Dihag Holding
Die Dihag Holding (Eigenschreibweise DIHAG Holding) ist eine Anfang der 1990er Jahre von Heinrich Grütering (1939–2010) gegründete Unternehmensgruppe mit Sitz in Coswig. Das Unternehmen betreibt mehrere Gießereibetriebe in Deutschland, Polen und Ungarn.
Dihag Holding GmbH | |
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Rechtsform | Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
Sitz | Coswig, Deutschland[1] |
Leitung | Viktor Babushchak[2] |
Mitarbeiterzahl | ca. 1400 (2018)[3] |
Branche | Gießerei |
Website | www.dihag.com |
Geschichte
Die Dihag Holding entstand im Wesentlichen aus von der Treuhandanstalt übernommenen Betrieben in Ostdeutschland. Später wurden weitere Gießereibetriebe eingegliedert, so etwa die 1896 gegründete und 1996 von der Treuhand übernommene Silbitz Guss GmbH (sie wurde im Oktober 2005 per Management Buy Out wieder aus der Dihag ausgegliedert). Inhaber des Unternehmens waren Heinrich Grütering[4] und Francois Ostwald aus dem Ruhrgebiet. Die Gesellschaft war 2012 eine der größten privaten Gießerei-Gruppen in Europa.[5]
2005 wollte das Unternehmen die Buderus-Gruppe von Bosch übernehmen, die Verhandlungen scheiterten jedoch.[6] 2008 wurde dann nur die Buderus Spezialguss GmbH in Wetzlar aufgenommen, die dann in der Krise der Dihag Holding als Spezialguss Wetzlar GmbH in der Insolvenz abgewickelt wurde.
Nach dem Tod von Heinrich Grüterings am 19. Dezember 2010 wurde die Unternehmensgruppe im April 2012 an zwei ukrainische Unternehmer, Doretzki und Abdinov, verkauft, die die Gruppe über die Schweizer Beteiligungsgesellschaft Dihag Group AG lenken.[5] Das 2005 geschlossene Munitionsaußenlager in Reken-Hülsten, das im Dezember 2008 von der DIHAG gekauft und als Lagerort für Explosivstoffe vermarktet wurde[7], sowie die im Januar 2009 gegründete PyrologistiX GmbH – ein Pyrotechnik-Vertrieb, der das Lager in Reken nutzt[8], wurden nach dem Verkauf der Gruppe abgestoßen. 2016 erwarb die Dihag Holding die Mehrheit in Höhe von 60 % an der Allard-Europe NV, einer belgischen Gießerei.[9] Ein weiterer Zukauf erfolgte mit dem Getriebewerk Pirna, das durch die Schmiedeberger Gießerei aus der Insolvenz übernommen wurde.[10]
Krise und erneuter Verkauf
Seit der Übernahme durch Doretzki und Abdinov im Jahr 2012 hatten insgesamt zehn Personen eine Positionen als Geschäftsführer der Dihag Holding bekleidet, die Amtsdauer betrug häufig rund 2 Jahre.[11] Aktuell fungiert ein Sanierungsberater als alleiniger Geschäftsführer.
Anfang 2017 musste die Dihag Holding die Insolvenz ihrer Tochtergesellschaft Spezialguss Wetzlar GmbH anmelden. Nach nur einem Monat in Eigenverwaltung bestellte das Amtsgericht Wetzlar einen Insolvenzverwalter, der seither die Gesellschaft abwickelt. Ausweislich der veröffentlichten Bilanzen erwirtschaftete die Gesellschaft seit ihrer Gründung Verluste im höheren einstelligen Millionenbereich, die von der Dihag Holding ausgeglichen werden mussten.
Zu der Insolvenz der Spezialguss Wetzlar kamen vor allem Auftragseinbrüche bei der Windkraft und im Schiffbaumarkt hinzu. Spätestens dem Jahr 2018 ist die gesamte Dihag Holding nach eigener Aussage ein Restrukturierungsfall. Bereits Mitte 2017 wurde ein Insolvenzrechtsspezialist in die Geschäftsführung berufen.[12] Der langjährige CFO der Gruppe schied Ende 2017 aus der Geschäftsführung aus.[13] Anfang 2018 wurde mit Ralf Schmitz ein anerkannter Sanierer zum CEO berufen, der zuvor bei den Insolvenzen der IVG-Immobilien-Gruppe und der Beinahepleite der Auto-Teile-Unger das Krisenmanagement übernahm und zuletzt als Sanierungsgeschäftsführer der A1 mobil[14] in Erscheinung trat.
