David Origanus
David Origanus (eigentlich David Tost, * 9. Juli 1558 in Glatz, Königreich Böhmen; † 11. Juli 1628[1] in Frankfurt) war ein deutscher Mathematiker, Gräzist[2] und Astronom.
Leben
Seine Eltern waren der Gewandschneider Johannes Tost und dessen Frau Anna (geborene Löckner), eine Tochter des Baumeisters Ernst Löckner und der Dorothea Siber. David besuchte zuerst die Schule in Glatz und anschließend Schulen in Triebel und Königgrätz.[3] 1574 war er ein Jahr Schüler des Breslauer Maria-Magdalenen-Gymnasiums und danach drei Jahre des Breslauer Elisabeth-Gymnasiums bei Petrus Vincentius.
Ab 1578 studierte er Philosophie an der Universität Frankfurt (Oder) und erwarb am 20. April 1581 den akademischen Grad eines Magister artium. Anschließend studierte er an den Universitäten Wittenberg und Leipzig. 1581 kehrte er nach Frankfurt zurück, wo er 1582 eine Stelle als Inspektor der Frankfurter Hochschule erhielt. 1586 wurde er zum außerordentlichen Professor der Mathematik und der Gräzistik berufen, am 3. Januar 1588 zum ordentlichen Professor der Mathematik und Astronomie.
Als Astrologe beschäftigte er sich überwiegend mit der Anfertigung von Kalendern. 1620 veröffentlichte er wissenschaftliche Nachträge zum großen chronologischen Werk des Sethus Calvisius. Bekannt wurde er vor allem mit seinem Werk „Ephemerides“, das größter Arbeit bedurfte. Zudem beteiligte er sich auch an organisatorischen Hochschulaufgaben. So war er neun Mal Dekan der philosophischen Fakultät, in den Sommersemestern 1591 sowie 1603 Prorektor und im Sommersemester 1611 sowie im Wintersemester 1621 gleichbedeutender Rektor der Frankfurter Alma Mater.[4] Er starb im Alter von 70 Jahren, sein Leichnam wurde in Frankfurt beigesetzt.
Wirken
Seine „Ephemerides novae Brandenburgicae“, welche sich über den Zeitraum von 1595 bis 1630 erstrecken, verwickelten ihn zwar in Prioritätsstreitigkeiten mit Giovanni Antonio Magini und Georg Rollenhagen, beweisen aber auch, dass er eine selbständige wissenschaftliche Auffassung vertrat. In diesem Hauptwerk erkannte Origanus die von Tycho Brahe vertretene Theorie an; seine an Johannes Kepler gerichteten Briefe lassen auch erkennen, dass ihn die mannigfachen Fehler der Prutenischen Tafeln bewogen hatten, neue Planetentafeln nach Grundsätzen des Nikolaus Kopernikus als auch Tychos zu konstruieren und so einen Vergleich beider Theorien zu ermöglichen.
Obwohl Tycho die tägliche Bewegung der Erde geleugnet hatte, ließ Origanus diese zu und kam hinsichtlich der Achsendrehung den Ansichten des Kopernikus entgegen. Diesen Standpunkt, den auch der Däne Christian Sørensen Longomontanus vertrat, legte Origanus in der Vorrede zu seinen „Ephemeriden“ dar.
Familie
Origanus war zwei Mal verheiratet. Seine erste Ehe schloss er am 25. November 1583 mit Catharina (begr. 10. Mai 1608), der Tochter des Gräzisten Matthäus Host und dessen Frau Clara Harckenstroh (Harkenstroin); diese wiederum war Tochter eines Berliner Bürgermeisters. Nach deren Tod vermählte er sich am 7. April 1611 mit Catharina, einer Tochter des Küstriner Juristen Hieronymus Winse. Diese Ehe blieb kinderlos. Aus seiner ersten Ehe stammen die Kinder:
- Johannes Origanus († jung; begr. 24. Januar 1595 in Frankfurt)
- Catharina Origanus
- 1. Ehe mit Johann Crugerus Dr. theol., Pfarrer an St. Jacobi in Stettin
- 2. Ehe mit Valentin Arithmaeus, Jurist und Poet sowie Professor Frankfurt (Oder)
- 3. Ehe mit Sebastian Roberus Jurist, Prof. subst. in Frankfurt
Werke
- Explicatio Astronomica Et Astrologica Magnae Eclipsis, quae secundum naturam, Anno hoc 1598 currente, die Februarij 25. Hora 10 ante meridiem apparebit: Cui praemissa est Brevis Descriptio Tenebrarum, quae lupra naturam, divina virtute, factae sunt tempore Passionis Christi, earumq[ue] ad Eclipses Solares collatio ….; 1598
- Ephemerides Novae Annorum XXXVI, Incipientes Ab Anno … 1595, Quo Joannis Stadii maxime aberrare incipiunt, & desinentes in annum 1630: Quibus praemissa est Introductio Seu Compendiaria Ephemeridum Enarratio … / [2]: Continentes motuum, accidentiumq[ue] motus concomitantium, item Eclipsium omnium supra & infra terram, accuratam descriptionem. Eichornius, Frankfurt 1599.
