Ernst-Reuter-Haus
Das Ernst-Reuter-Haus ist ein Verwaltungsgebäude an der Straße des 17. Juni im Berliner Ortsteil Charlottenburg des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf mit rund 30.000 m² Nutzfläche. Es entstand in den Jahren 1938 bis 1942 nach Plänen des Berliner Architekten Walter Schlempp als Gebäude für den Deutschen Gemeindetag. Heute befindet sich im Ernst-Reuter-Haus das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung.
Baugeschichte
Den Deutschen Gemeindetag mit einem repräsentativen Sitz an der geplanten Ost-West-Achse in Berlin auszustatten, war ein Wunsch Adolf Hitlers. Er stellte zu diesem Zweck das an diesem Straßenzug gelegene Grundstück zwischen S-Bahnhof Tiergarten und Charlottenburger Tor gegenüber dem Tiergarten zur Verfügung. Der Bau war Teil der Planungen von Generalbauinspektor Albert Speer für die „Welthauptstadt Germania“; er gilt als der einzige an der Ost-West-Achse realisierter Bau. Die Baukosten wurden mit etwa fünf Millionen Reichsmark geschätzt, für die auch eine Umlage bei allen deutschen Gemeinden herangezogen wurde.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 14. Juni 1938. Die Bauleitung übernahm Walter Schlempp, von dem auch die Entwurfsplanung stammte. „Mit Zustimmung des Führers“[1] wurde Schlempp unterstützt von dem hannoverschen Architekten und Stadtbaurat Karl Elkart, dem maßgeblich die Fassadengestaltung zugeschrieben wird. Im Jahr 1940 bezog eine Baugruppe Speers Räume im Ostflügel. Der Deutsche Gemeindetag konnte erst 1942 in den Westflügel einziehen. Im selben Jahr wurden die Bauarbeiten kriegsbedingt eingestellt. Der Mitteltrakt mit dem Haupteingang befand sich zu dieser Zeit noch im Rohbau. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Baukörper beschädigt, nur noch 26 Räume waren zunächst nutzbar. Die amtliche Karte der Gebäudeschäden 1945 zeigt eine wiederaufbaufähige Teilzerstörung im hinteren Bereich des Mitteltrakts.[2] Das Verzeichnis kriegsbeschädigter Bauten Kriegsschicksale deutscher Architektur. Verluste, Schäden, Wiederaufbau erwähnt das Haus des Deutschen Gemeindetags nicht.[3]
Das Haus war zwischen Mai 1945 und 1951 im Besitz der Alliierten, bevor es dem Deutschen Städtetag zugesprochen wurde, dessen Präsidium erstmals am 19. Oktober 1951 dort tagte. Gemeinsam mit dem Senat von Berlin gründete der Deutsche Städtetag noch im selben Jahr den „Verein zur Pflege kommunalwissenschaftlicher Aufgaben e. V. Berlin“, dem die Verwaltung des Gebäudes übertragen wurde und der ab Juli 1952 auch als Eigentümer des Gebäudes firmierte. In den Jahren 1952 bis 1956 fanden Wiederaufbau und Fertigstellung des Gebäudes durch den Architekten Erich Böckler statt. An den Kosten beteiligten sich viele Mitgliedsstädte des deutschen Städtetages mit einer Spende.
Am 3. Oktober 1953 beschloss das Präsidium des Deutschen Städtetages auf der Trauerfeier für Ernst Reuter, seinen bisherigen Präsidenten und Regierenden Bürgermeister von Berlin, das Haus des Deutschen Gemeindetages in Ernst-Reuter-Haus umzubenennen.[4] In den Jahren nach 1960 wurden Umbauten für die Technische Universität Berlin vorgenommen, die Teile des Gebäudes nutzte. 1985 kam es auf Initiative des Deutschen Städtetages zu einer tiefgreifenden Umgestaltung des Mitteltraktes nach Plänen der Architekten Winnetou Kampmann und Ute Westström, um hier Platz für ein modernes Seminar- und Tagungszentrum, Büroräume und eine Cafeteria zu schaffen. Zwischen 1996 und 2003 erfolgten zahlreiche weitere Umbauten im Inneren, der Ausbau des Dachgeschosses, Modernisierungen der technischen Anlagen und Sanierungen der Fassade.
Nachdem der Deutsche Städtetag als Eigentümer das Ernst-Reuter-Haus im Jahr 2008 an eine 90-prozentige Tochtergesellschaft der Rockpoint Group verkauft hatte, wurde es von dem neuen Eigentümer nach Plänen des Architekturbüros nps tchoban voss umfassend modernisiert und in Abstimmung mit der Berliner Denkmalpflege behutsam saniert.
Im Jahr 2011 wurde das Ernst-Reuter-Haus an die R+V Versicherung verkauft.[5]
Heutige Nutzungen
Der Gebäudetrakt mit einer Geschossfläche von rund 21.000 m² beherbergt seit Ende 2012 das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Ehemalige Mieter waren das Deutsche Institut für Urbanistik, die Senatsbibliothek Berlin und der Berliner Sitz des Deutschen Städtetags.[6]
Literatur
- Matthias Donath: Architektur in Berlin 1933–1945. Ein Stadtführer. 2. durchgesehene Auflage. Herausgegeben vom Landesdenkmalamt Berlin. Lukas-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-936872-26-2, S. 112 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Monatshefte für Baukunst und Städtebau, 9, 1940, S. 227
- Karte der Gebäudeschäden 1945. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin; zu erreichen über „Starten“ und „Historische Karten / Gebäudeschäden 1945“
- Hartwig Beseler, Niels Gutschow (Hrsg.): Kriegsschicksale deutscher Architektur. Verluste, Schäden, Wiederaufbau. Eine Dokumentation für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Band I. Nord. Wachholtz, Neumünster 1988, ISBN 3-529-02685-9, zu Berlin-Charlottenburg, S. 138–152.
- Hans J. Reichhardt (Hrsg.): Berlin. Chronik der Jahre 1951–1954. Herausgegeben im Auftrage des Senats von Berlin. Bearbeitet durch Hans J. Reichhardt, Joachim Drogman (1951/52) und Hanns U. Treutler (1953/54). Heinz Spitzing, Berlin 1968, S. 828 (8 c)
- immobilien-zeitung.de
- Difu-Berichte 3/2009, S. 2 (PDF; 3,1 MB)