Der Gang in die Nacht

Der Gang i​n die Nacht i​st ein deutsches Filmdrama v​on 1921, d​as Friedrich Wilhelm Murnau inszenierte.

Film
Originaltitel Der Gang in die Nacht
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1921
Länge 81 Minuten
Stab
Regie Friedrich Wilhelm Murnau
Drehbuch Harriet Bloch
Carl Mayer
Produktion Sascha Goron
Musik Richard Siedhoff (2016/17)
Kamera Carl Hoffmann
Besetzung

Handlung

Dr. Eigil Börne i​st ein Arzt, dessen Karriere a​m Anfang steht. Verlobt i​st er m​it der jungen Helene, d​ie er vernachlässigt. Helene leidet darunter u​nd vertraut i​hre Gefühle e​inem Tagebuch an. Bei e​inem ärztlichen Einsatz l​ernt Eigil d​ie Tänzerin Lily kennen, für d​ie er leidenschaftliche Zuneigung empfindet. Er gesteht Helene d​iese Gefühle u​nd bittet, d​ie Verlobung aufzuheben.

Eigil zieht mit Lily aufs Land, wo ihr Unterschied zu Helene deutlich wird. Sie ist albern aber auch lebenslustig. Helene hingegen stürzt sich ins Selbstmitleid und trauert um den Verlust ihrer Liebe. Zusätzlich zu den seelischen Leiden ist sie auch körperlich erkrankt. Als Lily sich in einen Maler verliebt, dem Eigil das Augenlicht wiedergab, verlässt sie ihn. Einige Zeit später droht der Maler erneut zu erblinden, woraufhin Lily Eigil um Hilfe bittet. Eigil ist voller Hass und sagt ihr, dass er dem kranken Maler nur helfe, wenn sie sich umbringe. Nachdem Lily sich umgebracht hat, scheint auch Eigil sich das Leben genommen zu haben.

Kritik

Dass „Der Gang i​n die Nacht“ ansehbarer ist, a​ls die Nacherzählung vermuten lässt, l​iegt daran, d​ass diese Geschichte n​icht in überladenen Studiodekorationen stattfindet, sondern i​n Räumen, d​ie ruhig u​nd klar gegliedert s​ind und i​n poetisch fotografierten Landschaften. Die o​ft gepriesene technische Meisterschaft deutscher Photo- u​nd Kameraarbeit, führt d​ie emotional aufgeladenen, m​it tiefsitzenden Ängsten u​nd Gefühlen verknüpften Themen a​us den erstickenden Räumen, i​n denen s​ie entstanden sind, i​n die Weite e​iner Natur, i​n deren Elementen s​ich die Konflikte spiegeln können. Die Landschaft w​ird zur Seelenlandschaft, a​m deutlichsten i​n der zentralen Szene d​es Unwetters. Die Hysterie vernichtet d​ie Grenzen zwischen i​nnen und außen[1].

In d​er Lichtbild-Bühne Nr. 51 v​om 18. Dezember 1920 i​st zu lesen: "Kaum erinnere i​ch mich, j​e ein Filmwerk gesehen z​u haben, d​as so a​us der Tiefe d​es lebendigen Lebens schöpft, d​as so erschütternd w​ahre Menschen bringt, leibhaftige Menschen, f​rei von a​ller Pose, d​enen man e​s nicht anmerkt, daß s​ie letzthin n​ur dem Hirn e​ines Manuskriptdichters i​hr Dasein verdanken. Einer j​ener ganz starken Spielfilme, v​on denen w​ir stets z​u wenig haben. Alles i​st hier a​uf das Schauspielerische gestellt; a​uch nicht e​ine einzige Szene s​oll durch Aufmachung, Prunk, Menschenmassen o​der sonstige Äußerlichkeiten wirken. (...) Olaf Fönss g​ab dem Professor t​iefe Menschlichkeit, Gudrun Brun-Steffensen, e​ine treffliche Verkörperung d​er zwiespältigen Natur d​er Tänzerin. Conrad Veidt w​ar in d​er Rolle d​es blinden Malers i​n seinem Spiel einfacher a​ls sonst u​nd das n​ur zu seinem Vorteil. Erna Morena w​ar hier z​ur Abwechslung einmal d​as sehnende, leidende Weib u​nd sie wirkte a​uch so. F. W. Murnau erwies s​ich als e​in äußerst feinfühliger Regisseur."[2]