- Annorum Posteriorum Triginta ab anno 1625 ad 1654 Ephemerides Brandenburgicae. Frankfurt 1609.
- Novae motuum coelestium Ephemerides Brandenburgicae Annorum sexaginta ab anno 1595 ad 1655. Frankfurt 1609.
- Jehovae docentium doctoris altissimi sacris auspiciis rector Academiae Francofurtanae M. David Origanus… ad solemnia theologica quibus… Christophorus Pelargus… Zachariae Hermanno... summum in theologia gradum conferret 3. Cal. Jun. An. 1611 coetum literarium amice invitat; 1611.
- Kurze Beschreibung des Cometen anno 1618. 1619.
- Prognosticum Astrologicum, oder Teutsche un außführliche Practica, auff die zwey von dem lieben Gott erwartenden 1629. vnd 1630. Jahr: … Gestellt ved beschriben durch David Origanus. Getruckt im Gräflichen Markt Embs bey Bartholome Schnell, 1629.
- Annorum quinqe sequentium ephemerides. Haviland, London 1633.
- Annorum quinque sequentium ephemerides. A Davide Origano Mathematico præstantissimo, primùm ca[l]culatæ, & accomodatæ, ad Latitud. 52. Gr. 20. min. Et nunc in hac portatili forma accuratiores, & emendatiores in lucem æditae. Diligentia & curâ Ioannis Evans, Philom. Ioannis Haviland, London 1633.
- An ephemerides for five yeares to come. Calculated by the most learned and excellent mathematician, M. David Origanus; for the latitude of 52. degr. 20. min. Revised, corrected, and reduced to this forme, by Iohn Evans, Master of Arts. Iohn Haviland, London 1633.
Literatur
- Origanus (David). In: Johann Burkhard Mencke: Compendiöses Gelehrten-Lexicon. Leipzig 1715, Sp. 1532 (books.google.de).
- Epistolae ad Joannem Keplerum Math. Caes. scriptae, ed. Hautsch. 1729. S. 196, 198–199.
- Origanus, David. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 25, Leipzig 1740, Sp. 1892.
- Origanus (David). In: Christian Gottlieb Jöcher (Hrsg.): Allgemeines Gelehrten-Lexicon. Band 3: M–R. Johann Friedrich Gleditsch, Leipzig 1751, Sp. 1096 (Textarchiv – Internet Archive).
- Kästner: Geschichte der Mathematik. 4. Band, Göttingen 1800.
- Siegmund Günther: David Origanus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 422.
- Fritz Roth: Restlose Auswertungen von Leichenpredigten und Personalschriften für genealogische und kulturhistorische Zwecke. Band 1, S. 348, R 646.
Weblinks
Einzelnachweise
- nach Leichenpredigt 1629, nach Jöcher, Zedler, ADB etc.
- Andreas Kühne, Stefan Kirschner: Biographia Copernicana: Die Copernicus-Biographien des 16. bis 18. Jahrhunderts. Oldenbourg Verlag, 2009, ISBN 978-3-05-004834-5, S. 155, Fußnote 115 (books.google.de – Leseprobe).
- Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens. F. Hirt, 1908, S. 166 (sbc.org.pl): „David Origanus … geboren den 7. August 1558 „zu Glatz im böhmischen Gebirge““
- Ernst Friedländer: Aeltere Universitäts-Martikeln. Universität Frankfurt a. O. 1. Band Hirzel, Leipzig 1887.