Dresdner Reformatorenbibel

Die Dresdner Reformatorenbibel i​st ein handkoloriertes Exemplar d​er von Hans Lufft i​n Wittenberg i​m Jahr 1545 gedruckten Biblia Deudsch. Eine Besonderheit d​er Bibel s​ind beigebundene Vorsatzblätter, d​ie Porträts u​nd Handschriftproben v​on Wittenberger Reformatoren enthalten. Das Exemplar w​ird in d​er Sächsischen Landesbibliothek – Staats- u​nd Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) m​it der Signatur Mscr.Dresd.A.51.a,misc.1 aufbewahrt.

Dresdner Reformatorenbibel, Autograph Philipp Melanchthons

Geschichte

Eigentümer d​er Bibel w​ar (laut Widmung d​es Sohns v​on Justus Jonas) e​in Wittenberger Bürger „Meister Hans“, dessen Identität l​ange Zeit unklar war. Es handelt s​ich um d​en Erzschmied Hans Reichknecht. Er w​urde in Wittenberg a​ls Hausbesitzer i​n der Scharrenstraße 3 v​on 1550 b​is 1589 nachgewiesen.[1]

1945 w​urde die Bibel d​urch eindringendes Wasser i​n den vermeintlich sicheren Tiefkeller d​es Japanischen Palais schwer beschädigt. Die Restaurierung anlässlich d​es Reformationsjubiläums i​m Jahr 2017 konnte d​iese nur teilweise beheben.

Die Porträts und Autographen

Die Reformatorenbibel interessierte schon immer wegen der darin enthaltenen Porträts und Autographen. Neuerdings fällt ins Auge, dass hier die private Frömmigkeit eines Wittenberger Handwerkers des 16. Jahrhunderts dokumentiert ist. Reichknecht ist kein Einzelfall, seine Bibel steht repräsentativ für eine Textgattung:

„Der i​m 16. Jahrhundert i​n Wittenberg entstandene Brauch, Bucheinträge d​er Reformatoren i​n Lutherbibeln z​u sammeln, bildete e​ine ganz eigene Textgattung heraus, d​ie auch a​ls solche wahrgenommen wurde. Georg Rörer, e​in Schüler Luthers, sammelte d​iese Zeugnisse u​nd ließ s​ie 1547 u​nter dem Titel ‚Vieler schönen Sprüche a​us Göttlicher Schrift auslegung, daraus Lehre u​nd Trost z​u nehmen, welche d​er ehrwürdige Herr Doctor Martinus Luther seliger vielen i​n ihre Biblien geschrieben‘ i​n Wittenberg b​ei Hans Lufft drucken. Die Bucheinträge zeigten m​eist dasselbe Muster: Einem Bibelzitat – lateinisch o​der deutsch – folgte e​ine kurze Auslegung, autorisiert d​urch Datum u​nd Unterschrift.“[2]