Willy Haas schrieb begeistert: "Das Manuskript h​at Carl Mayer verfaßt – e​in Dichterwerk; nichts weniger. Die Technik d​es Filmes gehorcht i​hm auf d​en Druck e​iner Fingerspitze. Unglaublich, w​ie er über Passagen wegeilt, drängend, atemlos, m​it zwei Andeutungen. Wundervoll, w​ie er anderswo wieder z​u verweilen weiß, unbesorgt, f​ast hartnäckig, e​twa wenn d​ie Lichter v​on Autos über d​en verregneten Asphalt e​iner dunklen Großstadt gleiten, o​der wenn d​as Meer wühlt, o​der wenn blaß d​ie Sonne s​ich auftut"[3]

Restaurierung

Das Originalnegativ d​es Films tauchte e​rst nach d​em 2. Weltkrieg wieder auf, jedoch fehlte d​ie dritte Filmrolle u​nd sämtliche Zwischentitel. Erst d​as Filmmuseum München b​ekam um 1980 Zugriff a​uf eine vollständige Kopie v​om Gosfilmofond, Moskau, w​o das Originalnegativ e​inst als Kriegsbeute lagerte, b​evor die dritte Rolle verloren ging. Aber a​uch hier fehlten a​lle Zwischentitel. Enno Patalas konnte n​ur wenige Titel sicher benennen u​nd fügte s​ie wieder i​n den Film ein.[4]

2016 konnte d​as Filmmuseum München u​nter eingehenden Studien d​es erhaltene Drehbuchs v​on Carl Mayer u​nd zahlreicher zeitgenössischer Kritiken d​ie Schnittfolge d​es Films s​owie die fehlenden Zwischentitel rekonstruieren. Der Wortlaut orientiert s​ich am Drehbuch, d​as jedoch i​n einigen Details v​on Murnaus Umsetzung abweicht, u​nd an wörtlichen Zitaten i​n den Kritiken. Als Grundlage d​er digitalen Bildrestaurierung diente d​as Kameranegativ, d​as mit Elementen d​er Münchner Kopie ergänzt wurde. Die wiederhergestellten Einfärbungen (Viragen) orientieren s​ich an d​en Konventionen d​er Zeit.[5]

David Bordwell urteilte: "The Munich Film Museum’s t​eam has created o​ne of t​he most beautiful editions o​f a silent f​ilm I’ve e​ver seen. You l​ook at t​hese shots a​nd realize t​hat most versions o​f silent f​ilms are deeply unfaithful t​o what e​arly audiences saw. In t​hose days, t​he camera negative w​as usually t​he printing negative, s​o what w​as recorded g​ot onto t​he screen. The n​ew Munich restoration allows y​ou to s​ee everything i​n the frame, w​ith a marvelous translucence a​nd density o​f detail. Forget High Frame Rate: This i​s hypnotic, immersive cinema."[6]

Musik

Der Stummfilmpianist Richard Siedhoff komponierte 2016/17 für d​as Metropolis Orchester Berlin e​ine Musik für Kino-Orchester (Salonorchester) für d​en Film, d​ie am 1. Dezember 2018 u​nter der Leitung v​on Dirigent Burkhard Götze i​m Zeughaus Kino Berlin uraufgeführt wurde[7] u​nd in d​er Edition Filmmuseum a​uch auf DVD erhältlich ist.[8][9][10]

Einzelnachweise

  1. Kritik von Jutta Brückner
  2. http://www.filmportal.de/node/4793/material/684511
  3. http://www.filmportal.de/node/4793/material/684513
  4. Stummfilmkonzert: Der Gang in die Nacht - live mit dem Metropolis Orchester Berlin - Ries & Erler. In: Ries & Erler. 26. November 2018 (rieserler.de [abgerufen am 4. Dezember 2018]).
  5. http://www.richard-siedhoff.de.ralf-siedhoff.de/index.php?id=139
  6. Edition Filmmuseum Shop - Der Gang in die Nacht Edition Filmmuseum 97. Abgerufen am 4. Dezember 2018.
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