur jüdischen Geschichte und zur vergleichenden Geschichte von Minderheiten. Ihre Werke wurden in mehr als zehn Sprachen übersetzt. Esther Benbassa hat sich im jüdisch-islamischen Dialog und zu Fragen des Rassismus und der Diskriminierung engagiert. Immer wieder analysiert sie auch den israelisch-palästinensischen Konflikt und dessen Rückwirkungen auf Europa. Sie hat sich wiederholt gegen eine kritiklose Unterstützung der Politik Israels durch Juden in der Diaspora sowie gegen die von ihr beklagte Tendenz ausgesprochen, den Holocaust als religiösen Kult zu missbrauchen oder in einem „Krieg der Erinnerungen“ politisch zu instrumentalisieren.[2][3]
Auszeichnungen
- 2005: Ritter des Ordre national du Mérite[4]
- 2006: Prix Seligmann für das Eintreten gegen Rassismus, Ungerechtigkeit und Intoleranz
- 2008: Prix Guizot (Bronzemedaille) der Académie française für La Souffrance comme identité
- 2011: Ritter der Ehrenlegion
Schriften (Auswahl)
In deutscher Sprache liegen Übersetzungen einiger Bücher von Esther Benbassa vor:
- Jude sein nach Gaza. Les Éditions du Crieur Public in Zusammenarbeit mit dem Verlag tredition, Hamburg 2010
- Die Geschichte der sephardischen Juden. Von Toledo bis Saloniki. Winkler Verlag, Bochum 2005 (mit Aron Rodrigue)
- Haben die Juden eine Zukunft? Chronos, Zürich 2002 (mit Jean-Christophe Attias)
- Geschichte der Juden in Frankreich. Philo-Verlag, Berlin 2000
Einzelnachweise
- Esther Benbassa : « Je suis une juive du monde », in: Villa Voice vom 28. November 2014, abgerufen am 7. Januar 2015 (französisch)
- Esther Benbassa: How One Becomes a Traitor (PDF; 4,5 MB), in: Nathalie Debrauwere-Miller (Hg.): Israeli-Palestinian Conflict in the Francophone World, New-York & London, Routledge, 2010, S. 232–249 (englisch)
- Esther Benbassa: À qui sert la guerre des mémoires? (PDF; 5,8 MB), in: Pascal Banchard et Isabelle Veyrat-Masson (Hg.): Les Guerres de mémoires. La France et son histoire, Paris, La Découverte, 2008, S. 252–261. (französisch)
- Centre Alberto Benveniste, abgerufen am 7. Juni 2012.
Weblinks
- Literatur von und über Esther Benbassa im SUDOC-Katalog (Verbund französischer Universitätsbibliotheken)
- www.estherbenbassa.net, persönlicher Webauftritt von Esther Benbassa, abgerufen am 6. Juni 2012
- www.crieur-public.com/autoren/esther-benbassa/