Datamini
Datamini ist die einzige Tribus innerhalb der Unterfamilie der Dataminae aus der Ordnung der Gespenstschrecken (Phasmatodea). Die Vertreter dieser Unterfamilie werden durchschnittlich nicht so groß wie die der beiden anderen zur Familie Heteropterygidae gehörenden Unterfamilien.
Datamini | ||||||||||||
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Verschiedene Datamini Arten | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Unterfamilie | ||||||||||||
Dataminae | ||||||||||||
Rehn, J. A. G. & Rehn, J. W. H., 1939 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Tribus | ||||||||||||
Datamini | ||||||||||||
Rehn, J. A. G. & Rehn, J. W. H., 1939 |
Merkmale
Die Arten der Datamini bleiben für Gespenstschrecken verhältnismäßig klein. Bei den Weibchen variiert die Körperlänge je nach Art zwischen knapp 2,5 und 6 cm. Die Männchen bleiben mit weniger als 2 bis maximal 5 cm Körperlänge noch etwas kleiner. Das als autapomorphes Merkmal der Heteropterygidae geltende Vorhandensein sensorischer Bereiche ist bei den Dataminae vollständig ausgebildet. Bei ihnen befindet sich ein Paar dieser sensorischen Felder am Prosternum und ein drittes mittig dahinter auf dem sogenannten (Pro-)Furcasternit. Sämtliche Arten sind in beiden Geschlechtern ungeflügelt. Den Weibchen fehlt der in den anderen Unterfamilien typisch ausbildete spitze Legestachel am Hinterleibsende, welcher den eigentlichen Ovipositor umgibt. Ihr Abdomen endet stumpf. Bei adulten Weibchen ist der Hinterleib durch die Eiproduktion zur Mitte verbreitert und deutlich erhöht. Männchen haben einen im Querschnitt rundlichen mittleren Abdomenbereich, welcher hier am dünnsten ist. Bei vielen Arten sind insbesondere bei den Männchen spitze Stacheln zu finden. Alternativ kann der Körper von warzenartigen Tuberkeln bedeckt sein. Letzteres findet sich häufiger bei Weibchen. Die meisten Arten sind einfarbig beige, braun oder auch schwarzbraun gefärbt oder in diesen Farben gemustert.[1][2][3]
Verbreitung und Lebensweise
Das Verbreitungsgebiet der Dataminae umfasst große Teile Südostasiens. Es reicht im Norden über das östliche Myanmar, schließt Thailand, Laos, Kambodscha, Vietnam und in Südchina die Provinzen Yúnnán, Guizhou, Hunan, Jiangxi und Zhejiang teilweise, sowie Hainan, Guangdong, Fujian und die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau, sowie die autonome Region Guangxi vollständig ein. Östlich schließt es die Okinawa-Inseln und Taiwan ein, um dann etwas der Huxley-Linie zu folgen, so das Palawan enthalten ist, nicht aber die Calamian-Inseln. Auch auf den Molukkeninseln Buru und Seram und sämtlichen Kleinen und Großen Sundainseln sind die Dataminae vertreten. Im Westen sind sie auf der gesamten Malaiischen Halbinsel und den Andamanen anzutreffen.[4]
Die Lebensweise der nachtaktiven Tiere ist, wie auch die Verteidigungsstrategie, auf Mimese ausgerichtet. Die Tiere bewegen sich oft nur langsam bzw. bei Berührung lange Zeit gar nicht. Tagsüber verbergen sich die Gespenstschrecken meist in der Laubschicht und am Fuße von Pflanzen. Zur Nahrungsaufnahme klettern sie oft nur wenige Zentimeter an den Nahrungspflanzen hoch. Die Weibchen legen in der Regel nur wenige, dafür aber relativ große Eier am oder im Boden ab. Bei Epidares- und einigen Orestes-Arten wurde beobachtet, dass sie mit den Vorderbeinen eine Mulde im Boden vorbereiten, dann den Hinterleib schnell über den Vorderkörper klappen lassen, wobei sie ein Ei herauspressen. Dieses wird dabei nach vorn katapultiert, mit den Antennen gefangen und über diese in die Mulde abgerollt, wo es dann wiederum mittels der Vorderbeine mit Erde abgedeckt wird. Bis zum Schlupf vergehen zwischen zwei und sechs Monate. Die Nymphen wachsen stets sehr langsam. Adulte Tiere können ein bis fünf Jahre alt werden.[1][5]
