Duduk
Duduk („die oder das duduk“, armenisch դուդուկ), in Armenien seltener auch ziranapogh (armenisch ծիրանափող, tsiɾɑnɑˈpʰoʁ, „Aprikosenrohr“) ist ein Holzblasinstrument mit einem extrem großen Doppelrohrblatt, das bis zu zehn Zentimeter lang und bis zu drei Zentimeter breit ist. Sie gilt als armenisches Nationalinstrument[1] und ist auch als „armenische Flöte“ bekannt (nicht zu verwechseln mit der armenischen Flöte blul). Das Duduk-Spiel wurde auf Antrag Armeniens von der UNESCO auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der Welt gesetzt.[2]
Duduk
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Klassifikation | Doppelrohrblattinstrument |
Tonumfang | |
Verwandte Instrumente |
Herkunft und Verbreitung
Die armenische duduk gehört zu den zylindrischen Doppelrohrblattinstrumenten (Kurzoboen), die vom Balkan bis nach Ostasien verbreitet sind. Die Ursprünge dieser Blasinstrumente können in Armenien bis in die Zeit des Königs Tigranes II. (reg. 95–55 v. Chr.) zurückverfolgt werden. Die einfache Form des Instruments hat sich durch die Jahrhunderte nur gering verändert.
Die duduk ist im Nachbarland Georgien unter dem Namen duduki bekannt. Zwei dudukis spielen dort in der städtischen Tanz- und Unterhaltungsmusik üblicherweise mit einer Zylindertrommel doli zusammen. In der Türkei heißt das Instrument mey, bei den Kurden dûdûk, in Aserbaidschan und im Iran balaban. Es wird dort aus anderen Hölzern, zum Beispiel aus Olivenholz gefertigt. Die mey kann im Klang schärfer als die armenische duduk sein, der Klang ähnelt etwa einem Krummhorn. Geografisch entfernte Verwandte sind die chinesische guan, die japanische hichiriki und die in Korea gespielte piri.
Duduk ist ein lautmalerisches Wort ohne bestimmbare Herkunft in mehreren Turksprachen. Es kommt in derselben oder in abgewandelter Form in einigen Sprachen Osteuropas und Westasiens vor und bezeichnet die unterschiedlichen Blasinstrumente: Pfeifen, Flöten, Rohrblattinstrumente und Sackpfeifen. Verwandt sind armenisch tutak, aserbaidschanisch tutek, tschuwaschisch tutut, türkisch düdük und georgisch duduki.[3] Türkisch düdük kann für Blasinstrumente allgemein stehen. Serbisch duduk heißt „Pfeife“, „Flöte“. Die Beziehung zum slawischen Wortstamm dud- ist thematisch naheliegend, aber sprachlich nicht gesichert. Hiervon abgeleitet sind deutsch dudel, dudeln (ab Mitte 17. Jahrhundert im Deutschen dudei und Dudelsack), tschechisch dudy, ungarisch duda und russisch dudka.[4]
Bauform
Das Instrument ist ohne Rohrblatt je nach Grundton etwa 25 bis 40 Zentimeter lang. Es besitzt sieben bis acht vorderständige Grifflöcher und ein rückwärtiges Daumenloch. Das verwendete Holz ist in der Regel Aprikosenholz, das Rohrblatt (ghamisch oder yegheg) wird aus einem Schilfrohrabschnitt bevorzugt vom Ufer des Aras gefertigt. Der Tonumfang beträgt bei sieben vorderständigen Grifflöchern eine None und bei acht vorderständigen Grifflöchern eine Dezime.
Spielweise
Die duduk klingt, abhängig von der Baulänge einschließlich Mundstück, im Verhältnis zu ihrer Größe überraschend tief: Der unterste Ton liegt meist zwischen dem eingestrichenen c und dem kleinen g. Das Überblasen – zylindrisch gebohrte Rohrblattinstrumente überblasen das erste Mal in die Duodezime – ist normalerweise nicht vorgesehen. Der Ton ist für ein Doppelrohrblattinstrument sehr weich, ähnelt dem Klang einer Klarinette in tiefer Lage und ist durch das mit den Lippen direkt angespielte Rohrblatt recht variabel. Üblich ist das Spiel mit Zirkularatmung.
