Erich Randt

Erich Randt (* 17. Mai 1887 i​n Neu Paleschken, Westpreußen; † 6. Mai 1948 i​n Berlin) w​ar ein deutscher Archivar u​nd Historiker.

Beruflicher Werdegang

Nach d​em Studium d​er Geschichte, Philologie u​nd Jura a​n den Universitäten Breslau u​nd Universität Königsberg absolvierte Randt v​on 1912 b​is 1914 d​en Vorbereitungsdienst für d​en Archivdienst u​nd begann s​eine archivarische Tätigkeit 1914 i​m Staatsarchiv Breslau. Zu Beginn d​es Ersten Weltkriegs t​rat er d​en Kriegsdienst a​n und geriet 1916 i​n britische Kriegsgefangenschaft. Nach d​er Entlassung a​us dreijähriger Gefangenschaft g​ing er z​u Beginn d​es Jahres 1920 a​n das Geheime Staatsarchiv n​ach Berlin u​nd noch i​m selben Jahr wieder a​n das Staatsarchiv Breslau. 1930 übernahm Randt d​ie Leitung d​es Staatsarchivs Stettin, v​on wo a​us er 1935 a​ls Direktor d​es Staatsarchivs wiederum n​ach Breslau wechselte.

Während d​es Zweiten Weltkrieges leitete e​r von 1939 b​is 1944 a​ls Staatsarchivdirektor d​as Archivwesen i​m Generalgouvernement i​n Krakau, w​obei ihm zugutekam, d​ass er fließend Polnisch sprach. 1944 g​ing Randt erneut a​n das Preußische Geheime Staatsarchiv n​ach Berlin-Dahlem, d​as er a​ls (letzter) Direktor leitete u​nd wo e​r noch i​m April 1945 z​um stellvertretenden Generaldirektor d​er Staatsarchive ernannt wurde.

Nach Kriegsende w​urde er i​m Juni 1945 a​us dem Archivdienst entlassen u​nd zum Arbeitseinsatz a​ls Bauarbeiter verpflichtet. Im April 1947 w​urde er z​um Beauftragten d​er polnischen Militärmission i​n Berlin für Archivfragen d​es Ostens ernannt u​nd arbeitete e​ng mit d​em Direktor d​es polnischen Zentralarchivs d​er Historischen Akten i​m Rahmen v​on dessen Restitutions-Mission zusammen.

Wissenschaftliche Tätigkeit

Randt wurde 1912 an der Universität Königsberg mit einer Arbeit über die Mennoniten in Ostpreußen und Litauen summa cum laude promoviert. Als Direktor des Staatsarchivs Stettin war er Vorsitzender der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde und Vorstandsmitglied der Historischen Kommission für Pommern. Bereits 1930 war er zum Ehrenmitglied des Vereins für Geschichte Schlesiens ernannt worden und nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit 1935 in Breslau wurde er Vorsitzender und Schriftleiter dieses Vereins. Weiterhin war er zweiter Vorsitzender der Historischen Kommission für Schlesien, Leiter der Archivberatungsstelle Gesamtschlesien und Leiter der Landesstelle Schlesien für Nachkriegsforschung. Im Jahr 1938 wurde seine Arbeit „Die älteren Personenstandsregister Schlesiens“ vom Verein für Geschichte Schlesiens herausgegeben, die bis heute als Standardwerk über den damaligen Bestand an Kirchenbüchern Schlesiens gilt. Er beteiligte sich aktiv an der Ostforschung. Seine Tätigkeit als Leiter des Archivwesens im besetzten Polen wird teilweise kritisch gesehen, da aus politischen Gründen archivfachliche Grundsätze (Provenienzprinzip) missachtet wurden. Im Februar 1947 hat ihm jedoch die Polnische Militärmission in Berlin bescheinigt, dass er sich in seiner Amtstätigkeit als Leiter der Archivverwaltung im Generalgouvernement von sachlichen und nicht von politisch-polizeilichen Gesichtspunkten leiten ließ. Im Rahmen seiner ihm daraufhin übertragenen Aufgaben für die Archivfragen des Ostens hat er den polnischen Archivaren erhebliche Hilfe geleistet bei der Suche nach den ausgelagerten Archivalien.

