Emil und die Detektive
Handlung
Der zwölfjährige Emil Tischbein reist aus der heimatlichen Kleinstadt Neustadt erstmals nach Berlin, um Verwandte zu besuchen. Seine Mutter hat ihm 140 Mark zur finanziellen Unterstützung der Großmutter mitgegeben. Dieses Geld wird ihm im Eisenbahnabteil von einem Mitreisenden, der sich Grundeis nennt, gestohlen. Da Emil selbst daheim etwas ausgefressen hat, wagt er nicht, sich an die Polizei zu wenden, und verfolgt den Dieb vom Bahnhof Zoo an auf eigene Faust. Er wird von dem gleichaltrigen Berliner Jungen Gustav mit der Hupe angesprochen: „Du bist wohl nicht aus Wilmersdorf?“ Gustav trommelt einige Freunde zusammen, die eine Kriegskasse anlegen und einen Nachrichtendienst organisieren („Parole Emil!“). Die Kinderdetektive beschatten den Dieb quer durch Berlin und sammeln Indizien. Dabei kommt es zum Streit, weil manche Jungen die ihnen übertragene Aufgabe nicht erfüllen wollen. Da Emil per Boten seine Verwandten informiert, gesellt sich auch seine Cousine Pony Hütchen zu den Detektiven.
Als der durch die Verfolgung nervös gemachte Dieb die gestohlenen Geldscheine in einer Bankfiliale umtauschen will, wird er von den Detektiven und einer großen Menge Kinder gestellt und der Polizei übergeben. Bei der Untersuchung kommen zunächst die falschen Namen des Diebes auf den Tisch (Grundeis – Müller – Kießling). Dann werden die bei ihm gefundenen Geldscheine dadurch identifiziert, dass sie feine Löcher aufweisen, weil Emil das Geld in seiner Jackentasche mit einer Nadel festgesteckt hatte. Weitere Ermittlungen ergeben, dass Grundeis ein gesuchter Bankräuber ist. Emil bekommt tausend Mark als Belohnung.
Bewertung
In dem Buch werden Humor, Abenteuer und Milieuschilderung von Kästner bunt gemischt. Der neuartige Ton der Geschichte regte die Kinderliteratur an. Zuvor waren Bücher für Kinder fast durchgehend märchenhaft, moralisierend oder beides zugleich.
Geschichte
Entstehung
Erich Kästner wurde von Edith Jacobsohn, Verlegerin der Weltbühne angeregt, für den Berliner Kinderbuchverlag Williams & Co. ein Buch zu schreiben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Kästner Gedichte veröffentlicht (Herz auf Taille, 1928) und als Redakteur bei Tageszeitungen gearbeitet, Kritiken und Feuilletons verfasst. Innerhalb weniger Wochen entstand die Geschichte von Emil, dem Jungen, der erfolgreich einen Dieb durch Berlin verfolgt.
Kästner, der selbst mit erstem Vornamen Emil hieß, ließ sich bei den Figuren Emils und seiner Mutter von seiner Biographie inspirieren und taucht auch selbst in der Handlung auf – in seinem realen Beruf als Zeitungsjournalist. Für die Geschichte griff Kästner auf ein Erlebnis aus seiner Kindheit in Dresden zurück: Dort verfolgte und stellte er eine Betrügerin, die seine Mutter, eine Friseurin, geschädigt hatte. Bei einem Bankeinbruch, der in dem Buch erwähnt wird, handelt es sich wahrscheinlich um den Diskonto-Einbruch der Brüder Sass.
Die Illustrationen stammen von Walter Trier. Das Buch erschien im Herbst 1929 und wurde ein großer Erfolg.
Nach 1933
Emil und die Detektive wurde als einziges Werk Kästners 1933 zunächst nicht indiziert[1] oder bei der Bücherverbrennung 1933 in Deutschland verbrannt. Erich Kästner war als einziger der verfemten Schriftsteller bei der Verbrennung seiner eigenen Werke persönlich anwesend. Er wurde erkannt, aber ansonsten nicht behelligt. 1936 wurde allerdings auch Emil und die Detektive von den Nationalsozialisten verboten.[2]
Fortsetzung
Eine Fortsetzung verfasste Kästner 1934 unter dem Titel Emil und die drei Zwillinge. Die Geschichte spielt überwiegend an der Ostsee, etwa zwei Jahre nach den Abenteuern aus dem ersten Buch. Emil und die drei Zwillinge erschien 1935 im Atrium Verlag Basel/Wien/Mährisch Ostrau, dem Nachfolgeverlag von Williams & Co.
Adaptionen
Verfilmungen
- 1931: Emil und die Detektive, Deutschland, Regie: Gerhard Lamprecht
- 1935: Emil and the Detectives, Großbritannien, Regie: Milton Rosmer
- 1950: Toscanito y los detectives, Argentinien, Regie: Antonio Momplet
- 1954: Emil und die Detektive, Deutschland, Regie: Robert Adolf Stemmle
- 1956: Emil to tantei tachi, Japan, Regie: Mitsuo Wakasugi
- 1958: Pega Ladrão, Brasilien, Regie: Alberto Pieralisi
- 1964: Emil und die Detektive, USA, Regie: Peter Tewksbury
- 2001: Emil und die Detektive, Deutschland, Regie: Franziska Buch
Bühnenfassungen
Kästner richtete den Roman 1930 für Theateraufführungen ein. Das Stück ist nach wie vor häufig zu sehen, namentlich im Kinder- und Jugendtheater. Beispiele hierfür sind die Freilichttheateraufführungen in Lübbecke-Nettelstedt (2018, 2008, 1980), Emmendingen (2014), Heessen (2005), Reutlingen (2003) oder Sigmaringendorf (2001).