Im Zuge der Krise wurde die Beteiligung an der früher umsatzstärksten Tochtergesellschaft Mecklenburger Metallguss abgestoßen. Diese auf Schiffspropeller spezialisierte Gesellschaft aus Waren an der Müritz verkündete kurz darauf drastische Auftragsrückgänge durch die Schiffsflaute und die Kündigung von 32 Mitarbeitern. Die Veränderung der Finanzanlagen in der Bilanz 2019 gegenüber 2018 legt nahe, dass die Mecklenburger Metallguss mit fast 50 Mio. Euro nach Buchwerten mehr als die Hälfte des Beteiligungsportfolios der Dihag-Gruppe ausgemacht hatte.
Mit Allard-Europe war Dihag Holding zudem an einem weiteren Unternehmen mehrheitlich beteiligt, das sich schwerpunktmäßig in der Schiffsbranche engagiert. Auch hier wurden seit der Übernahme 2016 mehrfach die Manager ausgewechselt. Laut Pressemitteilung vom 20. Februar 2019 hat Dihag Holding sich von Allard getrennt.
Bei der von der Krise der deutschen Windkraftindustrie schwer betroffenen Meuselwitz Guss Eisengießerei GmbH wurde 2018 ein noch deutlich massiverer Personalabbau angekündigt – hier muss jeder dritte Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Im August 2019 verkündete die Konkurrentin Silbitz Group den Einstieg bei der Meuselwitz Guss durch Erwerb von Anteilen eines ehemaligen Geschäftsführers. Die Dihag Holding und der Silbitz Group haben einander widersprechende Stellungnahmen zu der Transaktion abgegeben – während Silbitz Group eine strategische Partnerschaft verkündete, stritt Dihag Holding Gespräche oder Absichten bezüglich einer solchen Partnerschaft ab.[15] Zeitgleich hat der seit 2016 die Gießerei leitende Geschäftsführer das Unternehmen verlassen.
Im Februar 2019 verkündete die Dihag Holding die erfolgreiche Beendigung ihrer Restrukturierung – verfrüht, wie sich später zeigte. Ralf Schmitz schied kurz danach aus der Geschäftsführung aus und wurde Mitglied des Aufsichtsrats der Dihag Holding. Sein Partner, der Sanierungs-Finanzfachmann Benno Hank, blieb bis Herbst 2020 Geschäftsführer der Dihag Holding und alleiniger Geschäftsführer der kriselnden Meuselwitz Guss Eisengießerei GmbH.
Im Juli 2019 verlegte die Dihag Holding ihren Sitz nach Coswig in Sachsen.[16]
Im September 2020 schied Dr. Hank aus der Geschäftsführung der Dihag Holding und auch der Meuselwitz Guss Eisengießerei GmbH aus. Zum neuen Geschäftsführer der Dihag Holding wurde der aus der Ukraine stammende und in Österreich lebende Viktor Babushchak bestellt, der zuvor in der österreichischen Hotel- und Tourismusbranche tätig war.
2021 stellte sich heraus, dass die Krise der DIHAG Holding 2019 keineswegs überwunden wurde. Ausweislich des erst im Juli 2021 veröffentlichten Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2019 befand sich die Dihag-Gruppe auch in jenem Jahr in einer angespannten Liquiditätslage, die sich im Geschäftsjahr 2020 durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie noch weiter verschärfte und "bestandsgefährdende Züge" annahm. Der Jahresfehlbetrag belief sich auf rund 51 Mio. Euro.
