Elke Kruse
Elke Kruse (* 10. September 1958 in Bünde, Westfalen), die den Namen Käthe Kruse annahm[1], ist eine deutsche Künstlerin. Im Jugendalter besetzte sie das Pseudonym der Schauspielerin Katharina Simon (1883–1968), die unter dem Künstlernamen Käthe Kruse zu einer der bekanntesten Puppenmacherin der Welt wurde.
Leben
Im Anschluss an Schulzeit, Ausbildung und verschiedenen Engagements in WG-Projekten in ihrer Heimat Ostwestfalen-Lippe begab sich Kruse mit gefälschtem Führerschein[2] auf eine einjährige Busreise nach Dehli und Katmandu. Nach ihrer Rückkehr im Juni 1981 zog sie nach Berlin, wo sie im Bauhof, dem besetzen Haus in der Manteuffelstraße 40/41, am Görlitzer Bahnhof ein Zuhause fand.[3]
Die Organisation Netzwerk Selbsthilfe gründete im März 1983 den Sanierungsträger Stattbau, der im September 1983 vom Senat Weizsäcker anerkannt wurde und somit die besetzten Häuser in den Blöcken 103 und 104 zusammen mit den Bewohnern sanieren und legalisieren konnte. 1986 gründeten die Bewohner der Blöcke zur gemeinsamen Verwaltung die Genossenschaft, die im Februar 1988 anerkannt und eingetragen wurde.[4]
Im Sommer 1984 beherbergte Käthe Kruse in ihrer Wohnung ihre Freundinnen Kiki Smith und Nan Goldin, die sie wie auch ihre Töchter auf zahlreichen Fotografien abbildete, die sich heute in internationalen Sammlungen und Museen befinden. Eines dieser Fotos löste 2007 in England einen Skandal aus.[5]
Seit 1991 ist Kruse mit dem Schweizer Schriftsteller Yves Rosset[6] verheiratet. Gemeinsam haben sie zwei Töchter, Edda (* 1991) und Klara (* 1995) Kruse Rosset.
Seit April 2014 wohnt und arbeitet Käthe Kruse im Tauthaus am Engelbecken.
Künstlerischer Werdegang
Die Tödliche Doris
Von Januar 1982 bis zur Auflösung 1987 war Käthe Kruse Mitglied und Schlagzeugerin der Gruppe Die Tödliche Doris. Das Kunstprojekt hatten Nikolaus Utermöhlen und Wolfgang Müller, beide Kunststudenten an der Hochschule der Künste, 1980 gegründet.
Als Mitglied der Gruppe, der u. a. neben Chris Dreier, Dagmar Dimitroff, Max Müller auch die Künstlerin und Schauspielerin Tabea Blumenschein angehörte[7] trat Käthe Kruse unter anderem auf:
- Im Museum of Modern Art, New York[8]
- Im Musée d’art moderne de la Ville de Paris de Paris
- Auf der Documenta 8 in Kassel[9]
- The Kitchen, New York[10]
Nach der Bandauflösung reiste Käthe Kruse ein letztes Mal mit den Bandgründern auf Einladung des Goethe-Instituts und des Schallplattenlabels Wave nach Tokio,[11] wo das Theaterstück „Das war Die Tödliche Doris“ aufgeführt wurde.[12]
Solo
Käthe Kruse studierte von 1990 bis 1996 Visuelle Kommunikation an der Universität der Künste, Berlin (Diplom), und schloss 1997 mit einer Prüfung zur Meisterschülerin bei Heinz Emigholz ab.
1997 und 1998 gewann Käthe Kruse mit ihren großflächigen Streifeninstallationen den Kunst-am-Bau-Wettbewerb in der Bruderhilfe Versicherung in Kassel und malte eine Streifeninstallation, kuratiert von Nan Goldin, 1999 in der Kagan Martos inc in New York. Diese farbigen Installationen zeigte sie u. a. in der Noosa Regional Gallery in Tewantin, Australien 2002 und im Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen 2004[13].
Foto: Heike Ollertz, 2000
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Ihren multimedialen Werkzyklus „Le Sexe Rouge“ stellte Käthe Kruse unter dem Titel „13 Arbeiten“ im Jahr 2000 in der Kunsthalle Bremerhaven und im Jahr 2002 in der Reihe Musikwerke Bildender Künstler im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart aus.