Kladogramm der Dataminae | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Verwandtschaftsverhältnisse der bisher genanalytisch untersuchten Dataminae-Gattungen und Pylaemenes-Arten nach Sarah Bank et al. (2021)[4] |
Systematik
Die Namen von Unterfamilie und Tribus gehen auf die 1875 von Carl Stål aufgestellte Gattung Datames zurück, die dieser nach dem persischen Beamten und Feldherrn Datames benannte. James Abram Garfield Rehn legte 1904 mit der 1859 von John Obadiah Westwood beschriebenen Datames oileus die am frühsten beschriebene, zu diesem Zeitpunkt in der Gattung geführte Art als Typusart fest. J. A. G. Rehn und John W. H. Rehn teilten 1939 die bis dahin gemeinsam in der Unterfamilie Obriminae geführten Gattungen in die Triben Obrimini und Datamini auf.[6] Klaus Günther überführte 1953 diese beiden Triben in die Unterfamilie Heteropteryginae.[7] Im Jahr 1998 stellte sich heraus, dass die Typusart Datames oileus der Gattung Pylaemenes zuzuordnen ist. So wurde die Gattung Datames synonymisiert, während der Name für die Tribus beibehalten wurde.[8] Oliver Zompro erhob 2004 die die Unterfamilie Heteropteryginae in den Rang einer Familie und die Tribus Datamini in den Rang einer Unterfamilie.[9] In ihrer 2021 veröffentlichten, vor allem auf Genanalysen basierenden Arbeit zur Ausbreitung der Heteropterygidae zeigen Sarah Bank et al. unter anderem die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Familie auf. Bei den Dataminae wurden alle untersuchten Gattungen bis auf Pylaemenes als monophyletische Gruppen bestätigt. Die untersuchten Pylaemenes-Arten sind zwar im Kladogramm in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander zu finden, bilden aber keine gemeinsame Klade.[4] Die Arten der Unterfamilie Dataminae, die gleichzeitig alle zu deren einziger Tribus Datamini gehören, werden in folgende Gattungen aufgeteilt:[10][11][12]
- Dares Stål, 1875
- Dares breitensteini Redtenbacher, 1906
- Dares kinabaluensis Bragg, 1998
- Dares mjobergi Bragg, 1998
- Dares multispinosus (Bragg, 1998)
- Dares murudensis Bragg, 1998
- Dares navangensis Bragg, 1998
- Dares philippinensis Bragg, 1998
- Dares planissimus Bragg, 1998
- Dares ulula (Westwood, 1859)
- Dares validispinus Stål, 1875
- Dares verrucosus Redtenbacher, 1906
- Dares ziegleri Zompro & Fritzsche, 1999
- Epidares Redtenbacher, 1906
- Epidares nolimetangere (de Haan, 1842)
- Hainanphasma Ho, 2013
- Hainanphasma cristata Ho, 2013
- Hainanphasma diaoluoshanensis Ho, 2013
- Microrestes Bresseel & Constant, 2020
- Microrestes robustus Bresseel & Constant, 2020
- Microrestes trapezius (Ho, 2016)
- Orestes Redtenbacher, 1906
- Orestes bachmaensis Bresseel & Constant, 2018
- Orestes botot Bresseel & Constant, 2018
- Orestes diabolicus Bresseel & Constant, 2018
- Orestes dittmari Bresseel & Constant, 2018
- Orestes draegeri Bresseel & Constant, 2018
- Orestes guangxiensis (Bi & Li, 1994)
- Orestes japonicus (Ho, 2016)
- Orestes krijnsi Bresseel & Constant, 2018
- Orestes mouhotii (Bates, 1865)
- Orestes shirakii (Ho & Brock, 2013)
- Orestes subcylindricus (Redtenbacher, 1906)
- Planispectrum Rehn, J. A. G. & Rehn, J. W. H., 1939
- Planispectrum bakiensis Zompro, 1998
- Planispectrum bengalensis (Redtenbacher, 1906)
- Planispectrum cochinchinensis (Redtenbacher, 1906)
- Planispectrum hainanensis (Chen & He, 2008)
- Planispectrum hongkongense Zompro, 2004
- Planispectrum javanense Zompro, 2004
- Planispectrum pusillus (Redtenbacher, 1906)
- Pylaemenes Stål, 1875
- Pylaemenes abramovi Ho, 2018
- Pylaemenes borneensis (Bragg, 1998)
- Pylaemenes coronatus (de Haan, 1842)
- Pylaemenes elenamikhailorum Seow-Choen, 2016
- Pylaemenes enganoensis Seow-Choen, 2020
- Pylaemenes konchurangensis Ho, 2018
- Pylaemenes konkakinhensis Ho, 2018
- Pylaemenes longispinus Seow-Choen, 2018
- Pylaemenes mitratus (Redtenbacher , 1906)
- Pylaemenes moluccanus (Redtenbacher, 1906)
- Pylaemenes muluensis (Bragg, 1998)