Schriften

  • Die Mennoniten in Ostpreußen. Dissertation, Königsberg 1912.
  • Neue Quellen zur Kenntnis der nationalen Herkunft des oberschlesischen Adels. In: Aus Oberschlesiens Vergangenheit und Gegenwart. Heft 1, Gleiwitz 1922, S. 1–23.
  • Regesten zur schlesischen Geschichte. Teil 6: 1338–1342. In: Codex diplomaticus Silesiae. Band 30, 1930.
  • Grenzbeziehungen der schlesischen Piasten Herzog Heinrich I. und Herzog Heinrich II. mit Herzog Barnim I. von Pommern-Stettin und dem Bistum Kammin. In: Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Schlesiens. Nr. 65, 1931, S. 183–204.
  • Die neuere polnische Geschichtsforschung über die politischen Beziehungen West-Pommerns zu Polen im Zeitalter Kaiser Ottos des Großen. Danzig 1932.
  • Grenzfragen im Osten. In: Jahresberichte für deutsche Geschichte. Nr. 8, 1932, S. 564–575.
  • Karl Robert Klempin. In: Adolf Hofmeister, Erich Randt und Martin Wehrmann (Hrsg.): Pommersche Lebensbilder. Band I, Stettin 1934, S. 176–189.
  • Die älteren Personenstandsregister Schlesiens. Görlitz 1938.
  • Jahresbericht für 1935 und 1936. In: Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Schlesiens. Nr. 71, 1938, S. 410–419.
  • Zum Gedächtnis Herzog Heinrichs I. von Schlesien. In: Schlesische Heimat. Nr. 3, 1938, S. 91–96.
  • Politische Geschichte Schlesiens bis zum Jahre 1327. In: Hermann Aubin (Hrsg.): Geschichte Schlesiens. Breslau 1938, S. 63–153.
  • Jahresbericht für 1937 und 1938. In: Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Schlesiens. Nr. 72, 1939, S. 359–367.
  • Die Organisation der Archivpflege in Schlesien und die bisher damit gemachten Erfahrungen. In: Archivalische Zeitschrift. Nr. 45, 1939, S. 187–201.
  • Schlesische Archivpflege 1935–1939. In: Schlesische Geschichtsblätter. 1939, S. 73–86.
  • Aufbau der deutschen Archivverwaltung im Generalgouvernement. In: Mitteilungsblatt der Preußischen Archivverwaltung. Nr. 6, 1941, S. 125–139.
  • Die Archive des Generalgouvernements. In: Die Burg. Vierteljahresschrift des Instituts für Deutsche Ostarbeit. Nr. 1, 1941, S. 25–55; ebd. Nr. 2, 1941, S. 51–91.
  • Archivalische Quellen zur Geschichte des Deutschtums im Generalgouvernement. In: Deutscher Kampf im Osten. Schrifttums- und Dokumentenschau im Generalgouvernement. Krakau 1941, S. 12–17.
  • Anlage der zeitgeschichtlichen Sammlungen bei den Staatsarchiven. In: Mitteilungsblatt der Preußischen Archivverwaltung. Nr. 7, 1942, S. 159–163.
  • Rückblick über die bisherige Arbeit der deutschen Archivverwaltung im Generalgouvernement. In: Mitteilungsblatt der Preußischen Archivverwaltung. Band 8, Nr. 11, 1943, S. 165–174.

Literatur

  • Adolf Diestelkamp: Erich Randt zum Gedächtnis, Nachruf. In: Der Archivar. Heft 2 1949, Sp. 82–88.
  • Karl G. Bruchmann: Erich Randt (1887–1948), Nachruf. In: Zeitschrift für Ostforschung. 6. Jahrgang 1957, Heft 3, S. 403–411.
  • Wolfgang Leesch: Die deutschen Archivare 1500–1945. Band 2: Biographisches Lexikon. Saur, München u. a. 1992, ISBN 3-598-10605-X, S. 473.
  • Stefan Lehr: Ein fast vergessener Osteinsatz. Deutsche Archivare im Generalgouvernement und im Reichskommissariat Ukraine (Schriften des Bundesarchivs, Bd. 68), Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7700-1624-2.
  • Stefan Lehr: Erich Randt (1897-1948). In: Joachim Bahlcke (Hrsg.): Schlesische Lebensbilder. Band XIII, Historische Kommission für Schlesien, Verlag Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg 2021, ISBN 978-3-929817-11-9.
  • 200 lat Archiwum Państwowego we Wrocławiu (200 Jahre Staatsarchiv Breslau/Wrocław). Wrocław 2012.
  • Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5.
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