EnergieVision
EnergieVision e. V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Freiburg im Breisgau. Er wurde im Juli 2000 von der Umweltstiftung WWF Deutschland, der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und dem Öko-Institut e.V. gegründet. Satzungsgemäß verfolgt er das Ziel, den Verbraucher- und den Umweltschutz sowie die Markttransparenz in der Energiewirtschaft zu fördern. Der Verein vergibt das Ökostrom-Gütesiegel ok-power und betreibt einen Strom-Tarifrechner. Die operative Durchführung der Zertifizierung sowie den Betrieb der „Geschäftsstelle“ des ok-power Siegels werden seit 2016 vom Hamburg Institut wahrgenommen.[1]
Produktsiegel ok-power
Der Verein vergibt das Stromsiegel ok-power, mit dem Ökostrom-Angebote zertifiziert werden. Ziel der Siegelvergabe ist es, nicht nur regenerativen Strom aus bestehenden Stromquellen, welche ökologische Zusatzanforderungen erfüllen, zu kennzeichnen, sondern vor allem einen zusätzlichen Ausbau der regenerativen Energieerzeugung zu erreichen. Derzeit (Stand März 2019) sind 74 Anbieter und 36 Ökostromprodukte mit dem ok-power-Siegel ausgezeichnet.[2] 2019 beträgt das Zertifizierungsvolumen voraussichtlich 4,1 TWh. Die Verbraucherzentrale nennt das ok-power-Siegel als eines von drei empfehlenswerten Ökostrom-Gütesiegeln neben dem Grüner Strom Label der Umweltverbände und der EcoTopTen-Liste des Öko-Instituts.[3]
Zertifizierungskriterien
Die Zertifizierung mit dem ok-power-Siegel erfolgt über ein Prüfverfahren durch unabhängige Gutachter. Darin muss der Stromanbieter belegen, dass er die erforderlichen Kriterien erfüllt. Die Einhaltung der Kriterien wird jährlich geprüft.
Die Kriterien für die Vergabe des ok-power-Siegels werden vom Kriterienbeirat[4] des EnergieVision e. V., bestehend aus Energiewende-Experten verschiedener Einrichtungen und Institute, festgelegt und jährlich auf aktuelle Marktbedingungen und Gesetzesänderungen hin geprüft. In der aktuellen Version des Kriterienkatalogs von August 2018[5] beinhaltet die Zertifizierung Pflichtkriterien und Wahlpflichtkriterien.
Pflichtkriterien
Die Pflichtkriterien müssen von allen Ökostromanbietern erfüllt werden. Sie fordern:
- Herkunft des Stroms zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen: Wasserkraft, Biomasse, Photovoltaik, Windkraft, Geothermie, Klärgas
- keine Beteiligung des Ökostromanbieters an Atomkraftwerken, Braunkohlekraftwerken und neuen Steinkohlekraftwerken
- verbraucherfreundliche Vertragsbedingungen, z. B. keine Vorkasse oder Vorgabe von Mindestabnahmemengen
- ökologische Anforderungen an Ökostrom-Erzeugungsanlagen
Wahlpflichtkriterien
Die ok-power-Zertifizierung verlangt über die Pflichtkriterien hinaus einen Beitrag zur Beschleunigung der Energiewende bzw. zur Integration erneuerbarer Energien ins Versorgungssystem zusätzlich zu staatlicher Förderung. Dieser wird über Wahlpflichtkriterien definiert, die der Ökostromanbieter einzeln oder in Kombination erfüllt. Sie untergliedern sich in folgende Schwerpunktbereiche:
- Förderung zusätzlicher neuer Anlagen: a) Beschaffung von Herkunftsnachweisen aus Neuanlagen, b) Initiierung und Betrieb von Erneuerbare-Energien-Neuanlagen, c) Anerkennung nicht-bezuschlagter Neubauprojekte
- Anrechnung von Erzeugung aus ehemals geförderten Bestandsanlagen
- Förderung innovativer Energiewendeprojekte
Förderung zusätzlicher neuer Anlagen
a) Beschaffung von Herkunftsnachweisen aus Neuanlagen
Um einen Anreiz zum Ausbau von Erneuerbare-Energien-Anlagen zu geben, müssen mindestens 33 % des Stroms aus Neuanlagen stammen, die nicht älter sind als:
- 4 Jahre bei Windkraft und Biomasse
- 5 Jahre bei Photovoltaik
- 8 Jahre bei Wasserkraft und Geothermie.