Vertonungen
Das Musical Emil und die Detektive, dessen Musik von Marc Schubring und dessen Libretto von Wolfgang Adenberg stammt, wurde am 12. November 2001 im Berliner Theater am Potsdamer Platz uraufgeführt. Am 6. Oktober 2006 hatte es in der Geburtsstadt des Dichters, an der Staatsoperette Dresden, Premiere. Die Hauptrollen wurden von Dresdner Kindern gespielt. Unter der Regie von Michael Schilhan wurde das Musical in der Spielsaison 2015/16 an der Oper Graz aufgeführt.
2008 zeigte das Ostschweizer Theater Jetzt eine eigene Version, bei der Jugendlichen teilweise selbst die Szenen schrieben. Regie hatte der Theatermacher Oliver Kühn. Das Zürcher Bernhard-Theater brachte eine schweizerdeutsche Fassung dieses Kindermusicals auf die Bühne (Mundart-Bearbeitung durch Erich Vock), die Handlung wurde nach Zürich verlegt und die Uraufführung fand am 16. November 2013 statt.[3]
Mit der Premiere am 8. Januar 2017 wird auch vom Atze Musiktheater in Berlin unter der musikalischen Leitung von Sinem Altan eine Vertonung des Stückes aufgeführt. Eine Besonderheit der Inszenierung ist die Mitwirkung von Schulklassen bei den Aufführungen.[4]
Spiele
Mehrmals wurde das Buch auch Gegenstand eines Gesellschaftsspiels für Kinder:
- Bereits 1931 erschien beim Verlag Jos. Scholz, Mainz, Emil und die Detektive. Ein spannendes Spiel für Jung und Alt[5]
- 1969 brachte der Otto Maier Verlag unter seinem damaligen Verlagsleiter Erwin Glonnegger das Spiel unter dem gleichen Titel wie der Roman als Suchspiel in Memoryart, bei dem es gilt sowohl Diebe, als auch Geldscheine zu sammeln, heraus.[6]
- 2003 veröffentlichte der Verlag Schmidt Spiel und Freizeit ein von Autor Helmut Walch erdachtes Kinderspiel, das ähnlich dem bekannten Scotland Yard (Spiel) abläuft und zusätzlich deduktive Elemente aufweist. Es erschien ebenfalls unter dem Titel Emil und die Detektive.[7]
Sonstiges
Das Typoskript von Emil und die Detektive ist in der Dauerausstellung im Literaturmuseum der Moderne in Marbach ausgestellt.
Zum 100. Geburtstag Kästners gab die Deutsche Post 1999 ein Sonderpostwertzeichen mit einem Motiv von Walter Trier aus Emil und die Detektive mit dem Frankaturwert 300 Pfennige heraus (Michel-Nr. 2035): „Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es.“[8]
Ausstellungen
- 2014: Alles klar Herr Kommissar? Knatterton, Kottan, Emil und andere Detektive, Karikaturmuseum Krems, 6. April bis 16. November 2014.[9]
Literatur
- Erich Kästner: Emil und die Detektive: Ein Roman für Kinder (Illustrationen von Walter Trier). 152. Auflage, Dressler, Hamburg 2010 (Erstausgabe 1929), ISBN 978-3-7915-3012-3.
- Stephanie Haack: Emil und die Detektive. Die Illustrationen in ausländischen Ausgaben. In: Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde. Neue Folge XXI, Gesellschaft der Bibliophilen, München / Harrassowitz, Wiesbaden 2009, S. 47–78 (mit Abbildungen und weiterführenden Anmerkungen), ISSN 0073-5620.
- Gerhard Lamprecht: Emil und die Detektive. In: Bettina Kümmerling-Meibauer und Thomas Koebner (Hrsg.): Filmgenres. Kinder- und Jugendfilm Reclam, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-15-018728-9, S. 25–30.
Weblinks
- Zentral- und Landesbibliothek Berlin: Emil und die Detektive. Die Seite bereitet die „Stadtrundfahrt“ des Romans mit historischem Text- und Bildmaterial auf.
- Vom Buch zum Film (PDF; 186 kB)
Einzelnachweise
- Dienstblatt III des Magistrats von Berlin, Nr. 176 (Neuordnung der Stadt-, Volks- und sonstigen städtischen Büchereien), darin: Schwarze Liste, unter K: „Kaestner, Erich: alles außer: Emil“.
- Vgl. Karsten Brandt: Die Dissoziation eines Schriftstellers in den Jahren 1934–1936: Ödön von Horváth und H.W. Becker.
- Emil und die Detektive
- Inszenierung des Atze Musiktheaters
- Abbildung in „Spiel mit!“ Papierspiele aus dem Verlag Jos. Scholz Mainz, Mainz 2006, S. 3
- Spieledatenbank Luding: Emil und die Detektive
- Spieledatenbank Luding: Emil und die Detektive
- briefmarken.cc: Michel Nr. 2035 KB
- Mitteilung zur Ausstellung (Memento vom 7. April 2014 im Internet Archive), abgerufen am 5. August 2014