Erich Brandenburg
Arnold Otto Erich Brandenburg (* 31. Juli 1868 in Stralsund; † 22. Januar 1946 in Leipzig) war ein deutscher Historiker und Genealoge, Autor und Herausgeber historischer Werke.
Von 1886 bis 1891 studierte Brandenburg Rechtswissenschaft und Geschichte an den Universitäten Leipzig, Heidelberg, Göttingen und Berlin. 1890 wurde er zum Dr. phil. in Geschichte an der Universität Berlin promoviert mit der Dissertation: König Sigmund und Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg. 1409-1426, 1894 folgte die Habilitation für Neuere Geschichte an der Universität Leipzig mit der Arbeit: Die Gefangennahme Herzog Heinrichs von Braunschweig durch den Schmalkaldischen Bund (1545). Von 1894 bis 1899 lehrte er als Privatdozent an der Universität Leipzig, 1899 bis 1903 als außerordentlicher Professor und (nach einem Jahr an der Universität Bonn) von 1904 bis 1935 als ordentlicher Professor und Leiter des Historischen Seminars an der Universität Leipzig. 1917 bis 1918 war er der Dekan der Philosophischen Fakultät und 1919 bis 1920 Rektor der Universität Leipzig. Brandenburg war einer der angesehensten Historiker des beginnenden 20. Jahrhunderts. Unverkennbar ist der Einfluss von Karl Lamprecht.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten unterschrieb Brandenburg zum 11. November 1933 das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.
Brandenburg verfasste eine Biografie über Moritz von Sachsen, bei der es sich um eine wichtige quellenkundliche Darstellung handelt, die sich nicht nur auf eine reine kirchengeschichtliche oder politische Darstellung beschränkt, sondern auch kultur- und wirtschaftsgeschichtliche Aspekte einfließen lässt. 1900 begann die Herausgabe der Politischen Korrespondenz des Kurfürsten Moritz von Sachsen, die erst 2006 mit dem sechsten Band unter der Herausgeberschaft von Günther Wartenberg vollendet wurde.
Brandenburgs Hauptwerk Die Reichsgründung (2 Bde., plus 1 Dokumentenband) galt bis in die 1950er Jahre als Grundlagenliteratur zum Thema. So wertete z. B. der deutsche Historiker Hans Herzfeld in seinem Handbuch-Beitrag Die moderne Welt Brandenburgs Werk noch 1950 als „für die politische Entwicklung zur Reichseinheit … unerläßlich“ sowie als „solide und kritisch zuverlässig im Urteil“[1], während Egmont Zechlin Brandenburgs Reichsgründung als „heute überholt“[2] bezeichnete.
Während seines Studiums wurde Erich Brandenburg 1887 Mitglied der schwarzen Verbindung und späteren Burschenschaft Vineta Heidelberg.[3]
Brandenburg war ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften[4] und korrespondierendes Mitglied der Preußischen sowie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[5][6]
Werke (Auswahl)
- (Hrsg.) König Friedrich Wilhelm IV.: Briefwechsel mit Ludolf Camphausen. Gebr. Paetel, Berlin 1906.
- (Hrsg.) Briefe Kaiser Wilhelms des Ersten. Nebst Denkschriften und anderen Aufzeichnungen in Auswahl. Insel-Verlag, Leipzig 1911.
- Die deutsche Revolution 1848, Quelle & Meyer, Leipzig 1912 (online).
- Quellensammlung für den geschichtlichen Unterricht an höheren Schulen (Heft 15) Teubner, Leipzig 1913 (Digitalisat).
- Die Reichsgründung, 2 Bde., Quelle & Meyer, Leipzig 1916/1923 (online: Bd. 1, Bd. 2). Nachdruck der 2., verbesserten Auflage Leipzig 1924: Olms, Hildesheim 2005.
- Wie gestalten wir unsere künftige Verfassung. Quelle & Meyer, Leipzig 1919.
- Die materialistische Geschichtsauffassung, Quelle & Meyer, Leipzig 1920.
- Von Bismarck zum Weltkriege, Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, Berlin 1924 (Unveränd. reprograf. Nachdruck der neuen, verm. Ausg. Leipzig 1939: Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1973).
- Die Nachkommen Karls des Großen, Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte, Leipzig 1935 (Faksimile-Nachdruck: Heinz F. Friederichs (Hrsg.), in: Genealogie und Landesgeschichte, Band 10, Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte, Frankfurt am Main 1964).
Literatur
- Staat und Persönlichkeit. Erich Brandenburg zum 60. Geburtstag. Dargebracht von Alfred Doren, Paul Kirn, Johannes Kühn u. a. Leipzig 1928.
- Cathrin Friedrich: Erich Brandenburg. Historiker zwischen Wissenschaft und Politik. Leipziger Universitätsverlage, Leipzig 1998 (= Leipziger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftspolitik, zugleich: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1995), ISBN 3-929031-95-7.
- Herbert Helbig: Brandenburg, Arnold Otto Erich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 517 (Digitalisat).
Weblinks
- Literatur von und über Erich Brandenburg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Erich Brandenburg in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literaturliste im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin
- Erich Brandenburg im Professorenkatalog der Universität Leipzig
- Übersicht der Lehrveranstaltungen von Erich Brandenburg an der Universität Leipzig (Sommersemester 1895 bis Sommersemester 1914)
- Brandenburg, Erich. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost)
- Original-Scan „Bekenntnis…“: Wahlaufruf für Hitlers Politik, Nov. 1933. E. B.: S. 135, Rubrik: Einzelne Wissenschaftler, linke Spalte (verschrieben zu Brandenberg). Text des Aufrufs davor, in 5 Sprachen.
Einzelnachweise
- Hans Herzfeld: Die moderne Welt 1789-1945. 1. Teil: Die Epoche der bürgerlichen Nationalstaaten (= Geschichte der Neuzeit. Hrsg. von Gerhard Ritter. Bd. 3.1 u. 3.2). 6., ergänzte Aufl. Braunschweig 1969 (Erstaufl. 1950), S. 108, 157.
- Egmont Zechlin: Die Reichsgründung. 4. Aufl. Frankfurt am Main 1981 (Erstaufl. 1967), S. 215.
- Ernst Elsheimer (Hrsg.): Verzeichnis der Alten Burschenschafter nach dem Stande vom Wintersemester 1927/28. Frankfurt am Main 1928, S. 52.
- Mitglieder: Erich Brandenburg, Prof. Dr. phil. habil. Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, abgerufen am 28. Februar 2015.
- Mitglieder der Vorgängerakademien. Erich Brandenburg. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 28. Februar 2015.
- Mitgliedseintrag von Erich Brandenburg bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 25. Dezember 2016.