Anlagen, die unter das EEG oder vergleichbare Förderinstrumente im Ausland fallen, werden dabei nicht als Neuanlagen anerkannt.
b) Initiierung und Betrieb von Erneuerbare-Energien-Neuanlagen
Dieses Kriterium honoriert überdurchschnittliches Engagement des Ökostromanbieters in der Projektierung, Finanzierung und dem Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen. Dafür werden durch den zertifizierten Anbieter projektierte und/oder finanzierte Neuanlagen in den ersten vier Jahren mit 100 % und anschließend bis 10 Jahre nach der Inbetriebnahme mit 66 % der geplanten Stromerzeugungsmenge anerkannt. Diese „Initiierungsmenge“ muss mindestens 50 % der nach diesem Kriterium zertifizierten Strommenge und mindestens 33 % des Gesamtabsatzes an Haushalts- und kleine Gewerbekunden entsprechen.
c) Anerkennung nicht-bezuschlagter Neubauprojekte
Das finanzielle Engagement eines Anbieters ist auch dann anrechenbar, wenn er bei einer Ausschreibung für ein Erneuerbare-Energien-Neubauprojekt nicht den Zuschlag erhält. In diesem Fall werden 4 % der geplanten Gesamtinvestitionssumme pauschal als Projektierungskosten anerkannt und können auf bis zu 4 Jahre verteilt werden. Insgesamt darf dieses Wahlpflichtkriterium jedoch maximal für 50 % der Gesamtzertifizierungsmenge pro Jahr verwendet werden. Eine vollständige Zertifizierung allein nach diesem Kriterium ist somit nicht möglich.
Anrechnung von Erzeugung aus ehemals geförderten Bestandsanlagen
Hierbei müssen mindestens 33 % der nach diesem Kriterium zertifizierten Menge mit Herkunftsnachweisen aus Windenenergieanalgen beschafft werden, deren Förderung (etwa nach dem EEG oder vergleichbaren Fördersystemen im Ausland) ausgelaufen ist.
Förderung innovativer Energiewendeprojekte
Damit sollen innovative Projekte und das Engagement für die Energiewende gefördert werden. Ziel ist ein Beitrag zur Integration erneuerbarer Energien in das Versorgungssystem sowie eine stärkere Nutzung der Effizienz- und Einsparpotenziale. Der Anbieter investiert einen Betrag von 0,2 bzw. 0,3 Cent je Kilowattstunde, die an Stromkunden in einem Jahr abgesetzt werden, in einen Innovationsfonds.[2] Schwerpunkte für die Mittelverwendung sind:[6]
- Effizienz- und Einsparmaßnahmen
- Innovative Speichertechnologien
- Virtuelle Kraftwerke und entsprechende Softwareentwicklung und -investition
Ein Kriterium beim Ökostrom ist der Ausschluss von „Doppelvermarktung“. Dazu muss sichergestellt sein, dass der Ökostrom nur einmal an Endkunden verkauft werden kann. Das erfolgt beim ok-power-Siegel wie bei allen Ökostromtarifen in Deutschland entweder über die handelsmäßige Belieferung mit Netznutzungsvereinbarungen und Netzfahrplänen oder auch über die Entwertung von Herkunftsnachweisen aus dem European Energy Certificate System (EECS), da diese den einzig rechtlich definierten Nachweis von Ökostrom darstellen.
Das ok-power-Siegel verlangt eine jährlich auszugleichende Mengenbilanz, jedoch keinen Nachweis einer „zeitgleichen Versorgung“, da diese nach dem Standpunkt des EnergieVision e. V. und des Kriterienbeirats keine Förderwirkung für die Energiewende hat. Unabhängig von diesen Kriterien müssen jedoch alle Versorger die Gesamtheit ihrer Kunden durch eine zeitgleiche Netzeinspeisung beliefern. Anderenfalls wäre kein stabiler Netzbetrieb möglich.