Kruse gewann mit ihrem „Ballkleid“ für die Ausstellung „Elf Künstlerinnen und die WM 2006“ in der Galerie im Körnerpark den Publikumspreis.[14] Ihre Foto-Text-Sound-Installation „Amerika-Deutschland-Bhutan“ zeigte sie u. a. im Rahmen der Ausstellung der Arbeitsstipendiaten 2008 „Selected Artists“[15] im Jahr 2009 in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst in Berlin und im Marta Museum in Herford.
Seit 2011 tritt Käthe Kruse mit ihren Töchtern auf. In ihren Performances behandelt sie Themen wie Abtreibung und Krieg und hatte Auftritte u. a. im „General Public“, Berlin, 2011,[16] Kunst-Werke, Institute for Contemporary Art, Berlin, 2014,[17] im Deutschen Werkbund Sachsen-Anhalt in Dessau, 2015, in der Galerie Vincenz Sala, Paris, 2017[18] und Klangspuren, Festival für Neue Musik, Schwaz, Österreich[19] sowie 2018 auf den Performancedays in der Gallery Nectar in Tiflis, Georgien[20] und der Galerie Nord I Kunstverein Tiergarten, Berlin.[21]
Im Jahr 2013 bezog sich Käthe Kruse auf die objekthaften Produktionen der Tödlichen Doris. Unter dem Titel „Danke! Die Tödliche Doris“ zeigte sie diese Arbeiten in der Zwinger Galerie in Berlin[22], in der Galerie der Stadt Schwaz im Palais Enzenberg[23] im Jahr 2017 und 2020 im Circuit, centre d’art contemporain, Lausanne[24].
Für die beiden Werkkomplexe „Ich sehe“[25] und „366 Tage“[26] sammelte Käthe Kruse über zwei Jahre täglich 25 Überschriften aus deutschsprachigen Tageszeitungen.[27] Unterschiedslos bediente sie sich aus den Sparten Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Ökologie und Kultur. Kalendarisch abgespeichert, sammelte sie ein Kontingent aus Sätzen und Substantiven, welches in der künstlerischen Transformation ein beunruhigendes gesellschaftliches Bild entwarf.
2020 stellte sie „Ich sehe“ in der Galerie Nord I Kunstverein Tiergarten[28] und „366 Tage“ in der Zwinger Galerie in Berlin[29] aus. Begleitend zu den Ausstellungen erschien beim DISTANZ Verlag Berlin eine Edition.[30]
2021 erhielt Käthe Kruse den eigens für sie eingerichteten Peter Jacobi Werk Preis für ihr Gesamtwerk.[31]
Werke
Diskografie
- Elegie im März (Solo-Veröffentlichung), Berlin (1989)
- LeSexe Rouge, CD Die Tödliche Doris Schallplatten, Berlin, 1997
- 3927 Wörter, Doppel-LP, DISTANZ, Berlin, 2020
Anthologien
- Was es alles so gibt am Kottbusser Damm, in: „Neuköllnbuch“, Verbrecher Verlag, Berlin, 2003
- Nur zu Besuch, in: „Bielefeldbuch“, Verbrecher Verlag, Berlin 2003
- Mariechen, Mariechen, du hast was verloren!, in: „Brüste kriegen“, Verbrecher Verlag, 2004
- Bleib ganz ruhig, da wird schon nichts sein, in: „Deproduktion – Schwangerschaftsabbruch im internationalen Kontext“, Alibri Verlag, Aschaffenburg, 2007
- MANKO - Experimentelles in und um ein Haus, in: „...Aufmischen stehender Gewässer“, Hochschule Anhalt, 2009
- Als Hausbesetzerin vom Görli zum Tauthaus am Engelbecken, in Klaus Duntze, Der Luisenstädtische Kanal, Berlin Story Verlag, 2020
Film und Video
- Chicago – Die Hochbahn, USA, 1999/2007
- Thimphu – Der Verkehrspolizist, Bhutan, 1996/2006
- Las Vegas – der Strip, USA, 1999/2009
- Thimphu – der Wochenmarkt, Bhutan, 1996/2009
- Das Wachstum, USA, 1999/2009
- Die Tanzenden, Bhutan, 1996/2009
- Los Angeles – das Meer, USA, 1999/2009
- Punakha – der Fluss, Bhutan, 1996/2009
- Der Vertrag, 2013
- 366 Tage, 2021
Performances
- Zwiebel, 1990
- Le Sexe Rouge, 1997
- Bleib ganz ruhig, da wird schon nichts sein, 2011
- Drei Figuren, 2012
- Der Vertrag, 2013
- Lieder in Leder, 2013
- Krieg, 2014
- Krieg – Vietnam – Krieg – Fried, 2018
- 3927 Wörter, 2020
- 366 Tage, 2020
- Schneelederperücke, 2021
Bibliographie
- Käthe Kruse. Katalog, Martin Schmitz Verlag, Kassel, 2002, ISBN 3-927795-33-X.