- Pylaemenes nullispinus Seow-Choen, 2020
- Pylaemenes oileus (Westwood, 1859)
- Pylaemenes otys (Westwood, 1859)
- Pylaemenes pui Ho, 2013
- Pylaemenes sepilokensis (Bragg, 1998)
- Pylaemenes waterstradti (Bragg, 1998)
- Spinodares Bragg, 1998
- Spinodares jenningsi Bragg, 1998
Von Klaus Günther wurde mit Woodlarkia 1932 eine weitere Gattung innerhalb der späteren Unterfamilie Dataminae beschrieben. Deren einziger Vertreter Woodlarkia scorpionides, wurde von Xavier Montrouzier 1855 als Karabidion scorpionides beschrieben. Schon 1859 wurde die Art von Westwood in die Gattung Eurycantha überführt. Josef Redtenbacher überführte sie 1906 in die Gattung Pylaemenes.[10] Da sämtliche Syntypen dieser von der Insel Woodlark stammenden Art verschollen sind, ist ein Vergleich mit dem Typusmaterial nicht möglich. Aufgrund der ursprünglichen Zuordnung und der sehr weit außerhalb des sonstigen Verbreitungsgebietes der Unterfamilie liegenden Fundortes östlich der Insel Neuguinea, wird davon ausgegangen, dass die Art nicht den Datamini zuzuordnen ist.[13]
Weblinks
Belege
- Philip E. Bragg: Phasmids of Borneo, Natural History Publikations (Borneo) Sdn. Bhd., Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia, 2001, S. 124–188, ISBN 983-812-027-8
- Christoph Seiler, Sven Bradler, Rainer Koch: Phasmiden – Pflege und Zucht von Gespenstschrecken, Stabschrecken und Wandelnden Blättern im Terrarium. bede, Ruhmannsfelden 2000, ISBN 3-933646-89-8
- Oliver Zompro: Zwergformen der Phasmatodea - die Kleinsten unter den Riesen, Arthropoda 16 (3) November 2008, Sungaya-Verlag Kiel. ISSN 0943-7274
- Sarah Bank, Thomas R. Buckley, Thies H. Büscher, Joachim Bresseel, Jérôme Constant, Mayk de Haan, Daniel Dittmar, Holger Dräger, Rafhia S. Kahar, Albert Kang, Bruno Kneubühler, Shelley Langton-Myers & Sven Bradler: Reconstructing the nonadaptive radiation of an ancient lineage of ground-dwelling stick insects (Phasmatodea: Heteropterygidae), Systematic Entomology (2021), DOI: 10.1111/syen.12472
- Roy Bäthe, Anke Bäthe & Mario Fuß: Phasmiden, Schüling Verlag, Münster 2009, S. 112–113, ISBN 978-3-86523-073-7
- James Abram Garfield Rehn & John W. H. Rehn: Proceedings of The Academy of Natural Sciences (Vol. 90, 1938), Philadelphia 1939, S. 389 ff.
- Klaus Günther: Über die taxonomische Gliederung und die geographische Verbreitung der Insektenordnung der Phasmatodea, Beiträge zur Entomologie, Band 3, 1953, Nr. 5, S. 541–563 (Online-Version)
- Frank H. Hennemann: Mitteilungen des Museums für Naturkunde, Zoologische Reihe 74(1), Berlin 1998, S. 124
- Oliver Zompro: Revision of the genera of the Areolatae, including the status of Timema and Agathemera (Insecta, Phasmatodea), Goecke & Evers, Keltern-Weiler 2004, S. 191–240, ISBN 978-3931374396
- Paul D. Brock, Thies H. Büscher & Edward W. Baker: Phasmida Species File Online. Version 5.0/5.0 (abgerufen am 23. Januar 2021)
- George Ho Wai-Chun: Zootaxa 3669 (3): Contribution to the knowledge of Chinese Phasmatodea II: Review of the Dataminae Rehn & Rehn, 1939 (Phasmatodea: Heteropterygidae) of China, with descriptions of one new genus and four new species, Magnolia Press, 2013, S. 201–222, ISSN 1175-5326
- Joachim Bresseel & Jérôme Constant: Microrestes gen. nov., a new genus in the Oriental stick insect tribe Datamini Rehn & Rehn, 1939 with a new species and a new combination (Phasmida: Heteropterygidae: Dataminae). Belgian Journal of Entomology 106: 1–19, Brüssel 2020, ISSN 1374-5514
- Frank H. Hennemann, Oskar V. Conle, Paul D. Brock & Francis Seow-Choen: Zootaxa 4159 (1): Revision of the Oriental subfamiliy Heteropteryginae Kirby, 1896, with a re-arrangement of the family Heteropterygidae and the descriptions of five new species of Haaniella Kirby, 1904. (Phasmatodea: Areolatae: Heteropterygidae), Magnolia Press, Auckland, New Zealand 2016, S. 11, ISSN 1175-5326