Unternehmensverflechtungen
Bis 2016 bewertete das ok-power-Siegel die Herkunft und ökologische Eigenschaft des zertifizierten Stromprodukts, nicht jedoch die Geschäftspolitik des Unternehmens, das dieses Produkt vertreibt. Daher enthielt das ok-power-Siegel auch keine Einschränkungen für den Betrieb von Kernkraftwerken oder den Einsatz fossiler Brennstoffe durch die Stromlieferanten oder deren Anteilseigner.
Dies änderte sich zum 1. Januar 2016 im Zuge der grundlegenden Überarbeitung der Zertifizierungskriterien. Seitdem dürfen zertifizierte Ökostromanbieter nicht unmittelbar oder mittelbar (z. B. über Tochterunternehmen) an Atomkraft-, Braunkohle- oder neuen Steinkohlekraftwerken beteiligt sein. Ebenfalls darf ein Atom- oder Kohlekraftwerkbetreiber nur maximal 50 % des Ökostromanbieters besitzen. Da ok-power ein Produktsiegel ist, kann es in der Praxis allerdings vorkommen, dass Anbieter neben ok-power-zertifizierten Ökostromprodukten auch konventionelle Stromangebote im Portfolio haben, in denen sie z. B. Atomstrom gemäß dem bundesdeutschen Mix in der Stromkennzeichnung ausweisen.
Zertifizierte Strommenge
Das Volumen des ok-power zertifizierten Stromes über die Zeit:[7][8]
ok-power-zertifizierte Strommenge über die Zeit | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | TWh | |||
2002 | 0,1 | |||
2003 | 0,3 | |||
2004 | 0,5 | |||
2005 | 0,6 | |||
2006 | 0,6 | |||
2007 | 1,0 | |||
2008 | 3,2 | |||
2009 | 3,9 | |||
2010 | 4,3 | |||
2011 | 5 | |||
2012 | 6,3 | |||
2013 | 6,6 | |||
2014 | 6,3 | |||
2015 | 3,9 | |||
2016 | 3,8 | |||
2017 | 3,4 | |||
2018 | 3,5 | |||
2019 | 4,4 | |||
Datenquelle: Tätigkeitsbericht EnergieVision e.V. 2017, 2019. |
Der Verein EnergieVision e.V.
Mitglieder
Dem Verein EnergieVision e.V. gehörten im Jahr 2015 als verbandliche Mitglieder folgende Organisationen an:
- Öko-Institut – Institut für angewandte Ökologie e.V.
- Verbraucherzentrale NRW e.V
Die Verbraucherzentrale NRW e.V. beendete Ende 2015 seine Mitgliedschaft. Der Tätigkeitsbericht 2015 schreibt, dass sie "zukünftig stärker als „unabhängiger Marktwächter“ fungieren zu wolle, ohne durch eine Mitgliedschaft in einem Zertifizierungsorgan direkt Position zu beziehen." Dafür trat im Januar 2016 die gemeinnützige HIR Hamburg Institut Research gGmbH (Hamburg Institut) als Mitglied der Trägerschaft bei. Das Hamburg Institut übernahm 2016 die operative Durchführung der Zertifizierung sowie den Betrieb der Geschäftsstelle des ok-power Siegels.[1]
Umsatz
Der Jahresbericht weist 2017 Einnahmen von 545.677 und Ausgaben von 440.784 € aus.[7] Die Einkommen stammen hauptsächlich aus Zertifizierungserlösen.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hamburg Institut übernimmt Betrieb der Geschäftsstelle des ok-power Labels. (Memento vom 5. Oktober 2016 im Internet Archive) Newseintrag auf der Webseite von ok-power.de (abgerufen 6 März 2016).
- ok-power.de
- Wissenswertes über Ökostrom. (Memento vom 7. März 2016 im Internet Archive) (abgerufen am 7. März 2016)
- EnergieVision: der gemeinnützige Verein hinter dem ok-power-Siegel. Abgerufen am 14. April 2019.
- Kriterienkatalog Version 9.1. (PDF) Abgerufen am 20. August 2018.
- Kriterien für das Gütesiegel.
- Tätigkeitsbericht 2017. (PDF) Abgerufen im Juni 2018.
- Tätigkeitsbericht 2019. (PDF; 4,1 MB) EnergieVision e.V., abgerufen am 31. Januar 2021.