- Lob des Imperfekts. Musik, Kunst und Wohnen im West-Berlin der 1980er Jahre. mikrotext, Berlin, 2017, ISBN 978-3-944543-52-9.
- Ich sehe. Katalog mit Doppel-LP, DISTANZ Verlag, Berlin, 2020, ISBN 978-3-95476-328-3.
- Zahlreiche Werke als Mitglied der Gruppe Die Tödliche Doris
Einzelnachweise
- https://www.kunstdunst.com/kaethe-kruse-ich-langweile-mich-nie-denn-mich-beschaeftigt-immer-die-welt/
- Käthe Kruse: »Ich langweile mich nie, denn mich beschäftigt immer die Welt« – KUNSTDUNST. Abgerufen am 3. Dezember 2021 (deutsch).
- Christiane Meixner: Kinder, Küche, Nahkampf. In: Der Tagesspiegel Online. 30. Dezember 2011, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 10. Oktober 2021]).
- Luisenstadt e.G. Genossenschaft Luisenstadt e.G., abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Focus: „Pornoskandal“
- Yves Rosset - Writes @ Berlin. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- One last interview | Pirckheimer-Gesellschaft. Abgerufen am 25. Oktober 2021.
- Museum of Modern Art, New York: Performance as part of Berlinart. In: Programm des Museum of Modern Art New York, Juni 1986. Museum of modern Art, 1. Juni 1987, abgerufen am 10. Oktober 2021 (englisch).
- documenta 8 - Retrospektive - documenta. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Barbara Hertel: Programm 15./16.03.1985. In: Pressinformation The Kitchen. The Kitchen, New York, 15. März 1985, abgerufen am 10. Oktober 2021 (englisch).
- Die Tödliche Doris. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Hartmut Andryczuk: Hybriden-Verlag: DIE TÖDLICHE DORIS: THEATER. In: Hybriden-Verlag. 8. Dezember 2019, abgerufen am 25. Oktober 2021.
- doublebind. kunst-kinder-karriere. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Ballkleid von Käthe Kruse gewinnt Publikumspreis - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Women + Work. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Selected Artists 2008 (2009) – nGbK-Archiv. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- general public: Events Einzelansicht Archiv. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- One Night Stand #3: Errant Bodies / General Public. Reality Is a Very Strong Move. 10. Dezember 2014, abgerufen am 10. Oktober 2021 (deutsch).
- Vincenz Sala past shows. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- LATE NITE LOUNGE. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Gallery Nectar / Gallery. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Krieg – Vietnam – Krieg – Fried. Abgerufen am 10. Oktober 2021 (deutsch).
- ZWINGER Galerie. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Käthe Kruse & „Danke! Die tödliche Doris“ in der Galerie der Stadt Schwaz. In: franzmagazine. Abgerufen am 10. Oktober 2021 (amerikanisches Englisch).
- Circuit. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Kunst in der Coronakrise: Nazipelz und ein Kilo Kokain, auf taz.de
- Käthe Kruses Schlagzeilenkunst Wörter mit Wumms, auf tagesspiegel.de
- Käthe Kruse: „Eine halbherzige Arbeit ist nichts wert“, auf kaput-mag.com, abgerufen am 19. Oktober 2021
- 366 Tage Käthe Kruse. Abgerufen am 10. Oktober 2021 (deutsch).
- ZWINGER Galerie. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Käthe Kruse: Ich sehe | DISTANZ. Abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Peter Jacobi Stiftung. Abgerufen am 10. Oktober 2021 (deutsch).