Eggarten-Siedlung
Die Eggarten-Siedlung (auch Kolonie Eggarten) ist eine ca. 21 Hektar[1] große historische Gartensiedlung zwischen dem Lerchenauer See und dem Münchner Nordring, sowie der Lassalle- und Feldbahnstraße in München Lerchenau.
2020 wurden Pläne für die Überbauung des Geländes vorgelegt.[2]
Geschichte
Bereits um 1600 nannte man das Gebiet die Egern, abgeleitet von Ödgarten.[3] Auf dem mageren Boden wurde eine Mehrfelderwirtschaft betrieben, bis es ab 1700 Teil der Fasanerie der Wittelsbacher wurde.[4] In den 1920er Jahren stellte die bayerische Krongutsverwaltung die Flächen des ehemaligen Oberen Fasangartens im Münchner Norden für Siedlungszwecke zur Verfügung. Die Siedler erhielten Erbbaurechtsverträge, die bis 1999 gelten sollten.[4] Erlaubt war die Errichtung eines „Hauptgebäude bescheidenen Umfangs“ sowie „ein paar Stallungen und Wirtschaftsschuppen“. Bis 1926 entstanden auf dem Gelände 62 Häuser. Der Bau wurde von den Bewohnern selbst übernommen. Damals gab es dort auch Lebensmittelläden, eine Wirtschaft und eine Holzkirche.
Ab 1938 wurden viele Bewohner zum Zwangsverkauf gedrängt, weil dort ein Verschiebebahnhof geplant war.[5][6] Im Herbst 1939 wurden einige Häuser abgerissen.[4] In unmittelbarer Nähe, an der heutigen Lassallestraße gegenüber der Einmündung der Wilhelmine-Reichard-Straße, wurde das Lager Eggarten errichtet, ein Zwangsarbeiterlager des Reichsbahnausbesserungswerks Freimann.[7][8][9] Durch Bombardierungen wurden im Krieg weitere Häuser der Siedlung zerstört.[4]
Bis 1990 plante die damalige Deutsche Bundesbahn als Grundstückseigentümerin des Geländes die Errichtung eines Rangierbahnhofs auf dem Areal. Nachdem diese Pläne aufgegeben wurden, fiel das Grundstück an das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) und in der Folge rund 2/3 des Areals an die bundeseigene Immobiliengesellschaft Vivico Real Estate GmbH. Das restliche Drittel verblieb zunächst beim Bundeseisenbahnvermögen. Mit dem Verkauf der Vivico Real Estate GmbH an die österreichische CA Immobilien Anlagen AG im Jahr 2007 fiel auch das sich im Besitz der Vivico Real Estate GmbH befindliche Grundstückseigentum an den neuen Eigentümer. Nach einer Ausschreibung im Dezember 2014 wurde 2016 das restliche Drittel des Geländes vom BEV an die Büschl-Unternehmensgruppe verkauft.[10] Im gleichen Jahr wurde durch CA Immo und die Büschl-Unternehmensgruppe eine gemeinsame und paritätische Gesellschaft für die Entwicklung des Areals gegründet, die Eggarten Projektentwicklung GmbH & Co. KG. Gemeinsam erarbeiten beide Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Stadt München ein Strukturkonzept für das 21 Hektar große Gebiet.[11]
Heute stehen auf 84 Grundstücksparzellen noch 20 der ehemals 62 Häuser. Die meisten Bewohner dürfen die Gebäude nur als Gartenhaus benutzen, einige Bewohner genießen ein lebenslanges Wohnrecht.[4] Im Juni 2016 sorgten Baumfällungen durch die CA Immo für Unmut,[12] bei einer Bürgerversammlung von 500 Anwohnern aus Feldmoching und dem Hasenbergl im März 2017 wurde die geplante Bebauung des Eggarten abgelehnt und der Erhalt der „grünen Oase“ gefordert.[13][14]
Im Juli 2020 verkündeten die Projektentwickler den Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs. Demnach sollen auf dem Gelände rund 2000 Wohnungen entstehen, die Bebauung soll Dichte und Durchlässigkeit kombinieren und mehrere begrünte Quartierplätze aufweisen.[2] Der Münchner Stadtrat bestätigte die Planungen im März 2021.[15]
Der Eggarten ist ein Ort der Kulturgeschichtspfade in München.
Filmkulisse
In den 1980er Jahren diente die Siedlung als Filmkulisse für Der Alte, im Jahr 2000 für den München-Tatort Kleine Diebe.[4]
Literatur
- Volker D. Laturell: Feldmoching: die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte eines Münchner Stadtteiles: Mit den Ortsteilen Ludwigsfeld, Hasenbergl, Eggarten, Fasanerie-Nord, Harthof und Lerchenau. Tins, München 1970
Weblinks
- KulturGeschichtsPfad Stadtbezirk 24: Feldmoching-Hasenbergl Seite 74
- Die wollen uns loshaben SZ vom 5. Juni 2018
- TV-Dokumentation: Idylle in Gefahr: die Eggartensiedling in München. (6 Minuten) Bayerischer Rundfunk, 26. Juni 2018, abgerufen am 27. Mai 2018
- muenchen.de Projekte Eggarten
- eggarten-siedlung.de Eggarten Projektentwicklung GmbH & Co. KG
- pro-eggarten.de Aktionsgemeinschaft „Pro-Eggarten“
Einzelnachweise
- muenchen.de - Eggarten-Siedlung
- Süddeutsche Zeitung: Jury-Entscheidung – So soll das neue Quartier Eggarten bebaut werden, 20. Juli 2020
- Helmuth Stahleder: Von Allach bis Zamilapark: Namen und historische Grunddaten zur Geschichte Münchens und seiner eingemeindeten Vororte; eine Veröffentlichung des Stadtarchivs München. Buchendorfer Verlag, München 2001, ISBN 3-934036-46-5, S. 63
- Katrin Hildebrand: Eggarten-Siedlung: Ein Paradies in Gefahr, Münchner Merkur, 17. August 2015
- https://www.sueddeutsche.de/muenchen/lerchenau-erbaut-mit-blossen-haenden-1.4598199
- Eggarten im Wandel: Zeitzeugen gesucht, Hallo München, 25. März 2011
- Sehr sehenswert: Die Ausstellung zu Krieg, Flucht und Vertreibung, Lokal-Anzeiger für den 24. Stadtbezirk, 21. Dezember 2015
- Lukas Eichner, Lisa Füchte, Anke Oehler: „Wir hatten immer Hunger“ – NS-Zwangsarbeit in München-Neuaubing, Projekt Münchner Leerstellen über „Orte der Zwangsarbeit“, Ludwig-Maximilians-Universität München, 2015.
- Die Arbeitssklaven in München, tz, 6. Mai 2015
- Renate Regnet: Büschel erwirbt Teile des Eggartens, Lokalanzeiger, 4. Februar 2016
- Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung und Bauordnung: Eggarten-Siedlung, April 2019
- Simon Schramm: Problematisches Wachstum: Baumfällungen im Eggarten verärgern Lokalpolitiker, Süddeutsche Zeitung, 19. Juni 2016
- Simon Schramm: „Hör auf mit dem Schmarrn“, Süddeutsche Zeitung, 31. März 2017
- Idylle in Gefahr: Die Eggartensiedlung in München, Videobeitrag in der Sendung Capriccio des Bayerischen Rundfunks, 26. Juni 2018
- Süddeutsche Zeitung: Eggarten in der Lerchenau – „Für München einzigartig und sehr ehrgeizig“, 11. März 2021