Im Herbst 2020 wurde ein Beratungsunternehmen mit der Erstellung eines Sanierungsgutachtens beauftragt. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, das für die Sicherstellung der Sanierungsfähigkeit der Gruppe weitere finanzielle Mittel seitens der Gesellschafter erforderlich sind. Die Gesellschafter waren jedoch dazu nicht bereit. Im Dezember 2020 trat die Dihag Holding in einen M&A-Prozess ein, der zu einem Verkauf sämtlicher Anteile an der Gruppe führte. Hauptgesellschafter (mit fast 90 %) ist nunmehr ausweislich der im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste Oleksandr Petrov, der Gründer und Vorstandsvorsitzender eines der größten ukrainischen Landwirtschaftsunternehmen ist.
Tochterunternehmen
Unternehmen in der Dihag-Gruppe sind:[17]
- Spezialguss Wetzlar GmbH (ehemals Buderus Spezialguss) in Insolvenz
- Meuselwitz Guss Eisengießerei GmbH, Meuselwitz
- Walzengießerei Coswig GmbH, Coswig: gegründet 1892, seit 2002 bei der Dihag[18]
- Lintorfer Eisengießerei GmbH
- Schmiedeberger Gießerei GmbH, Schmiedeberg
- SG CNC Bearbeitungs GmbH, Dippoldiswalde
- Eisenwerk Arnstadt, Arnstadt
- Euro-Metall Kft, Ungarn
- Odlewnia Zeliwa Bydgoszcz, Polen
- Stahl- und Hartgusswerk Bösdorf (Kooperationsunternehmen), Leipzig-Knautnaundorf
Ehemalige Tochterunternehmen
- Allard-Europe, Turnhout, Belgien – bis Herbst 2018 Joint Venture mit der niederländischen Royal IHC, die Dihag hielt 60 % der Anteile, die krisenbedingt an IHC abgegeben wurden
- Mecklenburger Metallguss GmbH, Waren (Müritz), 2018 im Zuge der Sanierung der Gruppe verkauft
- SHD Foundry in Shaoguan, China[19]
- DDMG Deutsche Dihag Management GmbH & Co. KG (ehemals DDMG Deutsche Deponie-Management-Gesellschaft)
- Pyrosafe Reken KG[20]
- PyrologistiX, Reken
Weblinks
Einzelnachweise
- Handelsregister.de
- Handelsregister.de
- DIHAG:
- Pressemitteilung der Dihag zum Tod Heinrich Grüterings am 19. Dezember 2010 online, abgerufen am 21. Juni 2011
- Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Neue Eigentümer für die Essener Gießerei-Gruppe Dihag, 26. April 2012, abgerufen am 2. Oktober 2016
- ON: Verkauf von Buderus Guss an DIHAG ist gescheitert in den Firmennachrichten der Wirtschaftsförderung Wetterau vom 5. Oktober 2005 online (Memento des Originals vom 7. April 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Abgerufen am 3. April 2014)
- Artikel Mundepot ist verkauft (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Borkener Zeitung (Reken), 16. Dezember 2008
- Webseite von Pyrologistix, abgerufen am 22. März 2014
- DIHAG Holding und Royal IHC übernehmen belgische Gießerei Allard-Europe. Abgerufen am 27. Juni 2019.
- Getriebewerk in Pirna steht vor dem Aus. Abgerufen am 27. Juni 2019.
- Registerportal. Abgerufen am 16. Februar 2020.
- DIHAG Holding erweitert Geschäftsführung. In: www.giesserei-praxis.de. (giesserei-praxis.de [abgerufen am 11. Dezember 2018]).
- Registerportal. Abgerufen am 11. Dezember 2018.
- A1 mobil: Gericht weist Millionenklage von A1-Betreiber ab. Abgerufen am 11. Dezember 2018.
- Gießerei-Gruppe übernimmt zehn Prozent von Meuselwitz Guss. Abgerufen am 11. September 2019.
- Handelsregisterauszug von DIHAG Holding GmbH (HRB 23545). Abgerufen am 9. Juli 2021.
- Dihag-Website: Tochtergesellschaften, abgerufen am 22. März 2014
- Jahresbericht 2007 (Memento des Originals vom 19. Mai 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. der VDG Mitteldeutschland
- Imagebroschüre Guter Guss der Dihag aus 03/2010 online, S. 29
- Pyrosafe-Webseite: Impressum, abgerufen am 6. Oktober 2011