Porträt des Justus Jonas

Liste

  • Bl. 08vMartin Luther. Luthers Söhne schnitten für Reichknecht ein Blatt aus dem Druckmanuskript von Luthers Fastenpostille (1525) aus.[3]
  • Bl. 11rPhilipp Melanchthon. Melanchthon lebte schon nicht mehr, so dass er keine eigenhändige Widmung schreiben konnte, wie er das in vielen Bibeln getan hatte. Reichknecht besorgte sich die Rarität mit Melanchthons Unterschrift, die aus einer älteren Bibel herausgeschnitten wurde. Text: „Gottes Kirch vnd wohnung die reyne lehr des Euangelij …1552. Philippi Melant. manu scriptum.“[4]
  • Bl. 11v – Justus Jonas. Text des Fragments: „Exemplumque dei quisque est, in imagine parua. Disse obgeschribene Wort … sehliger Lieber Vatter Doctor Justus Jonas mitt eigner handt geschriben … habe solche meines Vatters handtschrifft, Dem Ersamen Meister Hansen … Burger zu Wittenberg mittgeteilet u. s. w.“
  • Bl. 13r – Caspar Cruciger der Ältere. Sein Sohn schnitt für Reichknecht ein sechszeiliges Fragment aus einer Handschrift seines Vaters heraus, über die sonst nichts bekannt ist, und beglaubigte dessen Echtheit.[5] Text des Fragments: „Doctor Caspar Creutziger seligen handtschrifft. Zum ersten sollen wir wissen, das Gott ist, ein Ewiges … Erklerung des spruchs S. Pauli zun Colossern am 3. capitel, durch Philippum Melanchton. Dieser spruch ist ein clar zeugnis, das gottes wille ist …“
  • Bl. 14v – Johannes Förster. Text des Fragments: „Deutero. XVIII. Vnd Gott sprach zu Mose … Hie zeuget Gott klar das er dem Judenthum …“
  • Bl. 16r – Georg Maior. Text des Fragments: „1 Pet: 2. Das solt ir wissen, das keine weissagung in der schrifft … Es sind viel rohe vnd Gotlose leut, welche die schrifft … scribebat Georgius Maior D. manu sua 15 Februarij Anno 1552.“
  • Bl. 16v – Paul Eber. Text des Fragments: „Psalmo CXIX … Dein Wort ist meines Fusses leuchte. … Paulus Eberus … scribebat .. Junij Anno M. D. LXII.“
  • Bl. 19r – Sebastian Fröschel. Sein Bucheintrag ist wegen Beschädigung der Bibel 1945 Fragment, jedoch durch eine Edition von 1876 bekannt. Es handelt sich um eine Predigt Melanchthons, die Fröschel in der Wittenberger Stadtkirche vortrug; eine damals übliche Arbeitsteilung.[6]
  • Bl. 20v – (Porträt ohne Namen) Johannes Bugenhagen. Text des Fragments: „Luce vlt. spricht Christus nach seiner aufferstehung … Johannes Bugenhagen Pomer. d. MDlii 12. Octobris.
  • Bl. CCCLr – Abschrift eines sonst nicht dokumentierten, von Luther verfassten Gedichts durch Johannes Agricola.[7]

Literatur

  • Hildegard Zimmermann: Die Bildausstattung der sogen. Reformatoren-Bibel der Landesbibliothek zu Dresden. In: Lutherjahrbuch 11 (1929), S. 134–148.
  • Insa Christiane Hennen: Reformation und Stadtentwicklung – Einwohner und Nachbarschaften. In: Das ernestinische Wittenberg: Stadt und Bewohner. Textband. Hrsg. von Heiner Lück, Enno Bünz, Leonhard Helten, Armin Kohnle, Dorothée Sack und Hans-Georg Stephan, Petersberg 2013 (Wittenberg-Forschungen; Bd. 2.1 [Textband], S. 33–76; hier: S. 64 (MV 45).) ISBN 978-3-86568-917-7.
  • Hans-Peter Hasse, Jana Kocourek, Katrin Nitzschke: Manu propria – Mit eigener Hand – 95 Autographe der Reformationszeit. Dresden 2017, ISBN 978-3-86729-207-8.

Einzelnachweise

  1. Hans-Peter Hasse: Bucheintrag von Johannes Reichknecht in der „Dresdner Reformatorenbibel“. Abgerufen am 10. Dezember 2017.
  2. Alle schrifft von Gott eingegeben. Abgerufen am 10. Dezember 2017.
  3. Hans-Peter Hasse: Ein Fragment aus Luthers Druckmanuskript der „Fastenpostille“ (1525) in der „Dresdner Reformatorenbibel“ mit Bestätigung der Echtheit durch Luthers Söhne (1564). Abgerufen am 10. Dezember 2017.
  4. Hans-Peter Hasse: Bucheintrag Philipp Melanchthons in der „Dresdner Reformatorenbibel“, 1552. Abgerufen am 10. Dezember 2017.
  5. Hans-Peter Hasse: Autograph Caspar Crucigers d. Ä. mit Bucheintrag seines Sohnes, 17. Mai 1562. Abgerufen am 10. Dezember 2017.
  6. Hans-Peter Hasse: Bucheintrag von Sebastian Fröschel in der „Dresdner Reformatorenbibel“, 1562. Abgerufen am 10. Dezember 2017.
  7. Hans-Peter Hasse: Bucheintrag von Johannes Agricola [Sprembergensis] in der „Dresdner Reformatorenbibel“ mit einem Gedicht von Martin Luther, 1. Mai 1562. In: 95 Autographe der Reformzeit. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, abgerufen am 10. Dezember 2017.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.