Die armenische duduk wird wie die meisten asiatischen Doppelrohrblattinstrumente paarweise gespielt. Ein Instrument hält einen Bordunton (duduk dam), das andere wird als Melodieinstrument eingesetzt. Eine weitere, tiefer gestimmte duduk kann eine Basslinie ergänzen. Ihr samtiger Klang in Verbindung mit den für die armenische Musik typischen Melismen löst oft Assoziationen von Melancholie und Trauer aus, was man vielleicht auch mit der durch die Jahrtausende immer wieder von Verfolgung und Vertreibung geprägten leidvollen Geschichte der Armenier in Zusammenhang bringen kann.
Die duduk ist ein wichtiges Element in vielen Filmmusiken des späten 20. und 21. Jahrhunderts, insbesondere bei Filmen, in denen der Drehort der nahe Osten ist, wie z. B. Das Russland-Haus mit Sean Connery aus dem Jahr 1990. Teilweise wird das Instrument aber auch in Filmen mit gewöhnlichen Szenarien eingesetzt, wie beispielsweise im Film Ronin mit Robert De Niro und Jean Reno. Der verantwortliche Filmkomponist Elia Cmíral bekam hierbei von Regisseur John Frankenheimer für die Komposition die Schlagwörter „sadness, loneliness and heroism“. Der international bekannteste Duduk-Spieler ist Dschiwan Gasparjan. Ein weiterer armenischer Duduk-Spieler ist Geworg Dabaghjan.
Im Jahr 2005 wurde Duduk-Musik in die UNESCO-Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.[1] Die UNESCO stellte fest, dass es 1996 in Armenien 236 Musikschulen gab, an denen duduk-Unterricht erteilt wurde, 2005 waren es nur noch 165 Musikschulen.[5]
Kurzoboen in anderen Ländern
Die duduk ist in Bulgarien ein verhältnismäßig wenig verbreitetes Blasinstrument, es ist hauptsächlich in Nordwestbulgarien bekannt. Dort werden darauf außerordentlich schnelle Reigenlieder im ²⁄₄-Takt, vorwiegend aus Sechzehntelnoten bestehend ausgeführt.
Literatur
- Robert At’Ayan, Jonathan McCollum: Duduk (i). In: Grove Music Online, 25. Mai 2016
- Jonathan McCollum: Armenian Duduk Music. In: Richard C. Jankowsky (Hrsg.): Bloomsbury Encyclopedia of Popular Music of the World. Bd. 10: Genres: Middle East and North Africa. Bloomsbury, New York 2015, S. 17–20
- Andy Nercessian: The Duduk and National Identity in Armenia. Scarecrow Press, Lanham 2001
- Heidi Reed: (Re)imagining the Armenian Duduk: Cross-Cultural Borrowing in a Seemingly Borderless World. (Dissertation) University of North Carolina, Greensboro 2017
Weblinks
- Masterpieces of the Oral and Intangible Heritage of Humanity UNESCO-Artikel über Duduk (englisch)
- Armenian Duduk
- Duduk-Unterricht (englisch, PDF; 692 kB)
Hörbeispiele
- Arax: Erzeroumi Shoror (Erzurumer Tanz), kleines hochtönigeres Duduk
- Die türkische Variante Balaban
- aserbaidschanische/türkische Variante Balaban, Sen Gelmez Oldun (bekanntes türkisches Lied)
- Hörbeispiele auf youtube: 1, 2, 3
Einzelnachweise
- Duduk and its music. In: Intangible Heritage. UNESCO Intangible Heritage Section, abgerufen am 15. Dezember 2012 (englisch): „Inscribed in 2008 (3.COM) on the Representative List of the Intangible Cultural Heritage of Humanity (originally proclaimed in 2005)“
- UNESCO: Duduk and it’s Music. Abgerufen am 5. August 2020 (englisch).
- Laurence Picken: Folk Musical Instruments of Turkey. Oxford University Press, London 1975, S. 347
- Christine Wessely: Die Türken und was von ihnen blieb. Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaft Österreichs, Wien 1978, S. 75; Max Hendler: Arealistik contra Etymologie: Untersuchungen zum Namensstamm „dud-“. In: Ingeborg Ohnheiser (Hrsg.): Wechselbeziehungen zwischen slawischen Sprachen, Literaturen und Kulturen in Vergangenheit und Gegenwart: Akten der Tagung aus Anlass des 25jährigen Bestehens des Instituts für Slawistik an der Universität Innsbruck, Innsbruck, 25. – 27. Mai 1995. Verlag des Instituts für Sprachwissenschaft der Universität Innsbruck, Innsbruck 1996, S. 84
- Jonathan McCollum, 2015, S. 19